Laut einem Bericht der Berliner Morgenpost von heute werde der frühere Münchener Internet-Buchhändler Mediantis (buecher.de) bis auf weiteres nicht vom Kurszettel verschwinden, da das Unternehmen ihre Berliner Tochter Zentrales Verzeichnis antiquarischer Bücher (ZVAB) nicht verkaufen konnte. Jetzt soll im Gegenzug dieses Geschäft ausgebaut und wenn überhaupt erst später verkauft werden, wie Mediantis-Abwickler Rolf von Rheinbaben sagt. Das Münchener Unternehmen in Liquidation wird so zur Berliner Firma. Denn laut Rheinbaben biete der antiquarische Markt ein „Riesenpotenzial“.
Die Mediantis-Aktionäre hatten am 1. November 2001 auf Empfehlung des Vorstands beschlossen, das Unternehmen aufzulösen. Vorstandschef Georg Heusgen hatte erklärt, das Geschäftsmodell sei erst von einem Umsatz von 80 Millionen DM (40,9 Mio. Euro) an rentabel. Die Münchener setzten in den ersten neun Monaten 2001 26,2 Millionen DM um, der Nettoverlust betrug 21,4 Millionen DM.
Die Mediantis AG in Liquidation verkaufte nach der Hauptversammlung das operative Geschäft in Deutschland an den Internet-Händler Booxtra, an dem die Verlage Holtzbrinck, Weltbild und Axel Springer beteiligt sind. Auch vom österreichischen und vom Schweizer Geschäft trennte sich Mediantis. Die Berliner Morgenpost weiter: „Für das ZVAB suchten die Münchener einen Käufer. 35 Interessenten – vom Verlag über den Großhandel bis zum Buchhändler – stellten sich bei von Rheinbaben vor, die meisten winkten ab, als sie die Mindestforderung hörten: Zwei Millionen DM. Die anderen stiegen wegen Gewährleistungs- und Garantiefragen aus. Von Rheinbaben war aber nicht zu weitreichenden Zugeständnissen bereit. «Wir wollten die Mitarbeiter des ZVAB nicht belasten.» Unter den Bietern seien einige Zocker gewesen. In Berlin arbeiten zurzeit elf Beschäftigte.
Das ZVAB ist für Antiquariate so interessant, dass sie es sogar selbst kaufen wollten. Etwa 90 Antiquare gründeten eine Genossenschaft, bekamen aber nicht genug Geld zusammen. Auch die ZVAB-Mitarbeiter planten, ihr Unternehmen aus Mediantis herauszukaufen, was ebenfalls am Geld scheiterte.
Jetzt geht es erst einmal unter dem Dach der Mediantis weiter. Um für die Aktionäre (die Familien von Rheinbaben und Heusgen, etwa 50 Prozent Streubesitz) das Beste herauszuholen, soll es zunächst keine neue Bieterrunde für das ZVAB geben. Von Rheinbaben will warten, bis der Markt sich erholt hat. Ob das in ein, zwei oder fünf Jahren ist, kann er nicht sagen.
Entsprechend lange wird die Mediantis AG i.L. überleben. Deren operatives Geschäft besteht jetzt nur noch aus dem ZVAB, was bedeutet, dass die Suchmaschine jetzt praktisch an der Börse notiert ist. Mediantis besitzt sonst noch Forderungen und rund 22 Millionen DM, die in kurzfristigen festverzinslichen Wertpapieren angelegt sind.
Das Verzeichnis schrieb 2001 erstmals schwarze Zahlen. Einzelheiten wollte von Rheinbaben wegen der Börsenrelevanz nicht nennen, auch zum Umsatz schwieg er sich aus. Über die Suchmaschine lassen sich Bücher in mehr als 1000 Antiquariaten Europas, Israels und Nordamerikas finden.“