Beckmanns Große Bücher, die Buchhändler und Leser bereichern können  „Es gibt keinen Plan(et) B“ ist „das Handbuch für die großen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts“

Es stimmt, was der Untertitel verspricht: „Es gibt keinen Plan(et) B“ von Mike Berners – Lee  ist „das Handbuch für die großen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts“. 

Was alle Wähler und alle Parteien über den Klimawandel wissen müssen  (Durch Klick auf Cover mehr zum Buch(

Sachbücher stellen keine geringere schöpferische Arbeit als Romane und Erzählungen dar. Auch sie sind das persönliche Werk eines Menschen, der Menschen anspricht, um uns unser Leben in der Welt zu erklären, indem er uns in der Leidenschaft ihres Engagements mitteilt. Auf den Titel, um den es hier geht,  trifft das in besonderem Maße zu. Es ist das Werk eines Wissenschaftlers, der uns wissenschaftlich klar vor Augen führt, dass wir nur dann eine Zukunft haben können, wenn wir uns  – in einer Korrektur  unserer herkömmlichen Kulturen und angestammten psychologischen Gewohnheiten – mit aller Kraft daran machen, jeder für sich und alle miteinander,  wissenschaftlich konsequent  zu denken und zu handeln.

Um das jedermann verständlich zu machen, hat er seinen gewohnten wissenschaftlichen Fachjargon an den Nagel gehängt.  Dazu hat er auch die Kästchenmethoden und Systematiken  wissenschaftlicher Einzeldisziplinen drangegeben. Hier rückt er das gro0e  Ganze in den Blick, und er tut es  lebensgerecht   – unmittelbar, situativ, in immer wieder neuen existentiellen Zuschnitten.  Ich habe den deutschen Begriff Sachbuch – für das englische „non-fiction“ – immer blöd und in irreführender Weise verengend gefunden:  Dieses  Wissenschaftsbuch in der idealen Form eines Handbuchs hat die Dringlichkeit und visionäre Kraft einer hochmodernen Philosophie des Lebens. Und sie entspringt voll und ganz der Arbeit und dem Lebensweg von Mike Berners-Lee, der das Buch geschrieben hat.   Es ist also angebracht, für ein richtiges Verständnis dieses „Sachbuchs“ und seiner Bedeutung mit dem Autor zu beginnen.  

Ein Forscher, der die allseitigen Widerstände gegen die Rettung der Umwelt aus seiner praktischen Arbeit persönlich genau kennt 

                                                                                                                                                        Mike Berners Lee stammt aus einer Familie von Mathematikern. Er hat, wie sein berühmter Bruder Tim  – der Erfinder des World Wide Web –  in Oxford Physik studiert und ist dann  Ökologe geworden. „Vor ein paar Jahren“, schreibt er, „stand der Klimawandel vollkommen im Mittelpunkt meiner Arbeit, weil es eine nützliche und praktische Vereinfachung zu sein schien, diese eine Komponente relativ isoliert vom Rest der unübersichtlichen Gemengelage aus ökologischen, politischen, ökonomischen, technologischen, wissenschaftlichen und sozialen aktuellen Problemen zu betrachten.“ Dann wurde ihm jedoch „ immer klarer, dass der Klimawandel zwar das greifbarste Umweltproblem ist, jedoch nicht das einzige, und auch nicht das letzte.“                                                                                  

„Jahrzehntelang“, so fährt er fort. „ wurde vor dem Klimawandel  gewarnt. Diese Zeit wurde jedoch durch Leugnen erfolgreich verschwendet. Zuerst leugneten wir das Problem an sich, dann die notwendige Lösung. Wir stellen uns bei der Annäherung an eine globale Lösung, die wirklich helfen würde,  schon ziemlich dämlich an.  Im Anthropozän können wir uns nicht darauf verlassen dass uns jedes Problem so intensiv vorwarnt. Wir sollten unsere globalen Steuerungsmechanismen   effektiver anwenden, denn es könnte gut sein, dass wir auf etwas viel schneller reagieren müssen, das ebenso wenig greifbar wie der Klimawandel daherkommt.“                                                                                                                                                                                                                                                          

 In dieser Richtung forscht und lehrt Mike Berners Lee einerseits als Professor for Social Futures an der britischen Lancaster University. Zudem ist er der Gründer,  Leiter und Hauptberater des der Universität angeschlossenen Small World Consulting, das im Bereich von CO-2-Messeungen, Zielen und Aktionen zu den weltweit führenden Unternehmen zählt.  Er gehört also zu den ökologischen Vordenkern und ist maßgeblich an der Entwicklung wie  Umsetzung von Antworten auf die großen Umwelt-Herausforderungen unserer Zeit beteiligt.  Es ist das Einstehen für kompromissloses wissenschaftliches Denken, die Förderung innovativer  unternehmerischer Programme  und die praktischen Erfahrungen in der Auseinandersetzung mit konservativen bzw. reaktionären Kräften in Bildung, Behörden, Politik und Wirtschaft gegen akut notwendige Reformen, welche die singuläre Problemklarheit und die Schärfe des kritischen Blicks auf die herrschenden Verhältnisse, aber auch die Radikalität  der Zukunftsperspektiven und die Erörterung pragmatischer, praktischer  demokratischer Wege aus dem gegenwärtigen Schlamassel  in diesem Titel erklärt.                                                                                                                                                                                                                                             

Mike Berners Lee spricht deutlich aus, was er sieht und denkt.  Seine Formulierungen können einem manchmal den Atem verschlagen. Sie offenbaren oftmals einen Realismus, den wir in Deutschland  (leider) nicht  gewohnt sind.  Mit dem hiesig gepflegtem Wutbürgertum hat er freilich nicht das Mindeste zu tun.  Diese Art von Realismus ist eine Voraussetzung für richtiges politisches Denken, für diemutige offene, öffentliche Rede  und für engagiertes politisches Handeln. Und -auch das ist   in unseren Landen eher selten  – Mike Berners Lee gibt die Hoffnung nicht auf,  dass eine Wende zur Besserung der Dinge möglich ist. Es macht Mut.  Mike Berners Lee macht sogar „viele Vorschläge zum Handeln.  Ich tue das, weil es so einfach ist zu behaupten, wir könnten ohnehin nichts tun, und ich möchte, dass jeder erkennt, dass das nicht stimmt.“                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   Ein Frosch in einem Kochtopf bemerkt erst, wenn es zu spät ist, dass die Temperatur steigt.“   

Das Buch  ist „quasi ein Rundumschlag“, wie der Autor selber es nennt. Es  lässt sich nicht auf eine simple neue These vereinfachen, die man dann an die Wand malen und beschreien könnte. Es ist in neun große Teile mit insgesamt rund  60 kurzen Kapiteln untergliedert. Der Autor bezeichnet es als Handbuch, „weil es Informationen zur Entscheidungsfindung auf jeder Ebene  liefern soll, vom Individuum bis zu Regierungen. Alltagstipps sind mit unterschiedlichen Botschaften für Politiker, Wähler und Unternehmer gedacht.“ Man könnte noch weitergehen und sagen: Eigentlich wirft jedes Kapitel eine Frage auf, die  es zu diskutieren gölte. Oder: {Es gibt keinen Plan(et) B] ist – was bei uns bisher fehlt und dringend benötigt wurde –  ein famoses Handbuch als Vademecum für eine demokratische Streitkultur.                                                                                                                                                                                                                                                             

Auf sie kommt es an. Denn noch ist“  die Menschheiz Sklave des Zusammenspiels wachsender Energie, Effizienz und Technologie, einer Bewegungskurve, die wir bisher nur wenig oder  gar nicht beeinflussen konnten“. Was ist denn mit den großen Versprechungen zu Klima- und Naturschutz, zur Energiepolitik oder von Politikern aller Parteien bis hin zu den Grünen, wenn Berners Lee feststellt: „Der freie Markt ist nachweislich nicht in der Lage, globale Probleme  zu lösen, die eine globale Steuerung erfordern.“                                                                                                                                                                                                                                                                                             

Nach Lektüre dieses Buches drängt sich eine Riesenfrage auf:  Müsste – wenn der hier geltende, überzeigende  Begriff von Wissenschaft und Wahrheit  wirklich Maßstab für politisches Handeln wäre – der größte Teil der offiziellen  Verlautbarungen, die sich laut auf Wissenschaft und Wissenschaftler berufen, nicht endlich als „bullshit“ abgetan werden? Und er dieses Buch gründlich liest,  wird schließlich auch auf ein unschlagbares Argument gegen jedes Infragestellen des Klimawandels stoßen.                                                                                       

Gerhard Beckmann schreibt hier regelmäßig über „große Bücher“, für Ihre Gespräche mit Kunden, die auf der Suche sind nach besonderem und relevantem Lesestoff.
Deshalb wollen wir im BuchMarkt und auf buchmarkt.de „große Bücher“ klar und deutlich profilieren. Und die deutschsprachigen Verlage darauf hinzuweisen, dass Bücher in erster Linie ein durch nichts anderes zu ersetzendes Medium zur Kommunikation mit und unter Menschen und Lesern ist, mit denen unsere Verlage  darum auch wieder so zu kommunizieren lernen müssen, dass diese Bücher von den Menschen und interessierten Lesern überhaupt gefunden werden können, als Orientierungshilfen für Buchhändlerinnen und Buchhändler, insbesondere denen, die im Ladengeschäft „an der Front“ stehen.

(Dieser Beitrag heute erscheint in leicht veränderter Form Mitte November in der vierten Ausgabe des Literaturmagazins „LesArt“, das seit vergangenem Jahr der Rostocker Sortimenter Manfred Keiper weiterführt und herausgibt. LesArt wird in mehr als 350 Buchhandlungen ausgelegt.) 

  Zuletzt schrieb Gerhard Beckmann über Jürgen Neffes „Das Ding“

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