Interview mit Andreas Meier, Inhaber der Bergisch Gladbacher Buchhandelsgruppe Potthoff

Andreas Meier

BuchMarkt: In diesen Zeiten den Sprung in eine andere Größenklasse zu wagen – ist das nicht ein mutiger Schritt?
Andreas Meier: Nein, das Gegenteil ist der Fall. Mutiger, und damit meine ich leichtsinniger, wäre gewesen, nichts zu unternehmen. Es heißt doch in ähnlichen Fällen immer, der Buchhändler vor Ort „ist nicht richtig aufgestellt“ oder er „hat eine Entwicklung verschlafen“. Insofern kann ich die Frage nach dem mutigen Schritt eigentlich nicht mehr hören.

Erstaunlich ist aber, dass Sie überhaupt eine attraktive Immobilie bekommen haben. Werden die nicht in der Regel doch nur den ganz Großen angeboten?
Die Investoren sind Kaufleute hier aus Bergisch Gladbach und sind bereits vor mehr als zwei Jahren mit ihren Plänen an uns heran getreten. Man wusste von unserem erweiterten Platzbedarf, man kennt sich ewig und man war von uns als Hauptmieter für diese Immobilie gleich sehr angetan.

Mit welchen Argumenten haben Sie Ihre Bank überzeugt? Sicher war doch die Investition nicht unerheblich.
Sicher, das war für uns eine Riesenentscheidung und bedeutende Investition. Aber letztlich gab es keine Alternative, wie ich eingangs sagte. Wir haben natürlich fachkundigen Rat eingeholt, haben den Standort nochmals gründlich analysiert, haben Pro- und- Contra – Argumente gesammelt und dann entschieden. Dass die Banken heutzutage nicht fröhlichen Herzens dem Einzelhandel das Geld hinterherwerfen, ist ja kein Geheimnis; da muss man schon gute Argumente und eine fundierte Investitionsplanung vorlegen.

Aber glauben Sie wirklich, dass man damit einen Konzern abhält, wenn der aus strategischen Gründen wirklich in Ihre Stadt wollte?
Was heißt schon „aus strategischen Gründen“. Jede Neuinvestition muss sich rechnen, gerade in diesen Zeiten. Ich habe es mir abgewöhnt, immer nach links und rechts zu schauen und zu gucken, was die anderen gerade tun oder tun könnten. So kommt man nicht weiter. Wir haben unsere Entscheidung getroffen, haben eine attraktive Buchhandlung in einer dem Standort angemessenen Größenordnung gebaut und unsere Kunden bestätigen uns auf diesem Weg.

Aber wenn Sie sich den Markt teilen müssten, wäre Ihr Risiko künftig ungleich größer als bisher – Können Sie in dieser Größenordnung jetzt noch ruhig schlafen?
Sie können jetzt noch hundert „wenn“ und „aber“ vortragen – das führt uns doch nicht weiter. Wir haben für Potthoff diesen Weg eingeschlagen, uns für diese Strategie entschieden und damit basta.

Was können Sie mit Ihren Leuten besser als „richtige“ Große?
Das mit den „richtigen Großen“ will ich mal überhört haben. Unterscheiden Sie denn etwa wirklich zwischen „richtigen Großen“ und „Möchtegern-Großen“?? Das kann ja wohl nicht angehen! Es gibt nur richtigen Buchhandel und falschen Buchhandel. Es gibt nur richtige Größenordnung und falsche Größenordnung. Es gibt nur richtige Präsentation und falsche Präsentation, das ließe sich endlos weiterspinnen. Wir machen vieles richtig, manches falsch, versuchen immer besser zu werden und genau so geht es jedem (!) anderen Marktteilnehmer auch. Guten Buchhandel zu betreiben, ist keine Frage der Größe an sich.

Aber kann man dem normalen Kunden in dieser Größe das noch vermitteln? Kann ein großer Laden noch die Wärme vermitteln, die kleinere Läden stark macht?
Unsere Kunden treffen auf viele bekannte Gesichter, wir haben auch in unserer Eröffnungswerbung sehr bewusst personifiziert und die Marke „Potthoff“ stark in den Vordergrund gestellt. Wenn ich die vielen positiven Reaktionen unserer Kunden als Maßstab nehme, dann haben diese keine Schwierigkeiten mit der neuen Größenordnung – im Gegenteil: Viele Kunden sind richtig stolz, jetzt eine solche Buchhandlung in „ihrer“ Stadt anzutreffen. Wichtig und beeindruckend war auch, wie erstaunlich schnell sich unsere Mitarbeiter auf die neue Größenordnung eingestellt und mit welcher Begeisterung sie sich dieser Herausforderung gestellt haben.

Geht Ihre Strategie bisher auf?
Wir führen unser Gespräch nach den ersten vier Wochen und mitten im laufenden Weihnachtsgeschäft. Sicher bin ich in zwei, drei Monaten wesentlich schlauer. Aber die ersten Wochen zeigen, dass wir gut in der Planung liegen und dass die Grundsatzentscheidung richtig war.

Sie sind also wunschlos glücklich?
Nein, natürlich nicht. Es gibt immer noch etwas zu verbessern, manches sehen wir selber, manches lehren uns unsere Kunden. Wir hatten fünf Tage nach der Eröffnung eine Gruppe befreundeter Buchhändler hier (die AG Marketing unter Leitung von Arnd Roszinsky-Terjung) und die kritische Würdigung des neuen Ladens hat uns auch noch viele Verbesserungshinweise gebracht, die vorher so nicht bedacht worden waren. Dieser Besuch war übrigens schon vor einem Jahr geplant, zu einem Zeitpunkt, als die Eröffnung noch für Anfang September (also zwei Monate früher) geplant war, und das Motto des Besuches lautete eigentlich „Der neue Potthoff – die ersten 50 Tage“. Nun hieß es also „Die ersten 5 Tage“ und entsprechend groß war der Fundus der anfänglichen Schwächeleien.

Wie beurteilen Sie rückblickend die Zusammenarbeit mit einer branchenfremden Ladenbaufirma?
Wir wollten mit dem neuen Objekt bewusst auch in Sachen Ladenbau neue Wege beschreiten. Nicht dass wir schlechte Erfahrungen mit den traditionellen, branchenbekannten Ladenbaufirmen gemacht hätten, aber wir wollten eine a n d e r e Buchhandlung. Die Planung haben wir ja mit einem befreundeten Innenarchitekten entwickelt, der uns mit der Tischlerei in Verbindung gebracht hat, die auch mit der Ausführung beauftragt wurde. Hier wurde wirklich individuell für uns geplant und gebaut und nicht zuletzt gaben auch finanzielle Vorteile den Ausschlag. Sicher gibt es einige Details, an denen jetzt etwas nachgebessert werden muss und natürlich musste über viele Dinge neu gesprochen und nachgedacht werden, die in der Zusammenarbeit mit einer buchhändlerischen Ladenbaufirma selbstverständlich sind; aber die größeren Vorteile haben für uns in diesem Fall auf der Seite des branchenfremden Tischlereiunternehmens gelegen und wir würden es auch sicher wieder so entscheiden.

Ihre Einladungskarte zur Eröffnung zeigte einen Ozeanriesen, der in See sticht. Im Bergischen Land ein ungewöhnliches Motiv!
Wir hatten zur Eröffnung die von der Buchwerbung der Neun organisierte Ausstellung „Meer erleben“ im Haus. Und so haben wir rings um das Thema „Meer“ vieles in die Eröffnung einfließen lassen. Die Eröffnung hieß demnach „Stapellauf“ – daher auch der Ozeanriese auf der Einladungskarte. Natürlich haben einige wohlmeinende Kritiker gleich die Assoziation zu „Titanic“ in die Welt gesetzt… ich hatte aber an die AIDA’s gedacht, von denen ja noch keine untergegangen ist und auf der sich Passagiere und Mannschaft immer sehr wohl fühlen sollen.

Damit meinen Sie sicher auch das Cafe…
…Ja, das Cafe ist eine Erwähnung wert. Schick eingerichtet, verpachtet, bringt zwar nichts ein, ist aber als Service unverzichtbar. Es hat sich schnell zu einem Kommunikationstreffpunkt in der Stadt entwickelt. Hingucker sind aber auch unsere „Mood-Lights“: Zweimal jeweils 8 verschieden-farbige LED-Lichtsysteme an zwei Stellen im Laden. Auf die Leinwand an der Bühnen können wir per Beamer Filme, Fotos usw. beamen. Zur Zeit läuft dort die DVD mit den „10000 Kunstwerken“ von DuMont als Diashow.
Die Fragen stellte Christian von Zittwitz

BuchMarkt 1/2004

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