Klaus Kluge über das erste wieder "analog" mögliche Branchentreffen Ende Mai zur LIT:potsdam „Es spricht für unsere Branche, dass wir Dinge möglich machen, die als nicht machbar eingeschätzt werden“

Nach drei ausgefallenen Buchmessen wird am 31. Mai die Konferenz Schreiben und Publizieren im digitalen Zeitalter (die Eröffnungsveranstaltung der LIT:Potsdam) wieder das erste analoge Treffen der Buchbranche sein. Was war dabei alles zu beachten, worauf kann man sich freuen, wer kann teilnehmen? Fragen wie diese waren Anlass für unser heutiges Sonntagsgespräch mit Klaus Klugedessen Agentur die Tagung entwickelt hat:

Klaus Kluge: „Ich finde, das spricht sehr für unsere Branche: Zuversicht und Vertrauen, dass auch dann Dinge möglich sind, wenn sie als allgemein nicht machbar eingeschätzt werden – nämlich die seit langem so vermisste persönliche Begegnung“

Sie versprechen, dass Ende Mai erstmals wieder ein Medienkongress stattfinden wird?

Klaus Kluge: Ja. Dass wir uns nach dieser langen Durststrecke aber wieder ‚live‘ mit BranchenvertreterInnen treffen können, ist letztlich Sabine Haack vom Büro für Kultur und Konzept Potsdam, ihren MitarbeitInnen sowie dem Vorstand der LIT:potsdam zu danken, die zunächst mal die entscheidenden Voraussetzungen geschaffen haben.

Was war denn die größte Hürde?

Die aufmerksame Lektüre der Novellen der Eindämmungsverordnung der Landesregierung von Brandenburg §7 Abs. 2 EindV. Mit der galt es sich täglich neu auseinanderzusetzen.

Wo lagen und liegen denn deren Tücken?
Etwa darin, dass „berufsbedingte Veranstaltungen ohne Unterhaltungscharakter“ – also beispielsweise Fachkongresse – genehmigt werden können, wenn sie zum einen unter freiem Himmel stattfinden und zum anderen, das ist jetzt etwas schmerzlich, eben spaßbefreit daherkommen. Wir werden uns also um Ernsthaftigkeit bemühen …
… das aber wenigstens unter freiem Himmel. Was heißt das nun genau?
Es ist dem bestens vernetzen Vorstand der LIT:potsdam unter ihrem Vorsitzenden Richard Gaul und der Künstlerischen Leiterin des Festivals, Karin Graf, gelungen, den direkt neben der Glienicker Brücke gelegenen Garten – eigentlich ist es ein Park – der Villa Schöningen für diesen Tag nutzen zu können. Und das Festival verfügt über ein mobiles Konferenzsystem, das jedem Teilnehmer ermöglicht, in gebotenem Abstand zu sitzen oder mit Kopfhörern durch den Park zu wandeln und den Beiträgen zu lauschen. Dabei: es gilt das gesprochene Wort; es gibt keinerlei Beamer- oder sonstige digitalen Präsentationen.
Das ist auch mal ganz schön, aber was ist, wenn die Inzidenz Ende Mai wieder in die Höhe schnellt? 
Bei einer Inzidenz von über 165, darauf weist die Stadt Potsdam ausdrücklich hin, bliebe die Gartenpforte dann doch geschlossen.
Und womit wäre noch zu rechnen?
Es kann auch neue Rechtsverordnungen geben, die wir heute noch nicht kennen. Es kann hageln, schneien, stürmen. Diese Wahrscheinlichkeit schätzen wir allerdings als gering ein.
Ich bin neugierig, wie kommen eine neue Agentur wie werkside und Sie dazu, diesen Tag zu organisieren? Doch sicher nicht als Experten dafür, dass es nicht unterhaltsam sein darf …
werkside ist in der Tat ein erst vor wenigen Monaten gegründete Unternehmen, das noch nicht als Tagungsveranstalter aufgetreten ist. Aber wer uns als Personen kennt, weiß, um was es uns geht: wir möchten, in welcher Form auch immer, Autorinnen und Autoren eine Bühne geben, sei sie nun digital oder physisch erlebbar. Und dafür die richtigen Rahmenbedingungen schaffen.
Was gehört für Sie zu den Rahmenbedingungen?
Dazu zählt die Einbindung der Verlage, der Medien, von Influencern, Bloggern, Multiplikatoren aller Art. Und letztlich natürlich auch des unabhängigen Buchhandels, der mir ganz persönlich sehr am Herzen liegt. Dazu gibt es eine Vielzahl an Projektideen, die peu a peu angegangen werden.
Und wie kamen Sie mit der LIT:potsdam zusammen?
Über die von mir sehr geschätzte Literaturagentin Karin Graf, die Kuratorin des Festivals ist. Sie bat eine ebenfalls hochgeschätzte und in der Medienszene bestens vernetzte Kollegin und mich, ob wir nicht das Konzept zu einem Medienkongress entwickeln könnten, Schwerpunkt: wie verändert die Digitalisierung bis hin zur KI das kreative Schaffen von Autoren, Journalisten, Redakteuren, was sind die langfristigen Auswirkungen auf bestehende Geschäftsmodelle.
Das genau hat mich sofort angefixt, als ich vor ein paar Tagen das komplette Programm las. Die Themen sind spannend, die Teilnehmer prominent, aber auch so, dass man sie nicht unbedingt auf dem Zettel hatte. 
Dann scheint unser Konzept ja aufzugehen. Wir wollten tatsächlich eine Mischung aus bekannten Namen und solchen, die nicht reflexartig auf die Bühne gerufen werden
Das ist gut gelungen.
Was uns besonders freute – es gab kaum eine Absage, und wenn, dann nur, weil wir das ‚digitale Zuschalten‘ von vorneherein ausgeschlossen hatten. Ich finde, das spricht auch sehr für unsere Branche: Zuversicht und Vertrauen, dass auch dann Dinge möglich sind, wenn sie als allgemein nicht machbar eingeschätzt werden – nämlich die seit langem so vermisste persönliche Begegnung.
Und auf wen freuen Sie sich nun besonders?
Ich denke, dass wir von Peter Seeberg viel über KI erfahren werden, und das als Einstimmung in einen solchen Tag ist sicher hochinteressant. Freuen tue ich mich auf die Moderation von Torsten Casimir, denn davon hängt letztlich ab, was für schlaue Antworten auf schlaue Fragen kommen – und ob es zu einem wirklichen Gespräch zwischen den je vier TeilnehmerInnen kommt. Ach, und natürlich auf den ‚Agent Provocateur‘ Schlecky Silberstein, wir dürfen nur nicht zu laut lachen, siehe § 7 Abs. 2 EindV.
Die Veranstaltung ist kostenlos. Das überrascht angesichts der Zugkraft der Podiumsgäste.
Das ist schlicht der Tatsache geschuldet, dass die Konferenz unter anderem aus  Mitteln der EVP-Fraktion des Europäischen Parlaments gefördert wird. Der europäische Blickwinkel war uns wichtig; die Digitalisierung kennt nun mal keine nationalen Grenzen. Begrenzt an diesem Tag ist allein die Zahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Leider pandemiebedingt und nach heutigem Stand auf maximal einhundert. Deshalb gilt, wie stets im Leben: First come, first served! Aber – wer weiß: Vielleicht hat in Potsdam bis dahin auch die Bundesnotbremse gezogen. Bei einer Inzidenz unter 100 und neuer Rechtsverordnung könnten dann deutlich mehr Interessierte dabei sein.

Die Fragen stellte Christian von Zittwitz

Hier gehts zur Anmeldung: konferenz@litpotsdam.de

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Die neunte Ausgabe des Festivals LIT:potsdam „Starke Worte. Schöne Orte.“ findet vom 1. bis 6. Juni statt, den Auftakt bildet am 31. Mai die Tagung „Schreiben und Publizieren im digitalen Zeitalter“, im Auftrag von LIT:potsdam durch die Agentur Werkside entwickelt, gefördert von der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament sowie aus Mitteln des Bundesprogramms Neustart Kultur. Nähere Informationen zum Gesamtprogramm unter www.litpotsdam.de