Vor zehn Jahren ist [Albert Hirsch mit buch.de gestartet, heute wird das im kleinen
„10 Jahre in der Internetwelt sind wie 100 Jahre
im normalen Leben“
Kreis gefeiert – Anlass für DREI FRAGEN an einen der Pioniere des Online Buchhandels.
Wie sah die Online-Welt bei Ihrem Start aus?
Albert Hirsch:] Sie haben es gerade mit dem mir angeheftete Ettikett „Pionier“ gesagt: Pionierhaft! Improvisation war alles. Nehmen wir zum Beispiel das Weihnachtsgeschäft 1999 – das war für alle Internethändler eine Katastrophe. Alle Anbieter wurden von dem Ansturm völlig überrascht. Damals gingen urplötzlich im Weihnachtsgeschäft fast 1.000 Prozent mehr Bestellungen ein. Die Prozesse waren gar nicht dafür ausgelegt – es war reiner Zufall, dass Kunden Produkte aus dem Internet bekamen. Heute können wir darüber lachen, und mir kommt es vor, als sei das sehr sehr lange her – dabei sind es noch nicht einmal 10 Jahre…
Was haben Sie anders gemacht, um sich in diesem Umfeld gegen so starke Konkurrenz zu behaupten?
Im Nachhinein betrachtet war es ein großes Glück, dass wir erst im November 1999 an die Börse gegangen sind und deutlich weniger Geld „eingesammelt“ haben als unsere Wettbewerber. Das hat uns zur Fokussierung gezwungen. Wir haben deshalb von Anfang an bewusst auf den deutschsprachigen Raum gesetzt. Dafür wurden wir damals von Analysten und Investoren kritisiert, weil wir nicht das gemacht haben, was die damaligen Wettbewerber vormachten: etwa Investitionen und Internationalisierung in großem Stil. Anfang 2000 gab es noch circa 5.000 Mitbewerber. Viele waren schon für das nationale Geschäft zu klein und gingen wegen der hohen Komplexität und des hohen Kapitalbedarfs ein Jahr später in Konkurs. Die buch.de internetstores AG hat mit ihrer Strategie als erste in ihrem Geschäftsumfeld den Break Even bereits im 4. Quartal 2002 geschafft. Außerdem haben wir uns auf unser Kerngeschäftsfeld konzentriert – Bücher und Medien. Wir sind ja 1998 als reiner Internetbuchhändler gestartet und haben dann bald Musik und Filme ins Sortiment aufgenommen. Und schließlich: wir hatten und haben mit unseren beiden größten Aktionären – Thalia, die ja mehrheitlich zur Douglas Holding gehören, und der Bertelsmann AG – starke Partner, die zu uns stehen und deren Möglichkeiten und Potenziale wir nutzen können.
Und wie wird die Online Welt in zehn Jahren aussehen?
10 Jahre in der Internetwelt sind wie 100 Jahre im normalen Leben. Deshalb ist eine Vorhersage genau so schwierig, wie wenn Sie mich fragen würden, wie die Welt in 100 Jahren aussieht. Was wir heute schon sehen können, sind die Trends, die das „Web 2.0“ ausmachen, also mehr aktive Teilnahme aller Nutzer am Internet, der Community-Gedanke, mehr Interaktion, mehr Multimedia… Wir haben mit unserer buch.de-Community „Alexandria“ einen ersten Schritt in diese Richtung gemacht. Wir waren auch bei den ersten, die in der virtuellen Welt „Second Life“ ihre Erfahrungen im Marketing- und PR-Bereich gesammelt haben. Man wird sehen, ob das die Richtung ist, in die sich das Internet entwickelt. Viele sprechen jetzt schon vom „Web 3.0“, wo noch niemand so richtig weiß, was eigentlich das „Web 2.0“ ist… Auf jeden Fall beobachten wir die Trends und den Markt sehr genau. Das Internet, Communities und webbasierte Interaktion mit unseren bestehenden und zukünftigen Kunden werden immer mehr zum selbstverständlichen Bestandteil unseres Lebens.
Schauen wir noch mal kurz zurück statt noch vorne: 1998 hätte niemand auch nur 10 Pfennig darauf gesetzt, dass man mit dem Verkauf von Büchern über das Internet Geld verdienen kann. Buch.de hat in seinem ersten Jahr einen Umsatz von 700.000 DM gemacht; 2007 waren es schon 65 Millionen EURO! Man muss einfach den richtigen Riecher haben und ein bisschen Glück gehört auch dazu.