Nun wird offenbar doch wahr, was bereits als Gerücht kursierte: Amazon will riesige Lager in Polen aufbauen. Medienberichten zur Folge sollen drei Lager entstehen, von denen aus Deutschland beliefert werden soll.
Noch letzte Woche ließ Amazon gegenüber buchmarkt.de Berichte dementieren, die Die Welt aus der polnischen Zeitung Puls Biznesu aufgegriffen hatte: „Es gibt derzeit keine Pläne, bestehende Amazon Logistik-Standorte in Europa zu schließen oder in andere Länder zu verlegen“, hieß es [mehr…]. Aber das war halbherzig, denn es schloss nicht aus, dass trotzdem in anderen Ländern Lager aufgebaut würden. Jetzt kündigt der Online-Händler offiziell an, in Polen drei Logistik-Lager aufzubauen, die jeweils eine Größe von jeweils 13 Fußballfeldern haben sollen. Eines davon entstehe in der Nähe von Poznan, die beiden anderen werden bei Wroclaw errichtet. Zwei Standorte sollen bis August 2014 öffnen, der dritte Mitte 2015.
Wenn die Arbeitsbedingungen der Polen in Deutschland kritisert werden, geht Amazon eben zu den Polen? Der für Europa zuständige Sprecher, Tim Collins, wird mit den Worten zitiert, Polen sei wegen der günstigen geografischen Lage, der guten Anbindung und einer „großartigen Beschäftigten-Basis“ ausgesucht worden. Gleichzeitig wird betont, die Entstehung der neuen Lager hätte nichts mit den Streikabsichten in Deutschland zu tun. Sicher ist aber auch: Über die Lager sollen zunächst deutsche Kunden bedient werden.
Erst Ende letzter Woche hatte Ver.di neue Streiks im Weihnachtsgeschäft angekündigt. Demnach sollen sich die Kunden darauf einstellen, dass nicht alle Weihnachtspäckchen rechtzeitig ankommen, tönte es aus der Dienstleistungsgewerkschaft [mehr…]. Ver.di will, dass die Beschäftigten nach Einzelhandels- und nicht nach Logistiktarifen bezahlt würden.
Erneut betonte Collins, dass keine Standorte in Deutschland geschlossen würden. Im Gegenteil: Derzeit entstehe in Brieselang bei Berlin die neunte Lagerfläche in Deutschland, für die 1000 Vollzeit- und 2000 Saison-Arbeitskräfte eingestellt werden sollen, betonte er. Sollte Deutschland von Polen aus beliefert werden, stellt das die Reimportklausel im Preisbindungsgesetz auf die Belastungsprobe. Erst kürzlich hat ein österreichisches höchstinstanzliches Gericht den freien Warenverkehr innerhalb der EU über die dortige Preisbindung gestellt.
Sollte Amazon auch auf dem osteuropäischen Markt expandieren wollen, dürfte es aber vor allem für den dortigen Buchhandel eng werden. Deren Strukturen sind längst nicht sehr robust. In Polen könnte insbesondere Marktführer empik mit seinen über 130 Filialen leiden.