Der Beruf von Jana Ringwald spielt sich im Verborgenen ab. Die dunkle Seite des Internets, das Darknet, ist ihr Ermittlungsumfeld. Es hat sie zu Deutschlands Cyberstaatsanwältin gemacht. Nun hat sie mit Digital. Kriminell. Menschlich (Murmann) ihr erstes Buch geschrieben. Anlass für Fragen:
Diese Frage stellen wir immer zuerst: Worum geht es in dem Buch?
Jana Ringwald: In meinem Buch geht es um meinen Alltag als Cyberstaatsanwältin, um Fälle, die ich bearbeitet habe und die großen Veränderungen, die Cybercrime für Polizei und Justiz, aber auch für die Menschen bedeutet. Ich erzähle davon, wie unsere althergebrachten Vorstellungen von Tätern, Opfern und Strafverfolgern durch die Digitalisierung verschoben werden und wie wir mit dem Fortschritt mithalten. Vor allem aber erzähle ich von den menschlichen Erfahrungen, die meine Arbeit mindestens ebenso sehr prägen wie Daten und Gesetze. Ich würde sagen, es ist ein sehr persönliches Buch, das einen gespannt lesen, aber auch lachen und weinen lässt.
Wie entstand die Idee, darüber ein Buch zu schreiben?
Es gibt so viele True-Crime-Formate, die Menschen lesen massenweise Krimis, schauen unzählige Kriminalgeschichten. Doch über meinen Beruf ist eigentlich wenig bekannt. Das muss natürlich auch so sein, ich kann nicht alles erzählen. Aber bei uns läuft vieles zusammen. Ich schaue wie durch ein Brennglas auf die digitale Transformation unserer Gesellschaft. Cybercrime ist eine logische Folge unserer Bequemlichkeiten und unserer Lebensweise. Als Cyberstaatsanwältin darf ich im digitalen Wandel eine Pionierarbeit übernehmen, die auch für andere Bereiche des gesellschaftlichen Lebens beispielgebend ist.
Was war dabei die besondere Herausforderung?
Zwei Dinge waren für mich eine Herausforderung. Das eine ist, dass ich als Staatsanwältin grundsätzlich zur Verschwiegenheit verpflichtet bin. Das heißt, ich muss vieles weglassen. Dennoch wollte ich spannende Geschichten erzählen. Das andere ist die Gratwanderung zwischen einer unterhaltsamen und gleichzeitig informativen Lektüre. Ich möchte, dass meine Leser etwas lernen, aber auch, dass sie sich gut unterhalten fühlen. Ich denke, beides ist mir gelungen.
An welche Leserschaft richtet sich das Buch?
Mein Buch richtet sich an alle, die neugierig sind, in eine Welt zu schauen, die einem normalerweise verschlossen bleibt. An alle, die von einer Staatsanwältin hinter die Kulissen der Strafverfolgung mitgenommen werden mögen. Aber nicht, um dort Skandale und Reißerisches zu hören, das ist weder mein Stil noch mein Anliegen. Ich möchte erklären und Phänomene einordnen, die viele schon gehört haben, aber sie doch nicht ganz verstehen. Dazu gehören zum Beispiel das Darknet oder wie wir mit Kryptowährungen arbeiten.
Mit welchem Argument kann der Buchhändler es im Laden ideal verkaufen?
Noch nie zuvor hat in Deutschland eine Cyberstaatsanwältin ein Buch geschrieben
Welche drei Wörter beschreiben das Buch gut?
Digital, kriminell, menschlich. Deswegen heißt es so
Wie sähe ein Schaufenster zum Titel aus?
Cybercrime hat keine Farbe. Ebenso wenig wie die Menschlichkeit. Es ist ein positives, optimistisch stimmendes Buch. Von daher: gerne gelb. Wie die Titelschrift.
In Ihrem Buch schreiben Sie „Cybercrime-Fälle arbeitet man nicht einfach ab.“ Das klingt nach „raus aus der Komfortzone“. Was treibt Sie in Ihrem Beruf als Cyberstaatsanwältin an?
Mich treibt an, dass ich am Zahn der Zeit ermitteln und ständig an neuen Lösungen mitarbeiten kann. Langeweile gibt es bei uns nicht. Wir sind technisch, phänomenologisch und rechtlich permanent im Neuland unterwegs. Das ist eine Herausforderung und alles andere als bequem. Mein Beruf ist so spannend, wie er klingt.
Welcher Fall hat Sie am nachhaltigsten geprägt und warum?
Was mich am nachhaltigsten prägt, ist das ganze Spektrum meines beruflichen Umfelds. Es ist das Kondensat einer Vielzahl von Begegnungen, Krisen, Erfolgen, Lösungen und Wagnissen. Oftmals sind mir Situationen sehr einprägsam, die nur wenige mitbekommen. Durchbrüche, die für uns groß sind, aber nicht spektakulär. Der Fall, bei dem ich am meisten auf einmal lernen und umsetzen durfte, wird wohl noch lange Zeit „Wall Street Market“ sein, der Fall rund um einen Darknet-Marktplatz, von dem ich auch in meinem Buch erzähle.
Sie haben Ihr Buch „Digital. Kriminell. Menschlich.“ genannt. Wie können wir menschlich Cyber-Kriminalität bekämpfen?
Wir tun es bereits, und es geht auch nur so, denn auch die Kriminalität ist menschlich. Die fortschreitende Digitalisierung lässt viele glauben, es bräuchte nur noch Maschinen, Datenverarbeitung und künstliche Intelligenz, um Cybercrime zu bekämpfen. Doch das stimmt nicht. Große Ermittlungserfolge, die wir erzielt haben, gingen stets auf den Ideenreichtum, den Mut und den Zusammenhalt von Menschen zurück. Ich würde sogar sagen: je mehr sich die Welt digitalisiert, desto menschlicher müssen wir unsere Prozesse gestalten, um erfolgreich zu sein. Maschinen werden uns nie ganz ersetzen. Wieso das auch für die digitale Cybercrime-Bekämpfung gilt, davon erzähle ich in meinem Buch.
Die Fragen stellte Franziska Altepost