In seinem Regionalkrimi Hinter Liebfrauen (Gmeiner) geht es auch um Themen wie Alltagssexismus, Gewalt und Abgründe des menschlichen Daseins. „Ich bin bemüht, in all meinen Büchern die Vielfalt unserer Gesellschaft konsequent und ganz selbstverständlich darzustellen“, sagt der Autor Mario Bekeschus. Anlass für Fragen:
BuchMarkt: Worum geht es in dem Buch?
Mario Bekeschus: Ich wollte einen Blick hinter die Fassaden von (lieben) Frauen unterschiedlichster Gesellschaftsschichten wagen. Was ist Sein und was ist nur Schein? In diesem Kontext geht es auch um hochsensible (Tabu-)Themen wie Alltagssexismus, Gewalt im persönlichen Nahbereich, Zwangsprostitution und um weitere Abgründe des menschlichen Daseins, die bekannt sind, aber gerne verdrängt werden. Ebenfalls ist Diversität ein wichtiger Bestandteil des Krimis. Jung und Alt ermitteln gemeinsam und es gibt mehrere Figuren mit Migrationshintergrund sowie queere Charaktere.
Wie entstand die Idee, über dieses Thema überhaupt ein Buch zu schreiben?
Beeinflusst durch die #metoo – Debatte und Erfahrungen im persönlichen Umfeld ist bei mir der Wunsch entstanden, die o.g. Themen in einem Buch zu behandeln und ihnen damit auch eine öffentliche Sichtbarkeit zu geben. Ich sehe hier als Autor die Chance, aber auch die Verantwortung, entsprechende Botschaften zu setzen und habe schon während meiner intensiven Recherche und später durch meine Leserschaft durchweg positive Rückmeldungen hierzu erhalten.
Zudem ist Diversität eine Herzensangelegenheit für mich. Ich bin bemüht, in all meinen Büchern die Vielfalt unserer Gesellschaft konsequent und ganz selbstverständlich darzustellen.
Welche Wörter schreiben sich leichter: Die ersten oder die letzten?
Eindeutig die ersten. Die Idee ist im Kopf und will erzählt werden. In der Regel gibt es eine Stichwortsammlung für die ersten Kapitel und Recherchematerial. Der Rest ergibt sich intuitiv im Schreibfluss. Manchmal weiß ich am Anfang tatsächlich noch nicht, wie das Buch enden soll.
An wen richtet sich das Buch?
Es ist natürlich ein Regionalkrimi, der sich aber auch mit gesellschaftskritischen und LGBTQ-Themen beschäftigt. Die Buchpräsentation zu Hinter Liebfrauen in der Buchhandlung Graff zählte wie auch die zum Vorgänger Gaußberg, zu den erfolgreichsten des Jahres, was das große Interesse des Lesepublikums, auch über die Grenzen Braunschweigs hinaus, bestätigt.
Mit welchem Argument kann der Buchhandel das Buch ideal verkaufen?
Wer den etwas anderen, wer nicht den klassischen Regionalkrimi sucht, wird das Buch sehr mögen, ohne auf Lokalkolorit verzichten zu müssen. Ich denke, das ist einer der Gründe, warum das Buch auch außerhalb Niedersachsen eine Leserschaft gefunden hat, was mich wahnsinnig freut.
Welche drei Wörter beschreiben es aus Ihrer Sicht perfekt?
Drei perfekte drei Wörter zu finden ist eine echte Herausforderung. Vielleicht so:
– spannend
– divers
– berührend
Wie sähe ein Schaufenster zum Buch aus?
Da gibt es viele Möglichkeiten. Regionale Motive aus Braunschweig und dem Harz, queere Symbole, wie die Regenbogenfahne, oder Utensilien aus der Polizeiarbeit. Eine Hannoversche Buchhandlung hatte meinen Debütkrimi »Gaußberg« seinerzeit mit einem Polizeiblaulicht und rot-weißem Absperrband im Schaufenster präsentiert. Das konnte wirklich niemand übersehen und das hat mir gut gefallen.
Wird es eine Fortsetzung geben?
Der 3. Fall für Wim Schneider befindet sich beim Gmeiner-Verlag derzeit im Lektorat und soll im Februar 2024 erscheinen. Den Titel verrate ich aber noch nicht. Nur so viel: Es wird sehr blutig und bizarr zugehen in Braunschweig, Hannover und im Landkreis Helmstedt. Aktuell schreibe ich bereits an Band 4 der Reihe.
Es handelt sich bei allen Büchern übrigens um in sich abgeschlossene Kriminalfälle. Wer Interesse an der Weiterentwicklung der Serienfiguren hat, dem empfehle ich aber die Bücher in der entsprechenden Reihenfolge zu lesen.
Welche Frage, die wir nicht gestellt haben, hätten Sie dennoch gerne beantwortet? Hier können Sie dies tun:
Bei Lesungen werde ich oft gefragt, wie viele Bände ich zur Wim Schneider-Reihe plane. Also möchte ich auch ich auch hier etwas dazu sagen. Ich hatte immer die Ideen für vier Krimis die insgesamt ein Jahr im Leben meines Kommissars abbilden sollen. Wie es danach weitergeht, weiß ich noch nicht. Vielleicht gibt es das perfekte Ende, vielleicht aber auch eine Fortsetzung. Auf jeden Fall habe ich ein schriftstellerisches Ausreißerprojekt im Kopf, denn die Auseinandersetzung mit gesellschaftsrelevanten Themen hat mich da auf eine spannende Idee gebracht.