Karl Ernst Tielebier-Langenscheidt wird heute 95 Jahre alt. Klaus G. Saur gratuliert dem legendären Verleger zum Geburtstag:
1959 auf der Buchmesse in Leipzig traf ich zum ersten Mal den berühmten und hoch verehrten Karl Ernst Tielebier-Langenscheidt. Er war 38 Jahre alt, ich 18 Jahre. Wir stellten auch sehr schnell fest, dass wir am gleichen Tag Geburtstag haben, dass wir also genau 20 Jahre Altersunterschied aufweisen konnten. Seitdem ruft er mich jedes Mal am 27. Juli kurz nach 8 Uhr an, um mir zu gratulieren und mir zuvorzukommen.
Ich durfte ihm 21 Jahre lang dienen. Zunächst einmal 7 Jahre in der TR Verlags-Union, die auch einmal als hoffnungsvolles Zukunftsunternehmen galt und bei der wir beide Gesellschafter waren. Er als Aufsichtsratsvorsitzender, ich einfaches Mitglied für 7 Jahre unter ihm. Nachdem er von Berlin nach München gekommen war, wurde er 1973 gleich Vorsitzender des Verbandes Bayerischer Verlage und Buchhandlungen, und ich durfte ihm wiederum als Stellvertreter entsprechend zuarbeiten.
1988 fanden die Buchhändlertage in München statt. Ich begrüßte als Verbandsvorsitzender die 2.000 Gäste, traf Tielebier-Langenscheidt zwei Tage später und erklärte ihm, er hätte mich angelogen. Er hätte mir zugesagt, zur Eröffnung zu kommen, wäre aber nicht dagewesen. Er meinte, es wären doch 2.000 Leute dagewesen. Ich sagte, ja schon, aber ich hätte einmal rund- oder quergeschaut und er wäre nicht dabei gewesen. Daraufhin sagte er mir, er hätte an diesem Abend noch eine ganz wichtige Verhandlung führen müssen und er würde mich in den allernächsten Tagen über das Ergebnis informieren und dann würde ich ihm verzeihen. Nach drei Tagen rief er auch an und erklärte mir, dass er in dieser Nacht die Mehrheit an der Bibliographischen Institut & F.A. Brockhaus A.G. in Mannheim erworben hätte und dass er nun den Aufsichtsratsvorsitz übernehmen würde und ich wiederum sein Mitglied sein sollte. Das verband uns nun weitere 10 Jahre.
Karl Ernst Tielebier-Langenscheidt hat in diesen Jahren den größten und auch erfolgreichsten Wörterbuch-Verlag sowie Verlag für Lexika, Enzyklopädien, Reiseführer und vieles mehr aufgebaut und erreichte 1995 das beste Ergebnis der Verlage Langenscheidt sowie Bibliographisches Institut & Brockhaus in der Geschichte überhaupt. Als Mitglied des Aufsichtsrates stimmte ich damals dafür, dass der gesamte Aufsichtsrat auf 75 % der ihm zustehenden Tantieme in diesem Jahr verzichten wird, da es schlicht unanständig gewesen wäre, für so wenig Arbeit gleich so viel Geld zu bekommen.
Einige Jahr später kamen wir allerdings dann doch zu der Meinung, es wäre wohl besser gewesen, es zu nehmen, denn jetzt bekamen wir gar nichts mehr, nachdem ausgerechnet die Verlage von Karl Ernst Tielebier-Langenscheidt die ersten großen Opfer der Open Access-Entwicklung oder der Wikipedia-Aktivitäten geworden waren. Der Rückgang dieser Verlage, sowie der Verlage für Lexika, die er zu den größten Erfolgen überhaupt geführt hatte, war nicht mehr aufzuhalten.
In den 80er-Jahren war Tielebier-Langenscheidt noch der erste Verleger gewesen, der elektronische Wörterbücher, die in Kyoto hergestellt werden mussten, mit großem Erfolg verlegt hat. Er war der absolute Pionier und erkannte als erster, welche Möglichkeiten in diesem Geschäft bestanden. Nur – diese Möglichkeiten waren temporär, denn gegen die Entwicklung, die vor allem durch Wikipedia bedingt zur kostenlosen Online-Information führten, waren keine zu verkaufenden Produkte mehr in der Lage, zu bestehen.
Karl Ernst Tielebier-Langenscheidt hat ein großes Stück deutscher und auch internationaler Verlagsgeschichte geschrieben und beeinflusst. Ich hoffe, dass ich nun in diesem Jahr zum ersten Mal seinem Glückwunsch mit meinen guten Wünschen zuvorkomme.
Klaus G. Saur
Wer auch gratulieren möchte: tl@lkgverwaltung.de
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