Morgen startet die fünfte Ausgabe des Hamburger VorleseVergnügens. Fünf Tage lang werden 34 Lesungen für Kinder und Jugendliche zwischen fünf und 15 Jahren geboten. Initiator und Organisator ist das Autorenteam Hamburger Lesezeichen, zu dem Cornelia Franz, Katja Reider, Kai Pannen und Andreas Schlüter gehören. Zwei von ihnen haben unsere Fragen beantwortet.
Fünf Jahre Hamburger VorleseVergnügen – hat sich in dieser Zeit etwas an Ihrem Konzept verändert?
Katja Reider: Natürlich versuchen wir von Jahr zu Jahr noch besser zu werden, aber am Grundkonzept haben wir seit dem Start nicht viel geändert: Mit dem Hamburger VorleseVergnügen wollen wir Kindern und Jugendlichen Lust aufs Lesen machen. Bei unseren Veranstaltungen, den Lesungen und Workshops, kann man nicht nur zuhören, sondern den Menschen hinter dem Buch entdecken, Fragen stellen, mit den Autorinnen und Autoren ins Gespräch kommen oder selbst kreativ werden. Soweit wir wissen, sind wir hierzulande das einzige Lesefestival, das von Kinderbuchautoren selbst initiiert wurde. Durch unsere persönlichen Erfahrungen wissen wir recht genau, was ankommt und was nicht – und können das Lesefestival auch für unsere Kolleginnen und Kollegen angenehm machen. Wer selber schon mal auf einer Lesereise im November als einziger Gast in einer Pension in der Pampa gehockt hat, wo es weit und weit kein Restaurant gab und der Fernseher kaputt war, der weiß, was sich Autoren wünschen…
Wurde Ihr Programm von Anfang an gut angenommen? Es ist ja nicht das einzige Vorlesefest in Hamburg …
Cornelia Franz: Wir waren selbst überrascht, wie gut unser Festival von Anfang an aufgenommen wurde. Auch in diesem Jahr waren viele Veranstaltungen schon nach zwei Tagen ausgebucht. Unsere Idee, Leseorte passend zum jeweiligen Buch-Thema zu finden, machen die Veranstaltungen zu ganz besonderen Erlebnissen. Wo sonst wird eine Geschichte über eine Zahnfee in einer Zahnarzt-Praxis vorgestellt, eine Reise-Story in der fahrenden Bahn oder ein Krimi im Polizei-Museum? Und mit den Lesungen in den Nachbarschaftstreffs der Wohnungsbaugenossenschaften erreichen wir viele Randgebiete Hamburgs. Auch der Zeitpunkt unseres Festivals ist kein Zufall: Das Hamburger VorleseVergnügen findet immer in der letzten vollen Woche vor den Schulferien statt, in einer Zeit, in der kaum noch Unterricht, sondern vor allem Ausflüge stattfinden. Wenn diese dann noch das Interesse der Kinder aufs Lesen lenken, ist das doch eine perfekte Einstimmung auf die Ferien.
Wie haben Sie sich eigentlich als Initiatoren zusammengefunden?
Katja Reider: Wir kennen uns schon viele Jahre, haben gemeinsam Lesenächte in Schulen organisiert, andere Festivals betreut, dann irgendwann das Konzept für ein eigenes Lesefestival entwickelt und Partner gesucht – mit Erfolg, wie man sieht. Wir haben alle vier Spaß daran, uns auf diese Weise ehrenamtlich in der Leseförderung zu engagieren, neben unserer eigentlichen Arbeit, dem Schreiben von Büchern… So ein Festival auf die Beine zu stellen, kostet viel Kraft und Zeit, aber es ist auch ein erfüllender Ausgleich zur Arbeit am Schreibtisch. Inzwischen haben wir natürlich viel Erfahrung – das hilft. Dennoch brauchen wir bei der Organisation unserer Lesewoche tatkräftige Unterstützung.
Wie suchen Sie die Autoren aus – und wie finden Sie all die tollen Orte für die Veranstaltungen?
Katja Reider: Da wir selber viel auf Lesereise sind, lernen wir viele Kolleginnen und Kollegen kennen, erleben diese bei Lesungen und Workshops oder hören, wessen Veranstaltungen gelobt werden, wer sich auf die Kinder besonders gut einlässt, die Lesung zum Event macht – und damit meine ich nicht unbedingt einen lauten Multi-Media-Auftritt. Viele Kollegen fesseln die Kinder mit ganz stillen, einfachen Mitteln.
Originelle Leseorte zu finden, ist jedes Jahr eine neue Herausforderung. Inzwischen haben wir natürlich ein Reservoir von ‚spannenden Orten’, die immer wieder bespielt werden wie z.B. das Tierheim oder einen Bio-Bauernhof, aber es sind auch jedes Jahr ganz neue Leseorte dabei. Ich zum Beispiel lese in diesem Jahr in einer Coaching-Akademie.
Braucht man für solch ein Festival Promis unter den Autoren?
Cornelia Franz: Die meisten Veranstaltungen finden am Vormittag während der Schulzeit statt, da ist dieser Faktor weniger wichtig. Wenn das Thema eines Buches spannend ist, ‚zieht’ auch ein Newcomer. Aber für die Lesungen am Nachmittag setzen auch wir auf besonders erfolgreiche Kolleginnen und Kollegen. Kirsten Boie zum Beispiel war schon mehrmals bei uns zu Gast, auch in diesem Jahr.
Ihre Sponsoren sind die Hamburger Wohnungsbaugenossenschaften e.V. und der Hamburger Verkehrsverbund. Wie haben Sie die gewinnen können?
Cornelia Franz: Wir haben beiden unser Konzept vorgestellt und das hat überzeugt, ebenso wie die Tatsache, dass wir bereits Erfahrung in der Konzeption von Lesefestivals hatten. Aber sicher gehörte auch etwas Glück dazu. Für beide Partner, den HVV und die Wohnungsbaugenossenschaften, ist wichtig, dass wir Veranstaltungen in ganz Hamburg anbieten und so auch viele Kinder erreichen, die sonst eher keine Lesung besuchen würden. So finden viele unserer Lesungen und Workshops in Nachbarschaftstreffs der Wohnungsbaugenossenschaften statt, quasi direkt vor der Haustür.
Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Voraussetzungen, die gegeben sein müssen, um eine Veranstaltung für Kinder erfolgreich zu machen?
Katja Reider: Dafür braucht es gar nicht viel: einen gut aufgelegten, zugewandten Autor, der/die offen für die Kinder ist, eine gute Geschichte und eine gewisse Vorbereitung durch Eltern oder Lehrerinnen und Lehrer. Wenn diese vermitteln, dass eine Lesung ein ganz besonderes Erlebnis ist, überträgt sich die freudige Erwartung und die Begeisterung für die bevorstehende Veranstaltung ganz automatisch auf die Kinder und Jugendlichen.
Die Fragen stellte Susanna Wengeler