Runde Geburtstage Torsten Casimir (60)

Heute wird Börsenblatt-Chefredakteur Dr. Torsten Casimir sechzig Jahre alt. Seit fünfzehn Jahren ist er unser beinharter Wettbewerber, solange halten viele Ehen nicht. Aber wir sind dabei Freunde geworden. Dazu gratuliere ich ihm und mir. Für heute wollte ich aber von ihm wissen, wie er diese Jahre erlebt hat und was ihn damals motiviert hat, als vormaliger Kulturchef der Rheinischen Post an den Main zu wechseln:
Torsten Casimir: „Ich habe es bis heute nicht bereut“

Torsten Casimir: Ach ja, das war die Jahreswende 2005/2006, als mir das Börsenblatt – in Gestalt zunächst einer Headhunterin von der Kö – ins Blickfeld geriet. Ich war ja damals mit der Leitung des Feuilletons bei der RP gut beschäftigt, hatte tolle Autoren im Team, hatte das Sprechtheater als meine Sparte zu betreuen und trieb mich viel im Ruhrgebiet rum, wo die besten Bühnen waren in der Zeit.

Warum hast Du das alles aufgeben?
Das habe ich, so wie jetzt Du, mich seinerzeit auch gefragt und einen guten Freund, der früher mal mein Chef war, um seinen Rat gebeten. Er sagte: „Geh da hin! Dort kannst du selbst dein Blatt gestalten, das ist eine befriedigende Erfahrung und noch mal etwas ganz anderes als Zeitungmachen unter den Maßgaben einer Chefredaktion.“ Ich habe auf den Rat gehört – und es bis heute nicht bereut.
Und ich habe bis heute nicht bereut, dass ich Dich noch vor Deinem Amtsantritt, Du damals quasi noch mein Nachbar hier in Meerbusch, zu einem Kennenlerntreffen eingeladen hatte. Das war – bei allem Wettbewerb seither – der Anfang unserer Freundschaft.
Ja, an unser beider langes Gespräch im Frühjahr 2006 bei Mrs. Books in Meerbusch-Lank, dem Laden Deiner Frau, erinnerte ich mich dankbar.
Unsere Buchhandlung ist übrigens auch an einem 9. November, gegründet worden, heute vor 31 Jahren also.
Ja, dort im Laden hast Du mir, damals schon freundschaftlich im Ton (was mich gerührt hat), in einer Art Crash-Kurs die Branche erklärt. Was bei mir sofort hängenblieb: Da scheint eine ganz besondere Sorte Mensch zu arbeiten in den Verlagen und Buchhandlungen. Und richtig, so war und so ist es.
Aber Du hattest nicht die leiseste Ahnung, was auf Dich zukommen würde? 
Zu den wichtigsten Einträgen auf meiner Habenseite nach 15 Jahren in Frankfurt gehören diese vielen klugen, inspirierenden, empathischen, mutigen Menschen der Branche. Sie alle machen es einem ziemlich leicht, auch die paar Stinkstiefel auszuhalten, die sich fälschlich zu uns verirrt haben.

Mit meiner Frage meinte ich z. B. eigentlich die BAG Pleite, da auch den Börsenverein ziemlich durchgeschüttelt hat. Das hatte ja wenig mit Kultur zu tun. Mich hat beeindruckt, dass Du hast damals sogar einen Schnellkurs in Wirtschaftskunde gemacht hast, um besser verstehen zu können, worum es damals ging.

Da etwa hat mir mehr der zweite fette Pluspunkt an meinem Job hier geholfen: Das Redaktionsteam. Du kennst die meisten. Einige waren ja schon da, als ich kam. Sie sind immer noch da. Aber sie arbeiten bis heute mit Volldampf, als wären sie gestern erst eingestiegen in den Beruf. Ich habe seit den späten 1980er Jahren einige Redaktionen von innen kennengelernt. Ernsthaft, Christian, nirgendwo ist mir eine solch unkaputtbare Begeisterung untergekommen wie beim Börsenblatt. „Intrinsisch motiviert“ heißt das wohl auf Angeberdeutsch. Meint aber viel mehr, vor allem auch: „intrinsisch imprägniert“.
Aber eine Zeitschrift zu machen, die von einem Verband herausgegeben wird, bringt ja nicht von Natur aus die reine Freude mit sich?
Ja, manchmal ist es auch weniger Freude. Die rasche Produktion von lange haltbaren Entscheidungen gehört ja nicht zu den Spezialitäten einer dreispartigen Interessenvertretung. Aber egal, trotz all der verbandstypischen Kautelen und gelegentlichen Kalamitäten lassen meine Kolleginnen und Kollegen bis heute nicht davon ab, anständige, lesenswerte Börsenblätter zu fertigen. Und wenn ihnen und uns das mal nicht so gut gelingt, ärgern sie sich, sind unzufrieden, sprechen Fehler an. Das interne Gespräch hört nicht auf, ein großes Glück ist das für mich.
Aus Erfahrung weiß ich, bei all dem, was uns antreibt, bleibt wenig Zeit für Hobbys. Hast Du welche?
 
Ja, da hast Du einen Schmerzpunkt bei mir erwischt. Seit Ende meiner Uni-Zeit (liegt also ein paar Jahre zurück) hege ich den Plan, mit zwei, drei gutgelaunten Laien gemeinsam ein bisschen Jazzmusik zu machen. Bis heute ist nichts draus geworden. Immerhin, abends setze ich mich ab und an zuhause ans Klavier (habe ein Silent-System nachrüsten lassen, wäre im Altbau sonst nicht zumutbar) unter meine Kopfhörer und spiele mich durchs Great American Songbook. Wie’s aussieht, bleibt es bei einer Solokarriere ohne Publikum. Meistens bin ich damit auch ganz einverstanden.
Dieses Foto habe ich damals bei Deinem Besuch im Laden meiner Frau gemacht. Da kannst du sehen, wie Deine 15 Jahre Börsenblatt gezehrt haben. 
Noch nicht von der Branche gezeichnet: Torsten Casimir vor Amtsantritt als Börsenblatt – Chefredakteur beim Besuch bei Mrs. Books
Die Fragen stellte Christian von Zittwitz
Kommentare (1)
  1. Herzlichen Glückwunsch! Dann wurde Herr Casimir an meinem Verlagsgründungstag 45. Und Mrs.Books 16. Der 9. November ist und bleibt eben ein historisches Datum! ,
    meint Monika Fuchs. ;)

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