Holger Ehling über sein Buch "Geschichte Spaniens. Von der Frühzeit bis ins 21. Jahrhundert“ (marixverlag im Verlagshaus Römerweg) „Die Herausforderung lag darin, bei aller Kürze die Würze nicht zu vergessen und gleichzeitig die Geschichte Spaniens so umfassend wie möglich darzustellen“

Holger Ehling: „Ich beschäftige mich schon seit vielen Jahren mit den Dingen, die auf der Iberischen Halbinsel und in der spanisch- und portugiesischsprachigen Welt geschehen. Und weil Spanien in diesem Jahr Ehrengast der Frankfurter Buchmesse ist, lag die Idee nahe, dass ich etwas über Spanien schreibe“

Holger Ehling, langjähriger BuchMarkt-Kolumnist und Autor hat mit Geschichte Spaniens (marixverlag) sein neuestes Buch veröffentlicht, in dem er u.a. die historischen Entwicklungen aufzeigt, die für das Verständnis des Landes unabdingbar sind und Spanien bis heute prägen. Ehling beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Iberischen Halbinsel und hofft seiner Leserschaft ein „Aha“-Erlebnis zu bescheren.  Anlass für Fragen:

BuchMarkt: Auch wenn es der Titel bereits verrät:  Worum geht es in dem Buch?

Holger Ehling: In der Tat, der Titel deckt dieses Geheimnis bereits auf: Geschichte Spaniens. Von der Frühzeit bis ins 21. Jahrhundert – deutlicher kann auf dem Buchdeckel kaum stehen, was sich im Buch verbirgt. Aber ernsthaft: Es gibt eine Unmenge von Büchern und natürlich auch von wissenschaftlichen Arbeiten zu den verschiedensten Aspekten der Geschichte der Iberischen Halbinsel. Ich persönlich lese solche Detail-Arbeiten mit großer Begeisterung, aber für diejenigen, die sich vor allem einen allgemeinen Überblick verschaffen wollen, sind solche Texte nicht unbedingt geeignet. Ich versuche, das, was ich in vielen Jahren recherchiert und gelernt habe, knapp und eingänglich zu vermitteln, in der Hoffnung, dass meine Leserschaft am Ende nicht nur Informationen erhalten, sondern auch Wissen erlangt hat.

Passt die ganze Geschichte Spaniens denn überhaupt in ein einziges Buch?

Nun, da gibt es ja die alte Redakteursweisheit: „An jedem Tag passieren genau so viele Sachen, dass davon die Zeitung voll wird.“ Natürlich bieten 200 Druckseiten nicht wahnsinnig viel Platz, um jede Ecke der spanischen Geschichte auszuleuchten. Andererseits zwingt dies mich als Schreiber zur Konzentration auf das, was wirklich mitteilenswert ist, und es vermeidet (hoffentlich), dass bei der Leserschaft Langeweile aufkommt ob der Beschreibung allzu vieler Details. Ich behelfe mir aber auch mit kleinen Tricks: In der deutschen Geschichtswissenschaft ist es ja üblich, die Namen von Monarchen in der deutschen Variante zu nennen. Ein „König Heinrich“ benötigt dann immer die Erläuterung, welcher denn eigentlich gemeint ist. Ich nenne einen spanischen Heinrich „Enrique“, einen englischen „Henry“, einen französischen „Henri“. Das ist zwar nicht wissenschaftlich, aber leicht verständlich und spart Platz im Buch.

Wie kam die Idee auf, darüber ein Buch zu schreiben?

Ich beschäftige mich schon seit vielen Jahren mit den Dingen, die auf der Iberischen Halbinsel und in der spanisch- und portugiesischsprachigen Welt geschehen. Und wenn nicht gerade Corona herrscht, wohne ich auch einen guten Teil des Jahres dort. Mein Verleger Lothar Wekel, der 2019 schon mein Buch über Lissabon veröffentlicht hat, weiß das natürlich, und weil Spanien in diesem Jahr Ehrengast der Frankfurter Buchmesse ist, lag die Idee nahe, dass ich etwas über Spanien schreibe. Er hat mir dann ein Angebot gemacht, das ich wirklich nicht ablehnen konnte. Und weil wir beide sehr tierlieb sind, haben wir auf den Pferdekopf im Bett verzichtet und uns nach fünfminütigen harten Verhandlungen auf das Projekt geeinigt.

Worin lag hierbei die besondere Herausforderung?

Die Herausforderung lag darin, bei aller Kürze die Würze nicht zu vergessen und gleichzeitig die Geschichte Spaniens so umfassend wie möglich darzustellen. Und da gibt es unendlich viel zu erzählen. Die Wenigsten wissen, dass die Iberische Halbinsel zu den am frühesten von unseren menschlichen Vorfahren besiedelten Gebieten zählt, oder dass es während der Bronzezeit im Südosten Spaniens die erste Kultur in Westeuropa gab, die man als „Staat“ bezeichnen kann. Oder dass der Reichtum an Silber so groß war, dass die Phönizier ihre Bleianker durch solche aus Silber ersetzt haben. Und so geht das weiter: Römer, Goten, al-Andalus, Kolumbus, der Imperialismus, die Inquisition, die verkrusteten Strukturen, die 1936 fast zwangsläufig den Spanischen Bürgerkrieg ausgelöst haben und, und, und…

Und welche Leserschaft möchten Sie damit erreichen?

Ottilie und Otto Normalleser sind immer mein Zielpublikum, dafür bin ich nun einmal Journalist. Einem Walther L. Bernecker oder einem Georg Bossong, die beide für mich ganz oben auf dem Treppchen der Historiker stehen, brauche ich nichts zu erzählen. Mein Buch ist sicherlich ein sehr guter Reisebegleiter, ohne Reiseführer zu sein. Aber wenn jemand im Urlaub an der Costa del Sol ist, dann verleitet mein Buch vielleicht zu einem „Aha“-Erlebnis und dazu, nicht nur in der Sonne zu braten, sondern einen Ausflug zu archäologischen Stätten zu machen. Oder wenn jemand durch die Alhambra in Granada schlendert, nimmt man mit meinem Buch vielleicht etwas bewusster wahr, nicht nur „was“ man da sieht, sondern auch „warum“ das dort so ist, wie es ist. Und wenn jemand bei oder nach der Lektüre eins, zwei, drei „Aha“-Erlebnisse hat, dann ist das schön.

Mit welchem Argument kann der Buchhandel das Buch im Laden ideal verkaufen?

Natürlich ist mein Buch zur spanischen Geschichte das schönste, beste und perfekteste, das es jemals gegeben hat. Aber ernsthaft: Das Thema wird umfassend abgehandelt, es ist gut und eingängig geschrieben, es stellt über Jahrhunderte wirkende Einflüsse und Zusammenhänge dar, die bis heute wirken – das beste Beispiel dafür ist der ewige Streit um die Autonomie der Basken und Katalanen, der seine Anfangsgründe im Mittelalter hat und Spanien als Staat bis heute zu spalten droht.

Mit welchen drei Wörtern lässt es sich perfekt beschreiben?

Informativ, unterhaltsam, lesenswert.

Nun ist Spanien Gastland der Frankfurter Buchmesse – freuen Sie sich deshalb besonders darauf?

Ich freue mich nicht nur wegen meines neuen Buches auf Spanien als Gastland, sondern auch, weil viele alte Freunde und Bekannte aus Spanien wieder auf der Messe sein werden. Die veralbern mich zwar, weil mein Spanisch stark lateinamerikanisch geprägt ist, aber diese Scherze habe ich in den Corona-Jahren sehr vermisst und freue mich schon wieder sehr darauf.

Was erhoffen Sie sich hier?

Gute Gespräche, hoffentlich gute Tapas an den Ständen und viele Informationen – derzeit bin ich in der Endphase eines weiteren, eher politischen Buchs über Spanien, im kommenden Jahr stehen zwei Bücher über Andalusien auf dem Zettel, und dazu kommt dann noch ein Projekt zur Musikgeschichte, allerdings nicht mit Spanien-Bezug, sondern über die Geschichte des Fado, dem „Sound“ Lissabons. Dass der BuchMarkt mit dem Altbier-Empfang am Dienstag wieder Gastgeber für die inoffizielle Eröffnung der Messe ist, freut mich ganz besonders. Und sogar darüber, dass der BuchMarkt den Messe-Mayer wieder von der Leine lässt, freue ich mich, auch wenn mir ein wenig bange ist beim Gedanken daran, was der Mayer wohl wieder so über mich schreiben wird …

Kommentare (0)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert