Nora Wunderwald und Lea Sophie Grünzinger über ihr Buch "on & off" (Lyx) „Wir alle sind hin- und hergerissen zwischen der Online- und Offline-Welt“

Wie perfekt muss ich auf Social Media sein? Und woran erkenne ich, dass ich süchtig nach meinem Smartphone bin? Diesen und weiteren Fragen gehen die Autorinnen Lea Sophie Grünzinger und Nora Wunderwald in ihrem Buch on & off. Für einen bewussten Umgang mit Social Media (lyx) auf die Spur. „Oftmals wissen wir gar nicht, wie sehr Social Media unser Denken, Fühlen und Handeln eigentlich beeinflusst – bis wir auf andere stoßen, denen es genauso geht“, so die jungen Frauen. Anlass für Fragen:

Lea Sophie Grünzinger (links/(c) Nils Schlaphorst) und Nora Wunderwald (c) Martin Wunderwald: „Wir haben die ursprüngliche Idee von Social Media dabei vergessen. Das Internet und unsere Smartphones sollten unser tägliches Leben erleichtern, uns bei Aufgaben unterstützen und uns dabei helfen, unsere persönlichen Ziele zu erreichen“

BuchMarkt: Worum geht es in dem Buch?

Lea Sophie Grünzinger: Social Media sind aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken. Daher wird es immer entscheidender, einen gesunden Umgang mit ihnen zu finden, der uns nicht schadet, sondern im Gegenteil bereichert – einen “bewussten Konsum”. Wie ein solcher aussieht, warum dieser so wichtig ist und wie junge Menschen ihn realisieren können, ist Thema des Buches.

Voller persönlicher Anekdoten, bewährter Tipps und anregender Selbstreflexionsübungen ist dieses Buch ein inspirierender Begleiter auf dem Weg zu einer guten Zeit auf und abseits von sozialen Medien.

Wie entstand die Idee dazu?

Nora Wunderwald: Die Idee für dieses Buch entsprang der ehrenamtlichen Arbeit bei unserem Verein “BewusstSchein e.V.”. Dort kommen wir regelmäßig mit Kindern und Jugendlichen in Kontakt, die ähnliche Herausforderungen im Umgang mit Social Media erleben, wie wir es in unserer eigenen Jugend taten. Denn die meisten Menschen wissen nicht, wie ein gesunder Social-Media-Umgang für sie aussehen kann – sie konsumieren einfach.

Unsere Motivation besteht in unserer Vereinsarbeit und in unserem Buch darin, zu vermitteln, dass durch Selbstreflexion und das Erlangen von Hintergrundwissen jede:r in der Lage ist, die bestmögliche Zeit in der digitalen Welt zu erleben. Gleichzeitig ist es uns ein Anliegen, das Leben abseits der sozialen Medien wieder stärker ins Bewusstsein zu rücken, um eine ausgewogene Balance zwischen Online-Leben und Offline-Zeit zu schaffen.

An welche Leserschaft richtet sich das Buch?

Lea: Unser Buch ist maßgeschneidert für Leser:innen im Alter von 16 bis 27 Jahren, die ihre Freizeit gerne auf Social Media verbringen – seien es Instagram, TikTok, YouTube, Dating-Apps oder Messenger-Dienste.

Mit welchem Argument kann der Buchhändler das Buch im Laden ideal verkaufen?

Nora: Unsere ersten Leser:innen sind begeistert von diesem Buch. Es zeichnet sich durch seine leichte Zugänglichkeit aus, da es in kleine, konzentrierte Kapitel unterteilt ist, die ideal zur heutigen Aufmerksamkeitsspanne passen. Der zeitgemäße und persönliche Schreibstil schafft eine starke Verbindung zwischen den Autorinnen und den Leser:innen, was die Leseerfahrung besonders einnehmend macht. Inhaltlich bietet das Buch wertvolle Einblicke und praktische Ratschläge, um das digitale Leben in vollen Zügen zu genießen. Das Thema Social Media ist äußerst relevant und präsent, und dieses Buch ermöglicht den Leserinnen, sich damit auf reflektierte Weise auseinanderzusetzen.

Welche drei Wörter beschreiben das Buch perfekt?

Lea: Zugänglich, Persönlich, Informativ

Ihr schreibt, dass ihr den Umgang mit Social Media grundlegend verändern wollt. Was meint ihr damit?

Nora: Die sozialen Medien waren ein Ort, an dem wir uns mit Personen aus der ganzen Welt vernetzen konnten – es ging um die Verbindung zwischen Menschen. Doch in den letzten Jahren scheint es mir, als ob wir eher mit den Plattformen selbst verbunden sind. Wir haben die ursprüngliche Idee von Social Media dabei vergessen. Das Internet und unsere Smartphones sollten unser tägliches Leben erleichtern, uns bei Aufgaben unterstützen und uns dabei helfen, unsere persönlichen Ziele zu erreichen.

Aktuell habe ich den Eindruck, dass sie uns bei deren Erreichung eher im Weg stehen. Deswegen glaube ich, dass es notwendig ist, unser Verhältnis zu Technologie, besonders mit Blick auf zukünftige Entwicklungen, neu zu justieren. Wir müssen grundlegende Werte definieren und festhalten, die für uns als Individuen und als Gesellschaft von Bedeutung sind. So können wir sicherstellen, dass diese Technologien wirklich uns dienen, und nicht umgekehrt.

Lea: Wir wollen, dass jede Person Social Media zu ihrem Vorteil nutzt und so, dass es ihr guttut. Dazu gehört ein Grundwissen über die Mechanismen hinter den Plattformen, die stetige Selbstreflexion und die Kommunikation mit anderen über die eigenen Erfahrungen. Social Media ist immer im Wandel. Und wir sollten darüber im Austausch bleiben, was es mit uns macht.

Ihr schreibt viel von euren persönlichen Erfahrungen. Warum war es euch wichtig, für dieses Projekt eure private Perspektive zugänglich zu machen?

Lea: Ich glaube, dass Noras und meine Erfahrungen mit sozialen Medien sich im Grunde nicht stark von den Erfahrungen unserer Leser:innen unterscheiden. Durch die Einbeziehung unserer individuellen Perspektiven, möchten wir eine Art Spiegel schaffen. Wir wollen, dass sich die Menschen in unseren Geschichten und Gedanken wiedererkennen, und wir hoffen, dass unsere persönlichen Erfahrungen dazu anregen, über die eigene Beziehung zu sozialen Medien nachzudenken und sie zu hinterfragen.

Nora: Ich denke, dass viele andere junge Menschen sich in unseren Geschichten wiedererkennen und sich damit identifizieren können. Sich verstanden zu fühlen, ist ein Wunsch, den viele in unserer Generation haben. Doch die Erfahrungen, die wir mit und durch Social Media machen, sind häufig kein Thema im öffentlichen Diskurs oder in privaten Gesprächen. Oftmals wissen wir gar nicht, wie sehr Social Media unser Denken, Fühlen und Handeln eigentlich beeinflusst – bis wir auf andere stoßen, denen es genauso geht. Mit unserem Buch wollen wir zeigen: Wir alle sind hin- und hergerissen zwischen der Online- und Offline-Welt.

Welche Aspekte des bewussten Umgangs mit Bildschirmzeiten und Online-Zeit fallen euch selbst am leichtesten und am schwersten?

Lea: Ich persönlich finde es vergleichsweise leicht zu erkennen, wann es an der Zeit ist, mein Handy beiseitezulegen, sobald ich genug vom Scrollen habe. Doch in Situationen, in denen ich auf wichtige Nachrichten warte oder mich auf etwas freue, verspüre ich Schwierigkeiten dabei, das Handy aus der Hand zu legen. Ein weiterer Bereich, der mir persönlich schwerfällt, ist der Umgang mit den Idealvorstellungen und dem Druck, den soziale Medien oft vermitteln. Ich spüre diesen ständigen Druck, besser, schneller und erfolgreicher sein zu müssen, und das setzt mich oft unter Stress.

Nora: Ich habe oft das Gefühl, dass das Scrollen auf Instagram oder TikTok mich nach einem anstrengenden Tag entspannen würde. Es vergehen dann oft Stunden, die mich in Wahrheit aber noch mehr aufwühlen, als zur Ruhe bringen. Ich verliere mich leider immer noch zu häufig in den Tiefen der endlosen Feeds – gerade bei TikTok ist es schwierig, ein Ende zu finden. Mir hilft dann meist nur, gar nicht erst auf die App zu gehen. Im Gegensatz zu früher kann ich das aber mittlerweile gut kontrollieren. Diese Art von Kontrolle zu haben, ist ein gutes Gefühl. Denn es schafft mehr Platz in meinem Leben für andere Dinge – vor allem offline.

Lea, du bist Juristin (Univ.). Hat deine rechtswissenschaftliche Expertise auch Anwendung in diesem Sachbuch gefunden? 

Lea: Ich denke, mein siebenjähriges Jurastudium hat vor allem meine Denkweise geprägt. Ich habe gelernt, dass es in vielen Fällen keine klaren ‚richtig‘ oder ‚falsch‘ Antworten gibt, sondern dass es oft auf die Abwägung von Vor- und Nachteilen hinausläuft. Und genauso verhält es sich mit sozialen Medien. Sie sind weder von Natur aus besonders gut noch besonders schlecht – sie sind im Grunde neutral. Es kommt darauf an, wie man sie nutzt und welchen Wert man ihnen in seinem Leben zuschreibt. Für einige Menschen können soziale Medien bereichernd sein, für andere können sie toxisch wirken. Diese Perspektive des Abwägens und der Neutralität findet sich definitiv in unserem Buch wieder, ohne dabei mit endlosen Paragraphenketten zu langweilen.

Nora, als YouTuberin und PR-Spezialistin bewegst du dich auch professionell im Internet und besonders auf Social Media. Wie gelingt es dir trotzdem ein Detox von sozialen Netzwerken zu machen oder die Nutzungszeiten zu reduzieren? 

Nora: Es gab im letzten Jahr einen Moment, an dem ich meine tägliche Bildschirmzeit zusammengerechnet habe. Mit Arbeit, Selbstständigkeit, Fernsehen und Social Media kam ich auf ca. 13 Stunden. Das ist über die Hälfte meines Lebens, die ich am Bildschirm verbringe! Diese Realisation hat bei mir zu einem harten Cut geführt. Es folgten drei Monate Instagram- und TikTok-Detox. Mittlerweile benutze ich die Apps viel weniger als vorher, auch weil ich gelernt habe, mein Privatleben spannender zu gestalten. Ich genieße es sehr, mit meinen Liebsten im Hier und Jetzt zu sein und das Handy nicht bei mir zu haben.

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