Seit dem 6. Dezember (Nikolaustag) fragen wir wieder bis zum 6. Januar 2021 (Heilige Drei Könige) in der Buchbranche herum: „Wie war Ihr Jahr?“. Heute beantwortet Hoffmann und Campe-Verleger Tim Jung unseren „anderen“ Fragebogen:
Welcher Tag war Ihr schönster in diesem Jahr?
Als der Leiter des archäologischen Museums in Hamburg anrief, um zu vermelden, dass in der Innenstadt die Grundmauern des Hauses von Julius Campe gefunden wurden und Thomas Ganske und mich zu einer Ortsbesichtigung einlud – und wir diese gemeinsam wahrnehmen konnten, bevor an dieser Stelle nun eine Tiefgarage gebaut wird.
Worüber haben Sie sich 2020 am meisten geärgert?
Über ausgefallene Lesereisen und über die Unmöglichkeit, allen, die ich nur am Bildschirm sehen konnte, nicht die Hand geben oder sie in den Arm nehmen zu können.
Was war 2020 Ihr schönster Erfolg?
All die guten und inspirierenden Gespräche mit unseren langjährigen Autorinnen und Autoren – und die Pläne, die wir gemeinsam geschmiedet und verwirklicht haben. Dann: eine ganze Riege fulminanter neuer Stimmen für Hoffmann und Campe und Atlantik zu gewinnen. Und nicht zuletzt: die ungebremste Leidenschaft und geballte Kompetenz eines fantastischen Teams erleben und befördern zu dürfen.
Und Ihr traurigster Misserfolg war…?
Dass unser großer Besprechungsraum zum Büro werden musste. Sehr schade, aber no hard feelings.
Ihre schönste Buchhandlung/Ihr liebster Verlag in diesem Jahr?
In diesem Jahr die Buchhandlung Montag in Berlin. Und der Berenberg Verlag (wer ein Buch von Jürgen Hosemann verlegt, macht seine Sache gut).
Von welchem Thema wollen Sie (warum) im kommenden Jahr nichts mehr lesen?
Von einer großen deutschen Buchhandelskette, die der chinesischen Regierung für Geld Regalfläche zur Verfügung stellt, um Propaganda zu verbreiten. Das ist ein Schlag ins Gesicht eines jeden Verlags und Buchhändlers, der sich für Demokratie, Meinungsfreiheit und Pluralismus einsetzt.
Und über welches Thema wollen Sie mehr lesen?
Von unabhängigen Buchhandlungen, die gestärkt und mit gewachsenem Kundenstamm aus Corona hervorgehen. Von einer Gesetzesinitiative, die unsere einzigartige Kulturlandschaft im nationalen Krisenfall zum Schutzgebiet erklärt. Und von einem Phoenix aus der Asche namens Frankfurter Buchmesse.
Welchen Fehler aus diesem Jahr möchten Sie im kommenden Jahr vermeiden?
Nicht zur Ruhe zu kommen.
Und welchen Fehler werden Sie trotzdem wiederholen?
Keine Ruhe zu geben.
Welches Buch hat Ihnen in diesem Jahr besonders viel Freude gemacht?
Die bei Hoffmann und Campe erschienenen Trump Tagebücher, die aufs Amüsanteste bezeugen, welchen traurigen Wahnsinn wir jetzt (fast) hinter uns haben.
Welches wird Ihr wichtigstes Buch im neuen Jahr?
Jedes einzelne, das bei Hoffmann und Campe und bei Atlantik erscheinen wird.
Von wem würden Sie gern auch mal die Antworten auf diesen Fragebogen lesen?
Von Julius Campe.
Und welche Frage, die wir nicht gestellt haben, hätten Sie gern beantwortet?
Worüber mussten Sie zuletzt lachen?
Hier können Sie die auch beantworten:
Als ich gerade eben von seiner Besitzerin das Foto eines Hundes namens Bonnie Propeller gemailt bekam, der darauf ebenso liebe- wie hingebungsvoll einen Heinrich Heine-Band zerkaut.
Gestern antwortete Ulrich Ehrlenspiel, morgen fragen wir Ralf Tornow.