Veranstaltungen Eindrücke vom 4. Norddeutschen Leseförderkongress 2025 in Lübeck

Alle zwei Jahre lädt der Verein Bücherpiraten in Lübeck zum Leseförderkongress ein. Vom 5. bis 7. März kamen dort Leseförder:innen und solche, die es werden wollen, zusammen. Ob aus Buchhandel, Verlagen, Bibliotheken, pädagogischen Einrichtungen oder all den vielfältigen Orten, in denen Kindern und Jugendlichen durch Bücher Begeisterung und Gemeinschaft vermittelt wird – der Kongress brachte all diese Personen zu einem konstruktiven Austausch zusammen.

In rund 30 Seminaren, Werkstätten und Vorträgen erörterten die Teilnehmenden, mit welchen Methoden und auf welchen Wegen ein „Miteinander erzählen“ in der Gesellschaft und in der Leseförderung erreicht werden kann. Der Umgang mit Komplexität und die Anerkennung und Wertschätzung von Unterschieden sind zentrale Kompetenzen, die durch Lesen und Geschichten gefördert werden. Deshalb sucht der Kongress nach Erzählungen von einem neuen „Wir“ – nach einer erweiterten, reflektierten Sicht auf das „Wir“ in der Gesellschaft.

In seinem einleitenden Vortrag erläuterte Martin Gries, pädagogischer Leiter der Bücherpiraten, anschaulich, weshalb dieses Thema gewählt wurde: Ein „Wir-Gefühl“ entstünde häufig durch Abgrenzung von „den Anderen“. Dies gebe uns Menschen Verortung, Orientierung und Sinn. Doch es polarisiere die Gesellschaft und reduziere das Denken und Handeln auf eine einzige Perspektive. Doch als Gesellschaft bräuchten wir mehr. Es gebe viele Perspektiven, viele individuelle Identitäten. Jeder könne je nach Perspektive in der Minderheit sein.

„Eine liberale Demokratie muss die Rechte der Minderheiten mitdenken und schützen.“ (Martin Gries)

Prof. Dr. Jan Skudlarek, Philosoph, Publizist und Professor für Soziale Arbeit an der Medical School Berlin, ging in seinem Eröffnungsvortrag der Frage nach, welche Bedeutung ein „Main Character“ in unserer Gesellschaft hat. Anhand von tagesaktuellen politischen Beispielen zeigte er auf, wo und mit welchen Methoden (falsche) Wirklichkeiten erzählt werden. Die Welt sei ein Protagonistenkollektiv. Es sei eine gesellschaftliche Aufgabe, mehr „Wir-Perspektive“ zu wagen und unsichtbare Dinge sichtbar zu machen.

Jan Skudlarek (Foto: Kirsten Haarmann)

In zahlreichen Beispielen aus der Praxis, in Workshops, Vorträgen und intensiven Gesprächen dazwischen, ging es um die Sichtbarkeit von Minderheiten, um die Auseinandersetzung mit Diskriminierung in Geschichten, um das mehrsprachige und interkulturelle Erzählen und natürlich um die vielfältigen Methoden, Kinder an Sprache, Erzählen und Lesen heranzuführen. Der 4. Norddeutsche Leseförderkongress endete nach drei sehr intensiven Tagen mit einem Projektmarktplatz und einem abschließenden Vortrag. Doch die Gespräche werden weitergehen und viele neue Geschichten eines „Miteinanders“ hervorbringen.

Anneke Brors

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