BuchMarkt-Geschäftsführer Julian Müller im Interview „Es wird sicher eine Weile dauern, bis das verarbeitet ist“

Julian Müller (Foto: privat)

Die Branchenzeitschrift BuchMarkt erscheint nur noch bis Jahresende. Die Hintergründe erläutert Geschäftsführer Julian Müller im Interview.

BuchMarkt: Warum wird BuchMarkt zum Jahresende eingestellt?

Julian Müller: Die Situation für alle Verlage in der Magazin-Branche ist angespannt, der Rückgang von Abonnements und Anzeigenerlösen haben das tägliche Arbeiten immer mehr erschwert. In unserer Analyse und Bewertung der Zahlen von 2019 bis 2021 war dies zwar sichtbar, aber in der Gesamtbetrachtung konnten wir eine zunächst positive Fortführungsprognose sehen. Auf Grundlage dieser Erkenntnisse haben wir ein Strategie-Papier entwickelt und für uns definiert, wohin wir uns redaktionell entwickeln möchten, wer unsere wichtigsten Abo-Zielgruppen sind und vor allem was wir dafür am und im BuchMarkt verändern müssen.

Für uns war immer klar, der BuchMarkt hat eine spezielle Rolle und muss sich klar positionieren, gerade als Monatsmagazin. Der Claim, in welchen wir uns ja auch „verliebt“ hatten, das „Ideenmagazin für den Buchhandel“ war unser Kompass und soll eben diese Ideen zu den Buchhändler:innnen transportieren. Wir haben das Heft neu aufgestellt und für die Buchmesse in Frankfurt in diesem Jahr hatten wir den Relaunch von buchmarkt.de als Wissens- und Akademieplattform geplant. Diese Verbindung zwischen Print und digital wäre notwendig gewesen, sowohl für den redaktionellen Part als auch für die Attraktivität unserer Werbemöglichkeiten.

Wir waren gut unterwegs und auch voll im Plan, bis im 2.Halbjahr 2023 die Anzeigenerlöse drastisch eingebrochen sind. Anfang Februar haben wir die Geschäftszahlen final aufgestellt, mit dem Ergebnis, dass uns weitere Anzeigenerlöse wegbrechen werden. In der Konsequenz konnten wir damit keine Finanzplanung erstellen, die die nötigen Investitionen gedeckt hätte und eine positive Ergebnisentwicklung in den kommenden Jahren ergeben hätte.

Diese Entwicklungen haben uns gezwungen neu zu bewerten und wir mussten eine Entscheidung treffen, ob es die Möglichkeit gibt unseren Plan trotz der Entwicklungen in einer für alle sehr schwierigen Zeit umsetzen zu können. Diese Frage konnten wir leider nicht positiv beantworten.

Welche Konsequenzen gehen damit nun einher?

Zunächst natürlich erst einmal sehr schmerzhafte. Den Kolleg:innen mitteilen zu müssen, dass es nicht weitergeht und sie sich neu orientieren müssen, war nicht einfach und ist für die Kolleginnen und Kollegen keine gute Nachricht. Und ich möchte hier ein Riesendankeschön und meinen allergrößten Respekt aussprechen, wie das Team diese Nachricht aufgenommen und vor allem angenommen hat.

Unseren Wunsch es gut zu Ende zu bringen, mitzugehen und dem BuchMarkt im 59. Jahr seines Bestehens ein würdiges Ende zu bereiten und uns mit einem Erinnerungsheft im Dezember zu verabschieden.  Das war sehr beeindruckend und zeigt die hohe Loyalität und emotionale Bindung zum BuchMarkt-Magazin. Gut zu Ende zu bringen heißt aber für uns auch, den Kolleg:innen genügend Raum und Zeit zu geben eine neue Aufgabe finden zu können, wo sie im neuen Jahr neu durchstarten können, aber auch, dass wir unseren treuen Abonnent:innen das Magazin bis zum Ende liefern werden.

Für uns selbst bleibt als Konsequenz natürlich auch das Gefühl einer Niederlage, mit der es umzugehen gilt.

Der Branche geht damit eine bis zuletzt unabhängige Stimme verloren. Seht ihr eine Fortführungsperspektive? Was bräuchte es dazu und worauf könnten sich neue Partner:innen ggf. freuen?

Das würden wir uns sehr wünschen, wenngleich wir das in unserer Analyse auch selbstkritisch überprüft haben. Es sind dazu mindestens zwei Dinge notwendig und wichtig. Kapital, um die Investitionen zu realisieren, der aber weit wichtigere Punkt ist die verlegerische Erfahrung. Die haben wir nicht im notwendigen Maß, um in dieser schwierigen Zeit tagtäglich mit 100 Prozent Energie und Erfahrung die richtigen Entscheidungen treffen zu können.

Das war, wenn wir rückblickend auf unsere Gespräche mit Christian schauen, immer der schwierigste Punkt. Wie können wir das gewährleisten? Dieser 2. Punkt ist sicherlich der Wichtigere um eine positive Fortführung realisieren zu können.

Noch ist die Ausgangssituation so, dass es machbar wäre. BuchMarkt bleibt eine der bekanntesten Marken in der Branche mit einer sehr langen Tradition. Aber man muss natürlich auch ehrlich sein, es müsste sehr schnell gehen. Wir stehen jedenfalls jeder seriösen Option offen gegenüber, die es ermöglichen würde, den BuchMarkt weiter veröffentlichen zu können. Das ist immer noch der sehnlichste Wunsch, dass dies gelingt.

Wie schwer fällt der Abschied?

Sollte es wie geplant zum Ende Jahres so weit sein, dann wird es ein sehr schwerer Abschied. Der BuchMarkt, natürlich immer in Verbindung mit Christian von Zittwitz, wird der Branche sehr fehlen. Für mich persönlich ist eine Buchbranche ohne den BuchMarkt eigentlich nicht vorstellbar, es wird sicher eine Weile dauern, bis das verarbeitet ist.

Es ist, wie ja schon erwähnt, ein Gefühl der Niederlage.  Das gehört einerseits im Leben dazu, das müssen wir akzeptieren, andererseits hatten wir uns das anders vorgestellt.

Worauf konzentriert sich die eBuch nun?

Die allgemeine Situation mit Kostensteigerungen und diversen Ungewissheiten in der alle sich gerade befinden, betrifft natürlich auch die eBuch. Darauf konzentrieren wir uns im Moment noch intensiver, um vorbereitet zu sein und mit den besten Lösungen für unsere inhabergeführten Buchhandlungen auch weiterhin stabil die Zukunft gestalten zu können. Den Wissens- und Akademieansatz werden wir versuchen weiter zu verfolgen, da wir das als ganz wichtiges Element für die Zukunft unserer Mitglieder sehen.

Die Fragen stellte Hanna Schönberg