Der mit 20.000 Euro dotierte Preis für kritisches Denken wird für herausragende Leistungen im Bereich philosophischer, kulturwissenschaftlicher und politischer Essayistik vergeben Joseph Vogl erhält den Günther Anders-Preis für kritisches Denken 2022

Zum dritten Mal wird am 8. Mai 2022 der Günther Anders-Preis für kritisches Denken verliehen. Ausgezeichnet wird der Philosoph, Literatur- und Kulturwissenschaftler Joseph Vogl, Inhaber des Lehrstuhls für Neuere deutsche Literatur und Kulturwissenschaft in Verbindung mit Medien an der Humboldt-Universität zu Berlin sowie Regular Visiting Professor an der Princeton University.

Die Preisverleihung findet in der Staatsbibliothek zu Berlin statt.

Der Günther Anders-Preis wird von der Internationalen Günther Anders-Gesellschaft (www.guenther-anders-gesellschaft.org/) alle zwei Jahre abwechselnd in Wien, München und Berlin verliehen und ist mit 20.000 Euro dotiert. Finanzieller Träger des Preises ist die C.H.Beck Stiftung in München.

Die Jury, der die Philosophin Petra Gehring, der Publizist Mathias Greffrath und der Kulturwissenschaftler Thomas Macho angehören, zeichnet Vogl für sein wissenschaftliches und publizistisches Gesamtwerk, insbesondere für seine jüngeren Arbeiten zur Theorie der Gegenwart und des modernen Finanzkapitalismus aus.

Mit ihrer Entscheidung würdigt die Jury einen Autor, dessen kritische Gegenwartsdiagnostik Brücken schlägt zwischen den Disziplinen, etwa zwischen Literaturwissenschaft und Wissensgeschichte, so schon in der Dissertation über Ort der Gewalt. Kafkas literarische Ethik (1990), aber auch zwischen Philosophie, Kultur- und Medienwissenschaft, vor allem jedoch zwischen Kulturkritik und Ökonomie. Der zuletzt genannten Thematik widmet sich Joseph Vogl seit 2002, erst in seinem Werk Kalkül und Leidenschaft. Poetik des ökonomischen Menschen, danach in drei Büchern zum Gespenst des Kapitals (2010), zum Souveränitätseffekt (2015) und jüngst zu Kapital und Ressentiment (2021). In seinen überwiegend bei Diaphanes erschienenen Schriften gelingt es Vogl, komplexe Analysen in essayistischer, darstellerisch ebenso anspruchsvoller wie erhellender Form vorzutragen. Dabei arbeitet er mit Verweisen und Kommentaren, die den Kanon philosophischer Theoriebildung souverän handhaben, wie auch mit Referenzen zur Literatur, beispielsweise zu Don DeLillos Cosmopolis.

Joseph Vogl avancierte zu einem Wortführer in der Kritik am modernen und gegenwärtigen Finanzmarktkapitalismus. In seinem jüngsten Werk Kapital und Ressentiment. Eine kurze Theorie der Gegenwart rekonstruiert er, wie im digitalen Zeitalter gigantische Internetkonzerne als neue unternehmerische Machtformationen unser vertrautes politisches Universum grundlegend verändern und immer massiver in die Entscheidungsprozesse von Regierungen, Gesellschaften und Volkswirtschaften eingreifen.

Der Günther Anders-Preis für kritisches Denken wird für herausragende Leistungen im Bereich philosophischer, kulturwissenschaftlicher und politischer Essayistik vergeben. In Erinnerung an den Philosophen und Zeitdiagnostiker Günther Anders (1902–1992) werden vorrangig, aber nicht ausschließlich deutschsprachige Autorinnen und Autoren und deren Werke ausgezeichnet, welche sich in aufklärerischer Tradition mit den Lebensbedingungen unserer gegenwärtigen Welt befassen, insbesondere mit den kulturellen, ökonomischen und technisch-medialen Umwälzungen der Zeit. Prämiert wird innovatives und originelles Denken, das mit besonderer ästhetischer Qualität einhergeht, insbesondere mit der Fähigkeit zur sprachlich klaren Vermittlung komplexer Gedanken. Erstmals vergeben wurde der Preis 2018 in Wien an Dietmar Dath, 2020 erhielt ihn die französische Philosophin Corine Pelluchon.

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