Christian Busch über "Erfolgsfaktor Zufall" (Murmann) „Auch im Privatleben hilft das Buch, neue und bedeutsame Verbindungen zu schaffen“

Christian Busch: „Dieses Buch unterscheidet sich aber grundlegend von anekdotischen Selbsthilfebüchern. Vielmehr gibt dieses Buch einen ganzheitlichen, wissenschaftlich fundierten Einblick in die Frage, wie glückliche Zufälle erleichtert, genutzt und aufrechterhalten werden können“

Christian Busch hat ein Jahrzehnt damit verbracht, zu erforschen, wie unerwartete Momente unseren sozialen Alltag erweitern und neue berufliche und private Möglichkeiten schaffen können. In seinem Buch Erfolgsfaktor Zufall (Murmann)  schreibt er über „die verborgene Kraft, die, mehr als wir glauben, unser Leben formt“: der Zufall. Anlass für Fragen:

BuchMarkt: Worum geht es in dem Buch? 

Christian Busch: Das moderne Leben ist voller zufälliger Begegnungen, geänderter Pläne, verspäteter Reisen, menschlicher Fehler und anderer Missgeschicke. Aber was wäre, wenn wir diese Unvorhersehbarkeit zu unserem Vorteil nutzen könnten? Als ich als Jugendlicher einen Autounfall hatte, hörte ich mit, wie einer der Polizisten am Unfallort sagte: „Mensch, der lebt ja noch!“ Das Erlebnis stürzte mich damals in eine Sinnkrise, seither mache ich mir Gedanken zum Thema Zufall, Glück, Sinn und Erfolg. Nach meiner Karriere als Unternehmer habe ich als Forscher an der London School of Economics (LSE) und New York University (NYU) ein Jahrzehnt damit verbracht, zu erforschen, wie unerwartete Momente unseren Blick auf die Welt verbessern, unsere sozialen Kreise erweitern und neue berufliche und private Möglichkeiten schaffen können. In »Erfolgsfaktor Zufall« geht es um die Kunst und Wissenschaft hinter der verborgenen Kraft, die oft unser Leben formt: den glücklichen Zufall. Das Buch zeigt, dass wenn wir lernen, Zufälle zu erkennen und zu nutzen, wir die Ungewissheit als Weg zu einem freudigeren, zielgerichteteren und erfolgreicheren Leben nutzen können.

Wie entstand die Idee, darüber ein Buch zu schreiben? 

Ich hatte früh in meinem Leben eine Nahtoderfahrung – den zuvor angesprochenen Autounfall. Diese Erfahrung machte mir bewusst, wie schnell das Leben vorbei sein kann. Ich stellte mir Fragen wie „Wer würde zu meiner Beerdigung kommen?“ oder „Welche Fußabdrücke habe ich hinterlassen?“ – mit teilweise deprimierenden Antworten.

Seitdem sind Sie auf Sinn-Suche?

Mir wurde damals klar, dass es mir Spaß macht – und Sinn gibt – Menschen und Ideen miteinander zu verbinden. Ich habe damals als Unternehmer und Community-Builder angefangen und bin dann mehr und mehr in die Forschung gegangen. „Serendipität“ (engl. „Serendipity“) war für mich ein ständiger Begleiter. Es hat mich fasziniert, dass die erfolgreichsten, inspirierendsten und interessantesten Menschen intuitiv Praktiken kultivieren, die dieses „aktive Glück“ wahrscheinlicher machen. Ich fand es spannend zu schauen, ob es Muster dahinter gibt – und ob die Wissenschaft uns helfen kann, effektive Rahmenbedingungen für Serendipität in unserem Leben zu identifizieren und zu fördern. Die Idee zum Buch entstand zufällig im Urlaub, als ich mit Freunden realisierte, dass dies ein spannenderes Buch sein könnte, als ein Buch über »Profit und Sinn«, was mein damaliges Schwerpunktthema war, aber bei meinen Freunden gnadenlos durchfiel.

Was war dabei die besondere Herausforderung?

In Deutschland ist der Begriff „Serendipity“ bzw. „Serendipität“ deutlich weniger geläufig als in englischsprachigen Ländern. Wir haben deswegen im Titel mehr auf „Zufall“ fokussiert – und dann im Buch den Bogen von Zufall und Serendipität (den Zufall nutzen) gespannt. Das Team des Murmann Verlags, vor allem Lukas Schmitt und Peter Felixberger, waren da absolut genial.

An welche Leserschaft richtet sich das Buch?

Dieses Buch richtet sich an alle, die ihre eigene Zukunft gestalten wollen. Es könnte bequem in einer Rubrik neben Büchern über Glück und das Unerwartete stehen (z.B. Nassim Taleb), in einer Rubrik über Innovation, Unternehmertum, und Kreativität (z. B. Adam Grant, Malcolm Gladwell), aber auch Self-Help, Psychologie oder Karriere. Dieses Buch unterscheidet sich aber grundlegend von anekdotischen Selbsthilfebüchern.

Inwiefern?

Es gibt einen ganzheitlichen, wissenschaftlich fundierten Einblick in die Frage, wie glückliche Zufälle erleichtert, genutzt und aufrechterhalten werden können. Und letztendlich ist dieses Thema nicht nur im Kontext Karriere und Unternehmen relevant. Auch im Privatleben hilft das Buch, neue und bedeutsame Verbindungen zu schaffen – sei es im Hinblick auf Familie, Freundschaften oder Beziehungen.

Wir leben in unsicheren Zeiten, und Menschen sind mit einer noch nie dagewesenen Unsicherheit konfrontiert. Dieses Buch gibt wissenschaftlich fundiert die dringend benötigte Hoffnung – und ganz konkrete Methoden – um in einer sich schnell verändernden Welt ein sinnstiftendes und erfolgreiches Leben führen zu können. Es zeigt klare Wege und Strategien auf, wie man glückliche Zufälle wahrscheinlicher macht – und ist so ein Handwerkszeug, um das Heft des Handelns in unsicheren Zeiten wieder selbst in die Hand zu nehmen.

Mit welchem Argument kann der Buchhändler es im Laden ideal verkaufen?

Das Hauptargument ist sicherlich, dass das Buch auf wissenschaftlicher Evidenz aus meiner Forschung an der New York University und der London School of Economics basiert, gleichzeitig aber kein Theoriewerk ist, sondern mit ganz konkreten Methoden und inspirierenden Geschichten gespickt ist – die Leserinnen und Leser die Erkenntnisse aus dem Buch also direkt anwenden können. Das zeigen mir auch die Rückmeldungen, die ich zum Buch bekomme. So beispielsweise von der Bestsellerautorin Arianna Huffington: „Ein kluges, spannendes und lebensveränderndes Buch“. Die große Resonanz auf das Buch gerade in Deutschland – von DER SPIEGEL über Wirtschaftswoche bis zur Süddeutschen Zeitung – hat mich und meinen Verlag selbst ein wenig überrascht. Das zeigt aber wiederum, dass das Buch im Leben von vielen Menschen direkte Anknüpfungspunkte schafft: Der Zufall trifft uns alle, ob wir wollen oder nicht. Es liegt aber an uns, ob wir uns ihm ausliefern, oder ihn produktiv nutzen.

Welche drei Wörter beschreiben das Buch gut?

Hoffnungsvoll, lebensbejahend, anwendungsorientiert.

Wie sähe ein Schaufenster zum Titel aus?

Mich hat es sehr gefreut, dass ich gleich in der ersten Woche nach Erscheinen meines Buches in meiner Heimatstadt Heidelberg bei Schmitt&Hahn aus meinem Buch lesen durfte – und die Kolleg*innen vor Ort haben auch gleich so ein grandioses Schaufenster für den Titel gestaltet, dass ich auf die Frage nach dem optimalen Schaufenster glücklicherweise nicht im Konjunktiv antworten muss.

Welche Frage, die wir nicht gestellt haben, hätten Sie dennoch gerne beantwortet?

Was kann ich selbst tun, um den Zufall für mich zu nutzen?

Hier können Sie dies nun tun:

Zwei Dinge sind meiner Erfahrung nach besonders wirkungsvoll. Die erste Strategie ist, in Gesprächen Haken zu setzen: Indem man einige Beispiele von Themen die eine/n gerade interessieren, in Konversationen einbringt, erhöht man die Wahrscheinlichkeit, dass die andere Person bei einer Gemeinsamkeit einhaken kann. So könnte man auf die Frage „Was machen Sie so beruflich” antworten: „Ich bin Buchhändler:in, in meiner Freizeit beschäftige ich mich derzeit aber mit moderner Kunst“. Die Hakenstrategie öffnet so die Tür für Antworten wie: „Mensch so ein Zufall, ich habe gerade eine Galerie eröffnet, kommen Sie doch gerne mal vorbei!“

Die zweite Strategie ist scheinbar paradox: Planung ist gut, aber wir können das Unerwartete mit in unsere Planung aufnehmen. Beispielsweise, indem wir in einer Besprechung fragen: „Was hat Euch letzte Woche überrascht?“ Dies führt dazu, dass Menschen nicht nur auf die negative Abweichung von Plänen fokussieren, sondern den Blick auf die positiven, überraschenden Seiten von unerwarteten Ereignissen weiten – Kinder beispielsweise finden oftmals Geld auf der Straße, weil sie die Augen „offen halten“. Das Gehirn funktioniert wie ein Muskel, den wir trainieren können. Wenn wir uns vornehmen, in Gesprächen intensiver auf Assoziationen zu achten und Verbindungslinien zu ziehen, fängt unser Gehirn automatisch an, mehr und mehr Verknüpfungen zu erkennen – viele von ihnen scheinbar unerwartet.

Franziska Altepost

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