Carlo Bernasconi

Heute Nachmittag, wenige Wochen nach seinem 64. Geburtstag am 7. September, ist Carlo Bernasconi in Zürich gestorben. Drei Chemotherapien hat er – mit unglaublichem Optimismus – überstanden. Jetzt hat er den Kampf gegen den Krebs verloren.

An seinem Geburtstag – da mailten wir zum letzten Mal miteinander – war er noch zuversichtlich, doch noch nach Frankfurt zur Buchmesse kommen zu können. Aber sein Gesundheitszustand verschlechterte sich so rapide, daß daran nicht mehr zu denken war.

Carlo Bernasconi
Carlo Bernasconi

Carlo war der Branchenjournalist der Schweiz. Undenkbar, daß jemand, der mit Büchern zu tun hat, ihn nicht kennt. Jahrelang war er der Macher des Schweizer Buchhandels, bis er Ende 2014 nach „16½ teils aufregenden Jahren als Redaktionsleiter und nach 30 Jahren als Branchenjournalist – was ich künftig tun werde, weiß der Kuckuck, aber der schweigt noch“ – wie er damals auf Facebook postete, zusammen mit seinem Freund und Kollegen Martin Walker den Platz räumte.

Wieviele Artikel du geschrieben hast, wußtest du selber natürlich am wenigsten. Gelegentlich ließ er sich auch in BuchMarkt vernehmen; ihm verdanken wir die blitzschnelle Analyse des „Franken-Schocks“  Anfang 2015, seine letzte Arbeit für uns war das Porträt des Unions-Verlegers Lucien Leitess, als er unser (amtierender) Verleger des Jahres wurde.

Carlo war nicht allein Journalist mit Leib und Seele. Er war auch Verleger, Dichter (1987 erschien im Rauhreif Verlag sein Band Die Liebenden – und einen Roman hat er natürlich auch geschrieben), Kochbuch-Autor und irgendwie ein Sternekoch. Wer einmal in seiner Cucina e Libri oder auch Osteria Candosin in der Zürcher Fröhlichstraße gegessen hat, weiß, wovon ich rede. Ob die Leser seines dickleibigen Standardwerkes Die echte italienische Küche so hingekriegt haben wie er – wer weiß.

Das erste Mal haben wir uns so richtig kennengelernt nach der berühmten Wende (und vor der Währungsunion). Ich sollte – mit nichts als Aluchips in der Tasche – fürs Leipziger Börsenblatt eine Schweizer Sondernummer recherchieren. Carlo hat mir nicht nur bei den Terminen geholfen, sondern auch gezeigt, wo man in Zürich so richtig gut essen kann – und womit man nach ausgiebigem Mahl den Magen am besten aufräumt. Carlo war auch ein exzellenter Kenner moderner sowjetischer Musik: Zu seinen „Hausgöttern“ gehörten Schostakowitsch und Chatschaturjan – er war einfach verdammt neugierig. Auf Literatur allemal.

Carlo, du wirst mir (und nicht nur mir!) so unendlich fehlen, dein Witz, deine Sachkunde, deine Hilfsbereitschaft, dein „Händchen“ am Herd.

Ulrich Faure und die gesamte BuchMarkt-Redaktion

Kommentare (1)
  1. Lieber Uli Faure, das hast Du sehr schön und sehr einfühlsam geschrieben. Danke Dir! Ja, der Carlo wird uns sehr fehlen, und 64 Jahre ist viel zu früh, um nicht mehr bei und mit uns zu sein. Die Nachricht verbreitet sich in seinem Freundeskreis gerade blitzschnell. Und wir trauern um einen ganz lieben Kollegen und Freund, der auch immer ein „Hüter des guten Geschmacks“ war, ob es Bücher und Autorinnen und Autoren waren, die er mit Begeisterung gelesen hat und uns alle davon überzeugen wollte, oder die kulinarische Auswahl von Essen und Getränken, und seine vielen und sehr substanziellen Anekdoten und Anmerkungen. Und Carlo war immer ein Vernetzer, und hat Menschen zusammengebracht, ohne einen persönlichen „Geld-Gewinn“ daraus erzielen zu wollen. Ach, was soll ich noch schreiben…
    Danke Uli für Deine sehr passenden und schönen Worte…….
    Wir sind sehr angefasst und trauern. Dein, Bodo
    Bodo Horn-Rumold

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