Idylle trifft Alptraum in der Toskana Gibt es den Ort Morcone wirklich, Herr Ulrich?

Immer freitags hier ein Autorengespräch: In dieser Woche mit Stefan Ulrich zu seinem neuen Roman „Die Morde von Morcone“(Ullstein)

Geschichten erzählen und Geschichten (vor)lesen (lassen), das hat Stefan Ulrich fasziniert, als er noch gar nicht lesen und schreiben konnte. Doch im Leben hat er erst einmal Umwege genommen, aus Pragmatismus, Bequemlichkeit, warum auch immer. Jurastudium, Referendarzeit, Promotion. Als Volontär, Redakteur und Auslandskorrespondent der Süddeutschen Zeitung fand er dann doch zum Schreiben. In seinen Korrespondentenjahren in Rom und Paris entstanden die Buch-Bestseller Quattro-Stagioni, Arrivederci,Rom! und Bonjour la France! Heute lebt Stefan Ulrich mit Frau, Tochter und Sohn in München und versucht mehr oder weniger erfolgreich, dem rauen bayerischen Klima einen mediterranen Garten abzutrotzen. Daneben reist er so oft er kann nach Italien und Frankreich. Die Morde von Morcone (Ullstein) sind sein erster Roman. Seine Wünsche für die Zukunft: Schreiben, reisen – wenn möglich in netter Gesellschaft. Wir haben mal genauer nachgehakt:

BuchMarkt: Herr Ulrich, worum geht es in Ihrem neuen Buch?

Stefan Ulrich: „In einem Roman kann ich mich viel freier bewegen. Entscheidend ist nicht, was geschieht, sondern was geschehen könnte!“

Stefan Ulrich: Der Münchner Rechtsanwalt Robert Lichtenwald steckt in einer Lebenskrise und zieht sich in sein Ferienhaus in der Südtoskana zurück, um wieder zu sich zu finden. Bei einer Wanderung stößt er an einer Schwefelquelle auf eine Leiche, in die ein Buchstabe eingeritzt ist. Kurz darauf werden in der Gegend um den mittelalterlichen Ort Morcone weitere Menschen ermordet und mit rätselhaften Zeichen versehen. Morcone steht unter Schock. Die Menschen warten voller Angst auf das nächste Verbrechen. Die Carabinieri tappen im Dunkeln. Gegen seinen Willen wird Lichtenwald in die Ermittlungen hineingezogen. Gemeinsam mit der Lokalreporterin Giada Bianchi macht er sich auf die Suche nach dem Täter, um die Morde zu stoppen und so auch sein Leben zu retten.

Sie sind im Hauptberuf Journalist. Da geht es um Fakten. Warum haben Sie einen Roman geschrieben, also Fiktion?

Vielleicht gerade deshalb. Als Journalist muss ich wiedergeben, was passiert ist. Ich darf nicht mit der Wirklichkeit spielen, andere Möglichkeiten ausloten, der Fantasie Raum geben. Und ich bin ins Korsett einer bestimmten Artikellänge gezwungen. In einem Roman kann ich mich viel freier bewegen. Entscheidend ist nicht, was geschieht, sondern was geschehen könnte. Ich darf mir  Menschen ausdenken, sie mit einem Schicksal ausstatten, sie in Situationen führen, in denen sie sich beweisen müssen. Das hat etwas Leichtes, Spielerisches. Das ist das eine. Zum anderen liebe ich Bücher mit Geschichten, seit mir meine Großmutter vor fast einem halben Jahrhundert die ersten Kinderbücher vorgelesen hat. Da liegt es nahe, auch einmal selbst einen Roman zu schreiben.

Warum haben Sie die Maremma als Schauplatz ausgewählt?

Auch das hat letztlich mit der Kindheit zu tun. Ich habe mich in Italien verliebt, als meine Eltern mich als Sechsjährigen dorthin ans Meer mitnahmen. Seitdem lässt mich das Land nicht mehr los. Später bin ich dann kreuz und quer durch Italien gereist und habe viele zauberhafte Orte gefunden. Doch erst als ich in die Südmaremma kam, hatte ich das Gefühl: Jetzt bin ich angekommen. Hier und nirgendwo anders würde ich gerne leben.

Haben Sie den Krimi in der Maremma recherchiert und geschrieben?

Recherchiert ja. Ich war in Florenz, um mir die Schauplätze für das Buch anzusehen. Ich war in Trattorien, Abteiruinen, auf einem Fischerboot, an Stränden, in Etruskergräben, Bars, Zeitungsläden und in Landstädtchen, die sich dann, verfremdet, in den „Morden von Morcone“ wiederfinden.  Und ja, ich hätte das Buch am liebsten auch in der Maremma geschrieben. Aber das war, aus verschiedenen Gründen, nicht möglich. So ist das Buch in einem Dachzimmer in München entstanden -mit Blick Richtung Süden.

Durch Klick aufs Cover gehts zum Buch

Gibt es den Ort Morcone wirklich?

Ja. Aber er heißt nicht so. Wer ihn in der Maremma sucht, der wird ihn finden.

Mit welchem Argument kann der Buchhändler das Buch am besten verkaufen?

Das Buch ist ein fesselnder Krimi, der in einer der beliebtesten Ferienlandschaften Europas spielt, der Südtoskana. Idylle und Alptraum prallen im Roman vehement aufeinander. Die Suche nach dem Täter führt den Leser tief hinein in die Geschichte und wieder hinaus in die Radikalität unserer Zeit. Zugleich enthält das Buch ein liebevolles Porträt der Maremma, ihrer Landschaft, Kultur, Küche und vor allem ihrer Menschen.

Welche Leserschaft soll angesprochen werden?

Der anspruchsvolle Krimi-Leser, der spannende Unterhaltung sucht und nebenbei etwas über Land und Leute, Geschichte und Kultur erfahren möchte.

Was erwarten Sie sich von einem Krimi?

Glaubwürdige, kantige Figuren, einen stimmigen Plot, dichte Atmosphäre, Spannung, eine unheimliche Note, die gern aus der Historie kommt.

Was lesen Sie selbst aktuell/gerne?

Ich lese gerne Krimis und Thriller, aber auch klassische Romane, die eine Gesellschaft und ihre Zeit porträtieren.  Und ich lese gern Geschichten von Menschen, die Ungewöhnliches wagen, um ihren Traum zu erfüllen. Zu meinem Lieblingsschriftstellern gehören so unterschiedliche Autoren wie Ernest Hemingway und James Joye, Fred Vargas, Wolfgang Koeppen, Dan Brown, Elsa Morante, Cesare Pavese, Niccoló Ammaniti, Patrick Süskind, Bernard Minier, Gabriel Garcia Márquez und Stephen King. Gerade lese ich: Freedom von Jonathan Franzen und 7-7-2007 von Antonio Manzini.

Die Fragen stellte Franziska Altepost

In der vergangenen Woche sprachen wir mit Michael Wolffsohn zu seinem neuen Buch „Deutschjüdische Glückskinder“

 

Kommentare (0)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert