Wolfgang Stock über das Verlegen auf eigene Faust, über den Buchhandel und das Marketing „Auch im Selfpublishing kann der Handel manche Perle finden“

Wolfgang Stock, ehemaliger BuchMarkt-Kolumnist und dann lange Geschäftsführer des Spotlight Verlages, befindet sich mit seiner Hemingway-Biografie Cabo Blanco – Mit Ernest Hemingway in Peru (BOD) derzeit auf Lesereise. Nach einer Veranstaltung in der Kaiserswerther Buchhandlung Lesezeit schaute er bei uns in der Redaktion vorbei. Und das war Anlass für unser heutiges Gespräch.

Wolfgang Stock mit seinem BOD-Buch:  „Ich betreibe das Portal Hemingwayswelt.de mit 3.000 Besuchern jeden Monat. Das ist die Grundlage, die öffentliche Sichtbarkeit, hier trommle ich praktisch jeden Tag. Ansonsten habe ich gute Erfahrungen mit Facebook gemacht“

 

Kann man mit Ernest Hemingway noch jemand hinter dem Ofen hervorlocken?

Wolfgang Stock: In Düsseldorf haben wir die Lesezeit voll bekommen. 

Was macht den Mann aus, dass man noch heute über ihn redet…

Das Leben des Nobelpreisträgers von 1954 ist so wahnsinnig bunt. Er steht für alles, was so ein Menschleben ausmacht. Im positiven wie im negativen. 

Wo fängt man da an?

Ich habe eine wenig bekannte Episode aus seinem Leben herausgegriffen, eine fünfwöchige Reise nach Peru zu den Dreharbeiten zu Der alte Mann und das Meer. Vor Ort habe ich lange recherchiert und mein Material mit Rück- und Seitenblicken zu einem Psychogramm angereichert. Auf jeder Seite möchte man eigentlich mit der Diskussion beginnen. Dieser seltsame Kerl lässt niemanden kalt. 

Du hast das Buch bei BoD verlegt. Deine Erfahrungen nach einigen Monaten?

Books on Demand nähert sich immer mehr den Standards der Verlage an. Durch Neuerungen im Druck und die Verzahnung mit Libri merkt der Händler als auch der Kunde fast keinen Unterschied. Druckqualität, Lieferfristen, Remissionsrecht oder Rabatt – all das unterscheidet sich wenig von den etablierten Verlagen.

Was war für Dich als ehemaliger Econ Cheflektor das stärkste Argument fürs Selfpublishing?

Zeit. Während man bei Verlagen an die Programmzyklen gebunden ist, oft mit Wartezeiten von zwei Jahren, kann jeder bei BoD von jetzt auf gleich loslegen. Gerade bei Biografien ist Timing wichtig. Jahrestage und Jubiläen gilt es im Auge zu halten.

Und das schwierigste beim Selfpublishing?

Marketing. Das unterscheidet sich nicht von herkömmlichen Verlagen. Das Buch muss zum Leser. 

Was funktioniert beim Marketing?

Jeder muss da seine eigene Strategie finden. Ich betreibe das Portal Hemingwayswelt.de mit 3.000 Besuchern jeden Monat. Das ist die Grundlage, die öffentliche Sichtbarkeit, hier trommle ich praktisch jeden Tag. Ansonsten habe ich gute Erfahrungen mit Facebook gemacht.

Was bedeutet das konkret?

Als Autor sollte man versuchen, mit redaktionellen Beiträgen in die geeigneten FB-Gruppen hineinzugehen. Zum Thema Hemingway beispielsweise gibt es ein halbes Dutzend Gruppen und Foren, oft mit Tausenden Mitgliedern. Darüber hinaus gilt es thematisch verwandte FB-Gruppen auszumachen, bei Hemingway beispielsweise amerikanische Literatur, Kuba oder Sportfischen. Das ist eigentlich typisches Mirco-Marketing. Mit bescheidenen Mitteln dorthin gehen, wo die Zielgruppe zu finden ist.

Welche Rolle spielt der Buchhandel?

Ganz besonders freue ich mich über den Zuspruch der Buchhändlerinnen und Buchhändler. Die Empfehlung des Handels ist für mich wie ein Adelsschlag. Lesungen funktionieren beim Thema Hemingway wunderbar. Wobei ich keine Lesung im herkömmlichen Sinn abhalte, sondern einen packenden Vortrag mitbringe, inklusive seltener Fotos. Der Zuspruch ist groß.

Noch immer haftet Print on Demand das Image des ärmeren Bruders an…

Das Image des ärmeren Bruders hat das Selfpublishing mit Professionalisierungs-Schüben zum Glück überwunden. Selbst etablierte Verlage lassen die Blacklist über BoD laufen. Und in den aktuellen BoD-Programmen gilt es so manche Perle zu entdecken.

Und wie entdeckt man solche Perlen?

Das Wichtigste ist das Thema. Gibt es für das Thema eine Zielgruppe? Kann ich für das Thema die Kunden meiner Buchhandlung begeistern? Ebenso wichtig Qualität, Umsetzung, Optik. Eigentlich selbstverständlich.

Muss man sich als Selfpublisher im Buchhandel nicht doppelt anstrengen?

Sicherlich. Du hast ja keine Infrastruktur und musst alles selbst machen. Aber mit Ernest Hemingway habe ich ja ein dankbares Thema. In Düsseldorf-Kaiserswerth haben die Kolleginnen der Lesezeit meine Präsentation mit einer Daiquirí-Verköstigung eingerahmt. Die Stimmung war bestens. 

Man muss mehr bieten…

Wenn du kein bekanntes Fernsehgesicht bist, reicht eine traditionelle Lesung nicht mehr. Vom Servieren von Häppchen bis zu karibischer Musik lässt sich bei einem bunten Hund wie Hemingway vieles an Beimischung vorstellen.

Die Fragen stellte Christian von Zittwitz.

Kontakt: wolfgang@stockpress.de 

  

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