Danach fragen Kunden Umgeblättert heute: „Eine beeindruckende Erzählung“

Jeden Morgen blättern wir für Sie durch die Feuilletons der führenden Tageszeitungen – damit Sie schnell einen Überblick haben, wenn Kunden ein bestimmtes Buch suchen oder Sie nach einer Idee für einen aktuellen Büchertisch:

 

„Ein Stau ist wie eine musikalische Jamsession“: Optimistisch bis zur Verklärung: Matthew B. Crawford plädiert dafür, das Autofahren als Domäne individueller Freiheit unbedingt zu bewahren. „Ein typischer Bleifußfanatiker ist Crawford nicht, sondern ein Nostalgiker, der mit diesem Buch auch seine eigene Auto-Biographie vorlegt. Die Denkanstöße, die er liefert, sollten auch bei PS-Skeptikern keine Beulen hinterlassen. Fragen darf man dennoch, ob Freude am Fahren tatsächlich nur durch harte Arbeit entsteht.“

  • Matthew B. Crawford, Philosophie des Fahrens. Warum wir gern am Steuer sitzen und was das mit Freiheit zu tun hat (aus dem Englischen von Stephan Gebauer; Ullstein Verlag)

„Schreiben nach Kolyma“: Der Literat Warlam Schalamow gibt mit seinen Briefen aus der Nachkriegszeit Einblicke in die Psyche des Homo Sovieticus: Eine Auswahl seiner Korrespondenz der Jahre 1952 bis 1978 ist jetzt auf Deutsch erschienen. „Das Konvolut aus 365 Briefen, Ergebnis einer mehr als fünfundzwanzigjährigen Korrespondenz, ist in vielerlei Hinsicht ein wertvoller Fundus, lässt den Schreiber als Persönlichkeit jedoch kaum klarer hervortreten. Die Episteln sind nicht chronologisch, sondern nach Adressaten geordnet und richten sich an Schriftsteller, Verwandte und einstige Mithäftlinge.“

  • Warlam Schalamow, Ich kann keine Briefe schreiben. Korrespondenz 1952–1978. (aus dem Russischen von Gabriele Leupold; Matthes & Seitz)

„Umwelt als Produkt“: Ein Band versammelt Georges Canguilhems Nachruf auf Maurice Halbwachs, Dokumente zu dessen Sterben in Buchenwald und einen Essay über die beiden Theoretiker. „Dass Halbwachs, einer der produktivsten Nachfolger Émile Durkheims und ein bedeutendes Mitglied der frühen Annales-Schule rund um Marc Bloch und Lucien Febvre, weit­aus mehr gewesen ist als der Theoretiker des ‚kulturellen Ge­dächt­nisses‘, auf den ihn die kulturwissenschaftliche Rezeption bisweilen reduziert hat, zeigt nun ein vom Weimarer Medienwissenschaftler Hen­ning Schmidgen edierter Band.“

  • Georges Canguilhem, Über Maurice Halbwachs (aus dem Französischen von Ronald Voullié; mit einem Essay von Henning Schmidgen und Dokumenten zu Halbwachs in Buchenwald; August Verlag)

„Unrecht vor den Augen der Welt“: Der Autor Alaa Abdel Fattah sitzt als politischer Gefangener in einem ägyptischen Gefängnis. Die Klimakonferenz COP27 ist vielleicht seine letzte Chance. „Bliebe die Hoffnung. Sie blitzt in Abdel Fattahs Text etwa auf, wenn er von einer Reise nach Gaza und somit von seiner Freiheit träumt (Alaa Abdel Fattah ist im Thema Palästina eindeutig positioniert, ‚BDS ist ein Akt der Solidarität mit den Palästinensern‘, schreibt er etwa). Vor allem aber manifestiert sich die Hoffnung für Abdel Fattah derzeit in dem britischen Pass, den er dank seiner in London geborenen Mutter Laila Soueif neben dem ägyptischen besitzt.“

  • Alaa Abdel-Fattah, Ihr seid noch nicht besiegt. Ausgewählte Texte 2011-2021. (Mit einem Vorwort von Naomi Klein, aus dem Englischen von Utku Mogultay; Verlag Klaus Wagenbach)

„Der Walfisch des Glücks“: Fast alles, was man von Gedichten in spanischer Sprache wissen wollen kann, in einer monumentalen Anthologie. „Dem schweifenden Leser, erst recht dem sich systematisch durch diese 2500 Seiten wühlenden Lyrikentzückten werden immer wieder Einzelverse im Gedächtnis hängen bleiben, und nicht nur Berühmtheiten wie ‚Paradies, verschlossen den Vielen, Gärten, geöffnet Wenigen‘ oder ‚Grün wie ich die liebe grün‘. Hängen bleiben wird auch ‚O Hölderlin, Lumpen und blühende Gerte zugleich, Nest voll Gezwitscher, misshandelte Puppe‘.“

  • Martin von Koppenfels et al., Spanische und hispanoamerikanische Lyrik, Band 1: Von den Anfängen bis Fernando de Herrera; zweisprachig. (Verlag C. H. Beck)

„Françoise in der Metro“: Hörbücher von Françoise Sagan, Alfred Harth, Herbert Rubinstein.

  • Françoise Sagan, Bonjour tristesse (DAV)
  • Alfred Harth, Sweet Paris (Moloko plus)
  • Herbert Rubinstein, Meine vier Leben (Griot)

„Ein Manifest für die ‚Letzte Generation'“: Bruno Latour und Nikolaj Schultz rufen zum ökologischen Klassenkampf auf – und wollen doch nur die Bewohnbarkeit der Welt bewahren. „Selbst wenn man dem revolutionären Duktus, in dem das Büchlein geschrieben ist, gegenüber skeptisch ist, erweist es sich doch als Steinbruch bedenkenswerter Ideen und Merksätze. Als konservative Intellektuelle, die das Bewahren der natürlichen Ressourcen zum Ausgangspunkt ihrer Überlegungen gemacht haben, sprechen sie zwar fortwährend von Wandel und Erneuerung, aber nie von einer rabiaten Beseitigung alles Vorhandenen. Selbst das Prinzip des Staates kann von der ökologischen Klasse noch gebraucht werden.“

  • Bruno Latour, Nikolaj Schultz, Zur Entstehung einer ökologischen Klasse. (a. d. Franz. v. B. Schwibs; Suhrkamp)

„Wie es nach dem Bösen weitergehen kann“: Leon Weintraub war als Jugendlicher im Getto Lodz, erlebte den Antisemitismus im Polen der sechziger Jahre und berichtet von Schmerz, Leid und dem Wunsch nach Versöhnung. „Eine Erzählung, die für Leon Weintraub auch die Aussicht auf Versöhnung eröffnet. Vorausgesetzt, darauf besteht er, alle wollten daran mitwirken. Eine beeindruckende Erzählung.“

  • Leon Weintraub, Magda Jaros, Die Versöhnung mit dem Bösen. (a. d. Poln. von Jan Obermeier; Wallstein)

„Ganz normale Familien“: Aber ich lebe, eine Graphic Novel zu den Erinnerungen von jüdischen Kindern im Holocaust. „Die Zeichnungen zeigen ganz eigene Handschriften, Yelin für die Finsternis des KZs, Libicki für den von ihr scharf ausgeleuchteten Horror in Wald und Flur, Seliktar für die grau-in-graue Welt, in der Kinder stets verschwiegen sein müssen. Hinten kommen Erzählerin und Erzähler direkt zu Wort, dazu gibt es Texte zum Kontext, so dass Aber ich lebe am Ende auch ein Kompendium zu Kindern im Holocaust ist.“

  • Yelin/Libicki/ Seliktar, Aber ich lebe. Vier Kinder überleben den Holocaust. (a. d. Engl. v. Rita Seuß; Beck)
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