Celeste Ng im Autorengespräch über ihr neues Buch "Kleine Feuer überall" „Gibt es das ‚perfekte Leben‘ überhaupt und wenn ja, wollen wir das?“

Celeste Ng

Ihr neuer Roman Kleine Feuer überall erscheint  am 20. April 2018 bei dtv als Spitzentitel im Literarischen Programm.  Ihr Debütroman Was ich euch nicht erzählte war bereits ein echter Buchhändlerliebling 2016:

Celeste Ng (sprich: Ing) wuchs  in Pittsburgh, Pennsylvania und in Shaker Heights, Ohio auf. Sie studierte in Harvard und machte ihren Master an der University of Michigan. Sie schrieb Erzählungen und Essays, die in verschiedenen literarischen Magazinen erschienen und mit dem Hopwood Award und dem Pushcart Prize ausgezeichnet wurden.

Mit Kleine Feuer überall möchte sie vor allem eines: Zum Nachdenken anregen, die Frage thematisieren, was es heißt Mutter zu sein und hinterfragen, ob es sowas wie „das perfekte Leben“ überhaupt gibt. Anlass für Fragen an die Autorin:

BuchMarkt: Worum geht es in Ihrem neuen Roman?

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Celeste Ng: Mein Buch Kleine Feuer überall erzählt die Geschichte zweier Familien – die der Bilderbuch-Familie Richardson, die die perfekt organisierte Gesellschaft in der sie leben, verkörpert, und die der Familie Warrens, die neu in der Stadt ist und sich nicht an die gängigen Regeln vor Ort zu halten scheint. Elena, die Matriarchin der Familie Richardson, ist dennoch fasziniert von der alleinerziehenden Mutter Mia – eine unkonventionelle Künstlerin – während ihre vier Kinder ebenfalls von Mia’s mysteriöser Tochter Pearl stark gezeichnet werden. Als dann aber Elenas älteste Freundin versucht ein chinesisch-amerikanisches Baby zu adoptieren, finden sie und Mia sich plötzlich auf unterschiedlichen Seiten eines Sorgerechts-Streits wieder. Elena beschließt daraufhin alle Geheimnisse aus Mias Vergangenheit aufzuspüren – was verheerende Auswirkungen für alle mit sich führt. Es ist also eine Geschichte über Familien-Geheimnisse, die auch die unterschiedlichen Schichten der Gesellschaft untersucht, die Frage thematisiert, was es heiß Mutter zu sein, hinterfragt, ob es sowas wie „das perfekte Leben“ überhaupt gibt.

Wie entstand die Idee zu diesem Thema, wieso haben Sie sich dazu entschieden, darüber ein Buch zu schreiben?

Ich selbst bin in Shaker Heights, Ohio, aufgewachsen, dem Ort des Geschehens in meinem Buch. Ich habe es zwar geliebt dort aufzuwachsen, aber als ich älter wurde, konnte ich neben den wundervollen Seiten eben auch die Mängel immer klarer erkennen. Die Stadt ist sehr stolz auf ihre rassischen Unterschiede und Fortschritte – schon in der Grundschule fangen die Schüler an über Rassen-Beziehungen zu reden – aber natürlich halten sich Rassen-und Klassenunterschiede immer noch. Die Stadt wurde als eine strukturierte Gesellschaft gegründet, weshalb alles durchgeplant wurde – von der Anordnung der Straßen bis zum Design jedes Hauses,  und viele Dinge sind exakt geregelt, von der Größe des Rasens bis zur Länge der Stunden in denen man an Halloween Streiche spielen darf. Es ist ein Platz der fest an die bestehende Ordnung  und an das Befolgen von Regeln glaubt, aber ist das immer richtig? Kann das Befolgen von Regeln Katastrophen verhindern? Was passiert wenn Idealismus auf die Unkorrektheit menschlichen Verhaltens stößt? Ich wollte über all diese Gegensätze schreiben und wie sie auf die Probleme von Familie, Rasse, Klasse und Privilegien  anwendbar sind, mit denen wir in Amerika zu kämpfen haben.

Erst kürzlich gaben Reese Witherspoon und Kerry Washington bekannt, dass sie sogar eine kleine TV-Serie aus Ihrem Buch machen wollen…

Ja, ich bin sehr aufgeregt. Beide waren direkt mit dem Buch verbunden – als Frauen und als Mütter, und ich kann mir keine zwei besseren Schauspielerinnen vorstellen, dieses Buch auf die Leinwand zu bringen.  Ich hoffe, dass die Adaption viele kritische Gespräche lostritt – rund um die Themen Rasse, Rechte und Privilegien und Mutterschaft – und – natürlich – hoffe ich, dass es auch fesselndes Fernsehen wird. Reese und Kerry sowie die Drehbuchautorin Liz Tigelaar werden wirklichkeitsgetreu mit dem Spirit der Geschichte umgehen, aber die besten Adaptionen fügen eben auch neue Twists hinzu, so können die Leser neue Dinge entdecken und die Zuschauer der Serie werden hoffentlich zurück zum Buch gelockt, um das Original zu erleben.

Mit welchem Argument kann der Buchhändler das Buch am besten verkaufen?

Seit der Buch-Veröffentlichung habe ich von einer Vielzahl der Leser gehört, dass sie sich mit dem Buch eng verbunden fühlen.  Eltern (speziell Mütter) erzählten mir, dass sie sich die Frage stellten, was für eine Art Eltern sie sein möchten, Teenager berichteten, dass sie sich mit den Kids im Buch identifizieren konnten. Es ist aufgrund der komplizierten Fragen mit denen die Charaktere konfrontiert werden,  auch ein gutes Buch für einen „Buch-Club“:  Wer sollte die Vormundschaft für das Baby bekommen? Was heißt es eine Mutter zu sein? Am Ende ist es einfach ein fesselndes Lesen: Viele Leute haben mir erzählt, dass sie viel zu lange aufblieben, um das Buch zu beenden oder dass sie ihre Bahn-Endhaltestelle verpassten, weil sie so vertieft waren. Das nehme ich natürlich als großes Kompliment!

Ihr Debüt Was ich euch nicht erzählte war ein weltweiter Erfolg – auch in Deutschland. Gibt es da etwas, das beide Bücher gemeinsam haben, oder – aus einem anderen Gesichtspunkt betrachtet – was ist der Hauptunterschied zwischen ihnen?

Beide Bücher sollten echte „Pageturner“ sein: meine eigenen warum immer die, bei denen ich wissen musste, wie es ausgeht, auch wenn das bedeutete die ganze Nacht aufzubleiben. Bei beiden Büchern stehen Geheimnisse im Mittelpunkt – Was passierte mit Lydia? Wer setzte das Haus der Richardsons in Brand – und warum? – und es gilt eine Fülle an tief-vergrabenen Familien Geheimnissen für den Leser aufzudecken. Beide Geschichten bewegen sich um eine simple Detektivgeschichte hin zu weiteren, größeren Fragen in Bezug auf Familie, Rassen-und Klassengesellschaft, sie sollen zum Nachdenken anregen und unterhalten. Und natürlich habe ich in beiden Büchern versucht, meine Geschichten bedeutungsvoll und fesselnd zu gestalten, meine Charaktere komplex erscheinen zu lassen, in wunderschöner Sprache.  Ich verspreche, dass Sie eine gut erzählte Story bekommen und dass Sie das Buch nachdenklich wieder schließen werden.

Lesen Sie gerne in Ihrer Freizeit – was gerade aktuell?

Und wie – Ich lese immer mindestens ein Buch, oft auch mehrere gleichzeitig. Gerade habe ich Meg Wolitzers neues Buch The Female Persuasion beendet, das jetzt kürzlich erschienen ist und zum wiederholten Male lese ich Jhumpa Lahiris Geschichtensammlung Unaccustomed Earth.

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