Liebe Freunde,
willkommen zur ersten Internationalen Frankfurter Buchmesse! Also zur ersten, die endlich wieder richtig stattfindet. Wir sind alle wieder da! Fast.
Fast da, und nicht mehr ganz alle.
Aber blicken wir nach vorne, am besten mit einem Rückblick: Vor einigen Jahrzehnten erfand der legendäre Christian von Zittwitz den Messe-Mayer. Deshalb haben wir Zittwitz auch zu den Elchen geschickt.
Er hieß mich mit einer Kamera die Menschen belästigen und alles verhöhnen, was ich nicht begreifen konnte. Keine Ahnung, warum das funktionierte.

Dann kam der ekle Virus:

Und drei Jahre später ist jetzt. Ich weiß, was Sie jetzt denken: In diesem Kostüm steckt sicher Oliver Zille drin. Aber das können Sie ihn nächstes Frühjahr selber fragen.
Einige haben sich in diesen drei Jahren gar nicht verändert. Andere wiederum sehen sogar jünger aus, perverse Laune der Natur, Ihr verdammten Keanus! Wieder andere sind schlagartig vergreist, merken aber gottlob kaum etwas von ihrem Verfall.

Und kaum guckt man mal kurz weg, zieht Mainhattan gleich wieder neue Hochhäuser aus dem Beton:

Anscheinend müssen auch die Hallenarbeiter erst wieder lernen, wie man buchmesst: So jedenfalls nicht.

Apropos Preßspahn:
Die Konferenz fürs Presswesen
Die Presse-Konferenz ist das Entrée, das Aushängeschild und das Klingelschild der Messe. Also zumindest die wichtige am Anfang. Es gibt natürlich noch viele andere Konferenzen, die aber kein Entrée sind, sondern eher Salat, Quark oder Soße.
Normalerweise zeigt man dann solche Fotos von Direktoren, Vorsteherinnen und Ehrengästen:

Aber weil das hier der Messe-Mayer ist, zeige ich Ihnen lieber solche Fotos von Direktoren, Vorsteherinnen und Ehrengästen:

Nein, die wahre Geschichte hinter diesem Foto ist: In dreißig Jahren Buchmesse habe ich noch nie gesehen, wie Direktoren und Vorsteherinnen den Ehrengast ebenso artig wie live um eine Widmung bitten.

Die großen Themen der Konferenz waren endlich mal nicht Urheberrechte und Meinungsfreiheit, sondern Krieg und Inflation. Verstehen Sie mich nicht miss: Krieg und Inflation machen mir große Angst, aber ich war erleichtert, nur ein einziges Mal nichts über Urheberrechte und Meinungsfreiheit zu hören.
Ebenfalls Schlagwort der Eröffnung: Diversität! Dass ich nicht lache. Wenn diese Messe eine Sache ganz bestimmt schon immer war, dann divers. Was hat sich geändert, dass wir es heute erst erwähnen?
Aber Karin Schmidt-Friderichs sprach sich auch gegen Clickbaiting und Trolle aus, und ich hoffe mal, sie meint damit nicht mich.
Das gab es ebenfalls vor drei Jahren noch nicht: Man kann das Gendersternchen jetzt hören! Souveräne Redner sprechen “Zuhörer*innen” so aus, als handle es sich um das Gegenteil von “Zuhörer außen”, und ich denke, das wird salonfähig.
Mohsin Hamid war ein charismatischer, origineller, kluger Ehrengast. Und unsere Key Note Speakers waren ja immer herausragend, bis auf Coelho natürlich. Aber Hamid hatte wirklich ein paar ulkige Dinge zu sagen, wie zB. dass das Buch eine “klickfreie Technik” sei.
Wie immer präsentiere ich mit großer Freude die dämlichste aller Abschlussfragen, denn am Ende dürfen wir Journalist*innen ja immer Fragen stellen: Warum denn in der heutigen Pressekonferenz nicht vor rechten Verlagen gewarnt wurde, ob das denn gar kein Thema mehr sei?
Und Boos so: “Wir haben bessere.”

Der spanische Gastpavillon
Dass die Spanier unseren Pavillon so souverän wie kreativ meistern würden, war ja eigentlich abzusehen, Ihr wilden, poetischen Iberer. Am schönsten ist der Pavillon immer am schwersten zu fotografieren; und dieser Traum aus Gazelabyrinthen und Blendlichtern muss ohnehin erlebt sein und nicht fotografiert.
Ich mach das trotzdem grad mal eben:



Und dann das Kontrastprogramm:

Die Sitz- und Lümmelwürste fand ich am besten:

Wie darf ich das denn verstehen? Ich freue mich zwar über Fred Clever (“Mortadelo”)…

Und hier haben wir das offizielle Maskottchen der diesjährigen Messe:

Aber ich kenne es vom Plakat!

Ich beende meinen Rundgang durch den spanischen Pavillon mit dieser rätselhaftesten aller Installationen:

Herumstreunen
Bis es um 17.00 Uhr den Fassanstich gibt, dessentwegen ich easy auf König und Königin von Spanien verzichte, will ich schauen, was sich auf dem Gelände tut. Dafür, dass die Messe erst morgen beginnt, ist die Freude umso größer, wenn man Menschen trifft und nicht nur Holger Ehling.
Bis 24.00 Uhr muss alles fertig sein, es herrschen Zeitdruck und Anspannung.

Ebenfalls nicht aus der Ruhe zu bringen: Ira Zeitzen und Annette Jung von Dorling Kindersley.

Typisch für die Messe am Pressedienstag: Stehende Interviews vor prahlerischer Kulisse.

Das ist der BuchMarkt-Stand vor seiner Auspackung, links meine Redakteurin Susanna Wengeler und ich daneben. Was für ein Poser ich bin. Wie ich dastehe und strahle! Und wenn das Foto gemacht ist, gehe ich weg und lasse Frau Wengeler völlig allein mit dem ganzen Gerümpel.

Nun ist Julia Graff ein Name, der in unserer Branche einiges kulinarisches Gewicht hat. Preisgekrönter Kochbuchverlag Hädecke, Brezelprovider beim Fassanstich seit Jahrzehnten. Und was haben wir beide für ein Glück:

Wenn man drei Jahre nicht hier war, dann sind Namen nicht sofort parat, wenn man sich begegnet, obwohl Herr Sundermeier vom Verbrecherverlag und ich uns seit Jahren kennen. Also mindestens seit vier.

Jörg Sundermeier war aber mit “der Herr Verbrecher” sehr einverstanden.
Auch ein schöner Schuss: Meyer und Mayer vom BuchMarkt.

Und wen trifft man hier draußen unter der Rolltreppe zu Babel? Den eBuch-Vorstand! In Wahrheit sind die alle mit auf dem Foto, das just von Julian Müller gephotobombt wird:

Und dann das.

Haaaach, Messe. Wie mir das gefehlt hat: Leute, die Leute angucken, die gucken.

Dass die eBuch den BuchMarkt gekauft hat, ist übrigens für mich vor allem in einer Hinsicht hochinteressant: Ich bin der einzige Mensch auf dieser ganzen Messe, ja sogar im Universum, der zugleich für den BuchMarkt arbeitet als auch Genossenschaftsmitglied bei der eBuch ist.
Das bedeutet, dass ich jetzt Mikro-Anteile an der Redaktion habe.
Ich will den Locher.
Eine Frage, die wir nun endgültig klären können: Hat diese Messe einen Vogel?

Eine Frage, die wir nun endgültig klären können: Wo lagert Droemer seine Bücher auf der Messe?

Eine Frage, die wir nun endgültig klären können: Welche ist unsere schönste Messehalle?

Altbieranstich
Zu den schönsten Traditionen dieser Messe gehört, dass meine Redaktion am Ende des Aufbautages immer Fassbier spendiert an alle, die davon wissen oder um 17.00 Uhr in der Nähe sind.
Die Brezeln kommen vom Hädecke-Verlag, die Gäste kommen aus dem Nichts. Und das ist ja doch das Magische an dieser Branche: Einerseits fühlt es sich an, als sei ein ganzes Jahrzehnt vergangen und zugleich, als sei es erst gestern gewesen.

O’zapft is


Noch etwas, das ich in dreißig Jahren Buchmesse noch nie gesehen habe:

Der Justiziar des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, Dr. Christian Sprang, stellt sein neuestes Buch kurioser Todesanzeigen vor. Dr. Sprang will wohl unbedingt ins Schaufenster am Donnerstag.

Herwig Bitsche vom Nordsüdverlag macht Werbung für sein neuestes Nashornbuch.


Die Gang!

Wie gern ich diese Leute habe. Und der grundgütige Holger Ehling ist natürlich kein Berber. Ich glaube, Holger Ehling hatte mich damals ins Herz geschlossen, als ich unter ein Foto vom Hotzenplotz geschrieben hatte “Und Holger Ehling ist ebenfalls schon da”.
Diesen Moment haben wir heute unter Missbrauch des Thienemann-Standes noch einmal beschworen und gefeiert:

Bleibt noch, Ihnen diese peinlich große Netz-Reizwäsche für Herren vorzuführen, aber was tut man nicht alles für den Börsenverein des Deut- halt, nein, ich erfahre gerade von der Regie, dass es sich um eine Einkaufstasche handelt.

Zum Geleit
Und zur selben Zeit im Congress Center, ganz ohne Bier:

Und das war der Aufbau- und Pressedienstag der Frankfurter Buchmesse.
Ich bin zutiefst aus der Übung, zutiefst erschöpft und zutiefst erfreut.
Jedenfalls alles zu tief. Aber Sie wissen ja: Mir ist jede Ausrede für Kaffee recht.
Apropos Verpflegung:
Ich gönnte mir heute eine Rindswurst mit vier Gramm Kartoffelsalat, zu ordentlichen Messepreisen so teuer wie vier Gramm Marihuana. Dagegen ist gar nichts auszusetzen, das nehme ich in Kauf.

Doch was ich niemals, niemals in Kauf nehmen will und werde, so sehr ich auch ökologisch, nachhaltig und beispielhaft denken und handeln will, ist Einwegbesteck aus Rohholz. Nennen Sie mich verweichlicht.

Ebenfalls Erste-Welt-Probleme sind diese typischen nächtlichen Namens-Abgleichs-Mails unter Messe-Journalisten:
Ich wünsche Ihnen einen guten Messeauftakt am Mittwoch!
Schließlich haben wir heute alles für Sie schön gemacht.
Es freut sich schon auf Mittwoch
Ihr Messe-Mayer
Helden der spanischen Literatur, 1 von 6:

Es ist sehr schön wieder von Herrn Messe Mayer zu lesen. Es gibt dem Menschen eine Art “Normalität” in diesen Zeiten. Ein wenig Wehmut habe ich schon. Da ich nicht auf die Messe kommen kann, kann ich die lieben Kollegen, die mir/uns während der Pandemie digital zu “Brieffreunden” geworden sind, leider nicht “in Natura” sehen. Doch durch ihre Berichterstattung fühlt man sich “live” dabei
Sehr sehr schön. Endlich wieder Buchmesse und Messe-Mayer. Da macht doch eine Zugfahrt in einem ewig verspäteten Zug gleich viel mehr Spaß und ich habe mehr gelacht als heute den ganzen Tag über. Danke
Hurra, endlich wieder ein Messe-Mayer! Das hat sowas von gefehlt in den letzten Jahren… Ich freue mich im norddeutschen Exil auf weitere launige Berichte von der Messe :)
Danke sehr!