Berni Mayer über sein Buch "Das vorläufige Ende der Zeit" (Dumont) „An alle, die schon so einiges mitgemacht haben im Leben. Oder Angst vor grauenhafter Langeweile haben“

Was, wenn es möglich wäre, alles rückgängig zu machen und das Leben in eine andere Richtung zu lenken? U.a. dieser Frage geht Berni Mayer, der sich schon eine ganze Weile mit dem „Konzept der Zeit“ beschäftigt hat, in seinem Buch Das vorläufige Ende der Zeit (Dumont) nach. Anlass für Fragen:

Berni Mayer: „Vielleicht ist das Buch ja Literatur im besten Sinn: Fantasievoll, aber in seinen Fragen gleichzeitig zeitgemäß und zeitlos. Und so menschlich, dass es weh tut“

BuchMarkt: Worum geht es in dem Buch?

Berni Mayer: Auf einem verlassenen jüdischen Friedhof in Polen (der eigentlich zu Frankfurt a.d. Oder gehört) treffen sich zwei Menschen und fragen sich, ob sie selbst daran schuld sind, dass es ihnen gerade so dreckig geht. Die Archäologin Mi-Ra hat eine schlimme Beziehung und eine schlimme Kindheit hinter sich, der Friedhofswärter Artur hat sein Kind und seine Ehe verloren. Und dann taucht da dieser ominöse Verleger auf und macht den beiden ein Angebot: vielleicht könnt ihr eure Fehler wieder gut machen. Vielleicht könnt ihr der Zeit eins auswischen.

Wie entstand die Idee, über dieses Thema überhaupt ein Buch zu schreiben?

Ich habe mich schon eine Weile mit dem Konzept der Zeit beschäftigt. Wie nehmen wir sie wahr? Was sagt die Uhr, also die industrielle Zeit, und was die Quantenphysik zum Konzept der Zeit, wie werden wir sie in Zukunft messen und vielleicht sogar beeinflussen können. Und falls wir sie beeinflussen können, können wir uns dadurch auch heilen? Trauer und Traumata kenn ich aus den letzten Jahren nur zu gut, da lag es nahe, das alles in Bezug zur Zeit zu setzen. Und damit zu überlegen, ob Erinnerungen nicht auch eine Form von Zeitreisen sind, wie zum Beispiel der Neurowissenschaftler Dean Buonomano in seinem Buch „Your Brain Is a Time Machine“ suggeriert. Außerdem war da noch dieses clevere kleines Sartre-Buch namens „Das Spiel ist aus“, das mich beeinflusst hat. Und es hat auch noch was mit Pilzen zu tun, aber darauf möchte ich lieber nicht näher eingehen.

Welche Wörter schreiben sich leichter: Die ersten oder die letzten?

Die ersten, da habe ich meistens noch einen sehr exakten Plan und die Kontrolle über die Geschichte. Gegen Ende entwickeln manche Bücher und ihre Figuren eine derart heftige Eigendynamik, dass letzte Kapitel meistens ganz anders ausfallen als ursprünglich geplant. In „Das vorläufige Ende der Zeit“ fielen mir die letzten Worte aber relativ leicht. Sie lauten: „Irgendwas zu unternehmen gegen diese grauenhafte Langeweile.“ Das ist zum einen eine Anspielung auf die ersten Worte im Roman, zum anderen auch eine Art humoristischer Trost: Ja, das Leben ist ein fuck-up, aber wenigstens war’s nicht langweilig.

An wen richtet sich das Buch?
An alle, die schon so einiges mitgemacht haben im Leben. Oder Angst vor grauenhafter Langeweile haben. Und an Anhänger von Zeitreisen und Theorien vom Multiversum. Und Fans von The Mighty Boosh.

Mit welchem Argument kann der Buchhandel das Buch ideal verkaufen?

Vielleicht ist das Buch ja Literatur im besten Sinn: Fantasievoll, aber in seinen Fragen gleichzeitig zeitgemäß und zeitlos. Und so menschlich, dass es weh tut. Und dann ist auch ein bisschen comic relief dabei, weil ich zu viel Dunkelheit ja selbst kaum aushalte.

Welche drei Wörter beschreiben es aus Ihrer Sicht perfekt?

Zeit. Schuld. Liebe.

Wie sähe ein Schaufenster zum Buch aus?
Vermutlich wäre es mintfarben, irgendwo würde die Zeit angezeigt werden, aber dann eben stehenbleiben. Dazu Bücher über Zeit und Quantenphysik. Oder über Schrödingers Katze.  Und gäbe es Musik, wäre das „Clap Hands“ von Tom Waits, weil das so schwer und spooky klingt, und gleichzeitig so leicht und lakonisch.

Wird es eine Fortsetzung geben?

Hört die Zeit jemals auf? So gesehen ist jedes Buch, das ich danach schreibe, eine Fortsetzung.

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