Der Messe-Mayer am Samstag Der Messe-Mayer, Tag 5 von 6: SAMSTAG

 

Guten Tag, guten Tag!

 

Liebe Freunde,

doch, das ist also wirklich eine Buchmesse.

 

Es waren so viele Gäste da, dass sogar Barsortimentsveranstaltungen besucht wurden!

 

Am vorletzten Tag hat diese Messe so viel Fahrt drauf, dass ich nur noch irgendwo sitzen muss, und die Erlebnisse kommen einfach vorbei. Normalerweise erreiche ich das mit Standdienst, aber heute war das Wetter vor Halle 4 einfach zu fein und die Leute zu nett.

 

Die Kramps, die Steinlechnerin, die Messe-Maren

 

Man brachte mir z.B. in meiner tiefsten Erschöpfung dies hier nach draußen:

Foto, Damengedeck und erstklassiger Cappuccino: alles Matthias Kulemann von Droemer Knaur

 

Danke, Kuhlemann! Wir waren alle so baff, wie Sie da plötzlich mit diesen Opfergaben für Hermes auftauchten, dass keiner ein Foto von Ihnen gemacht hat. Und dabei war das der beste Anblick.

Und was mache ich? Nur den Kramp fotografieren.

 

Wahnsinn, wie ich da die Kamera gehalten haben muss

 

Der KBV-Verleger und HDiaG Ralf Kramp ist diesmal ohne seinen gemütlichen Stand hier, aber er IST hier! Und das hat mich dermaßen erfreut.

 

Tanja Steinlechner schlägt Rita Wolff zur Ritterin:

 

Ich weiß auch nicht, wieso. Ich sitze nur hier.

 

Nein, halt, einmal bin ich auch aufgestanden, nämlich als ich Laub aus Marita Wolffs Haaren zu entfernen suchte. Ich weiß, wie das für Ahnungslose aussieht.

 

„BUCHMESSE: FURRY ATTACKIERT AUTORIN!“

 

Die an diesem Sitztreffen beteiligten Personen haben beschlossen, dieses Erlebnis zu institutionalisieren: An jeder Frankfurter Buchmesse sei der Samstag um 13.30 Uhr dem sogenannten „Messeaussitzen“ gewidmet.

Nun zu einer anderen Tradition:

Traditionell machen Ralf Kramp und ich auf jeder Messe ein Quatschfoto. Ich weiß, dass das anhand der Fotos, die Sie hier insgesamt vorfinden, wie eine sehr willkürliche Unterscheidung auf Sie wirkt. Aber unsere Kramp-Mayer-Situationen sind immer von besonderer Sorgfalt, großem Umsetzungswillen und profundester Kenntnis aller gängigen Bildklischees geprägt.

 

Und ich wollte einfach nur hier sitzen.

 

 

Tapas bei Random House

 

Aber vielleicht kann ich ja woanders sitzen:

 

Ich hätte auch Tisch Nr. 2 genommen, aber das gefällt mir schon mal.

 

Katja Schmidt hat mich zu Random House eingeladen, offiziell, um den Drachen Kokosnuss bei seinem großen Auftritt zu fotografieren –

 

Erledigt.

 

…und inoffiziell, damit ich die spanischen Tapas und die Creme Catalan koste.

 

Hau bloß ab, Kokosnuss. Du hattest Deine Chance.

 

Die spanische Küche und ich sind keine allzu engen Freunde, aber ich werde es mal kos-

 

Großer Gott. Sehen Sie die Gänsehaut bis in die Ohrspitzen?

 

Creme Catalan, mit Milch und Eigelb statt Sahne gekocht, mit Zimt und Orange gewürzt und obendrauf karamellisiert: Da kann die französische Créme Brulée einpacken.

Hau bloß ab, Créme Brulée, geh zum Drachen Kokosnuss.
Du hattest Deine Chance 2017, Gastland Frankreich.

 

 

People are people

So, gutes Essen, ein Kaffee davor, ein Espresso danach; nun kann ich endlich ein wenig auf der Messe flanieren. Mag mein Herumsitzen nun wandeln. Doofe Überschrift übrigens, aber dann kann ich wenigstens das Depeche Mode-Video zeigen.

 

Nicht alles, was mir nach zwei Kaffee im Kopf ist, muss auch hier hin.

 

Bodo Horn-Rumold, angefangen als Eichborn-Reisender, hat dann seinen eigenen Baumhaus-Verlag zusammen mit Harald Kiesel gegründet!

 

Und ist ebenfalls seit dem ersten Messe-Mayer (Jahreszahl wissen wir nicht) dabei.

 

Oliver Lange kenne ich seit seiner Zeit bei Nina Wagenbach, später Rowohlt, jetzt Diogenes.

Und das ist eine der Besonderheiten in dieser Branche: wie vertraute Leute  immer wieder andere Namensschilder tragen, aber niemals weg sind.

 

Droemer-Autor Daniel Holbe hat sich an unseren gemeinsamen Büchertisch in einer leeren Turnhalle in Erlensee erinnert!

 

Und mich halt auch.

 

Jetzt wollte ich das arge Foto vom Anfang der Woche ausgleichen, um Mirjam Mustonen endlich von meinen reinsten und lautersten Absichten zu überzeugen, und dann ist es ganz leicht unscharf. UND wir stehen blöd da.

 

Und das wird sie mir wieder sowas von um alle vier Ohren schlagen.

 

Frau Mustonen hat wörtlich zu Judith Holofernes gesagt, ich sei ein schlechter Fotograf! Das stimmt zwar völlig, aber muss man das gleich Judith Holofernes erzählen?

Ich sage Ihnen was: Morgen ist ja auch noch ein Tag. Entweder wir beide kriegen im letzten Versuch ein schönes, gutes Foto hin, oder wir machen daraus für die Zukunft einen Running Gag.

Und das gefällt Ihnen doch von vornherein besser.

 

Einer meiner Whiskyfreunde: der Helmut aus Thüringen. Weil ich seinen Nachnamen nicht mehr parat hatte, hat er sich den Titel „der Helmut aus Thüringen“ gewünscht.

 

Und weil er fremdständelt, muss er nun wenigstens Werbung machen für den Kalenderpreis des Deutschen Buchhandels!

 

 

Was glauben Sie: Wie lange brauchen Markus Heitz und ich für ein cooles Foto?

 

Eine. Achtzigstel. Sekunde.

 

 

Interview mit Judith Holofernes!

Die Sängerin von Wir sind Helden hat ein Buch geschrieben, das keine Biographie ist, sondern eine Art Werkgeschichte, Origin Story, Künstlerinnen-Introspektion und Neustart in einem. So wie ein Album. Aber so ein gut getextetes Album. Ich darf die kluge, reflektierte, gestrauchelte und wieder aufgerappelte Frau bei Kiepenheuer treffen und Fragen stellen über Leben, Karriere, Kinder und Die Träume anderer Leute.

 

 

BuchMarkt: Guten Tag, guten Tag!

Judith Holofernes: Guten Tag.

Bin ich der hundertste Journalist, der Sie so begrüßt?

Och, so viele waren das gar nicht.

Also ja.

(lacht)

Warum haben Sie, als die beiden Kinder da waren, Promoreisen überhaupt mit der Bahn gemacht und nicht mit dem Tourneebus?

Bei einer Promoreise sind wir nur ein, zwei Personen, nicht die ganze Band. Da wäre ein Tourneebus überdimensioniert. Ich hätte das gerne gemacht, aber die kosten 1200,- € die Nacht.

Und heute ist ja eigentlich auch wieder ein Promo-Tag.

Muss man so sagen. Ist auch tatsächlich nicht einfach, ein so intimes Buch zu schreiben und das dann zu promoten. Aber die Buchbranche ist da gesitteter als die Musikbranche, und viel konzentrierter.

Ist Promo die Kehrseite der Kunst?

Auf jeden Fall. Aber es ist immer gemischt, man hat auch unheimlich nette Interviews, die einem selbst in diesem Prozess helfen, weil man immer wieder aus anderen Richtungen von außen auf sich draufschauen muss, und dazwischen sind dann wieder manche, die sind unheimlich blöd. Der Kontrast macht es so schwierig, weil man sich auf nichts einstellen kann.

Ich weiß gar nicht, was ich mit meiner nächsten Notiz gemeint habe. Welchen Sinn soll denn das ergeben? Ich lasse es weg.

Jetzt will ich es hören.

Ich weiß aber wirklich nicht mehr, was ich gemeint habe. Ich habe notiert „Selbstzerstörung Schrägstrich Erfüllung Gedankenstrich Windel-Breaking-Bad.“

(lacht laut und lang) Das gefällt mir auf jeden Fall.

In der Band wolltet Ihr alles demokratisch lösen. Kann Kunst denn demokratisch sein? Braucht es nicht einen, der die Vision hat?

Absolut. Aber wenn man Glück hat, hat man Leute, mit denen man relativ viele Überschneidungen hat. Und es muss ja keine Reinform sein: Beim einen wird die Vision gerade ein bisschen schwächer, und dann kann der andere ran. In Gruppen ist sowas auch sinnvoll. Aber Demokratie ist als Ansatz in der Kunst schwierig. Ganz oft ergibt es sich, wenn Du mit jemandem unheimlich gut zusammenpasst, dann ist das wie so ein Tanz. Dann führt der eine mal, und dann lässt er sich wieder führen. Aber das ist ja nicht mit jedem, mit dem man zusammenarbeitet, automatisch gegeben.

Dein Traum wird wahr – aber was dann? Macht man sich darüber vorher Gedanken?

Nein. Dann von hier an blind. (lacht)

Wurde der Bandname „Wir sind Helden“ irgendwann zum Imperativ? „Seid Helden“ oder gar „Wir müssen Helden sein“?

Als wir uns den Namen gegeben haben, war nicht abzusehen, dass man das wörtlich nehmen könnte. Das war ja auch eher als Persiflage gemeint oder um den Begriff auszuhöhlen. Aber so sechs Jahre in die Heldenkarriere hinein hatte der Name dann einen anderen Klang als ursprünglich beabsichtigt, auf jeden Fall.

Mir fällt in täglichen Messegesprächen auf, dass Sie in der Buchhandelsbubble sehr beliebt sind. Wer Bücher liest oder mit ihnen arbeitet, hört und mag auch Holofernes.

Ich muss es umgekehrt bewundern, wenn ich „Buchhandelsbubble“ höre. Ich fühle mich hier sehr angenommen und sehr zuhause. Ich bin ja Übersetzerinnentochter, also eigentlich fühle ich mich nirgendwo so sehr zuhause wie unter Buchmenschen.

Wir sind wie keine andere Branche! Sagen sogar Musikerinnen!

Meine Tochter kann das bezeugen, dass wir Buchmenschen sind. Wir gehen immer zu Dussmann und streicheln Bücher.

Ihr Künstlername ist ja auch eine Art Firewall. Wer den dechiffriert, hat ja bereits eine gewisse Voraussetzung mitgebracht.

Noch heute schicken mir Leute grauslige Gemälde zu, die sie im Internet gefunden haben, wo die Judith den Holofernes enthauptet, so nach dem Motto „Sag mal, wusstest Du das?“

Legt man daheim seine eigene Musik auf?

Nein, eigentlich nicht. Aber ich zeige es gerne mal den Kindern. Oder die Kinder hören sich was an, und ich sage dann „Aber hört Euch doch mal das andere Lied da von mir an“, um von den Hits abzulenken. Ich versuche dann auch mal, obskurere Heldensongs näherzubringen. Man performt seine eigenen Songs öfter, als man sie hört. Zu einem Song, den man live spielt, hat man eine ganz andere Beziehung. Ich erkenne es oft nicht, wenn in einem Café einer der Studiosongs läuft, weil sie sich gespielt wieder ganz anders anfühlen als gehört.

Sind sie jetzt alt?

Auf dem besten Weg dahin. Ich habe mich ja früher immer alt gewüscht. Aber dieses Dazwischen, dieses Nichtmehrjung und Nochnichtalt, daran hat die Gesellschaft wenig Interesse.

Wie kann Ihnen ein solcher Popkulturfehler unterlaufen, ohne dass die Lektoren es merken: Die Ratefüchse bei „Was bin ich“ waren nicht Guido und Anneliese, sondern Guido und Annette.

Waaas? Ich dachte, ich hatte das sogar extra gecheckt. Dann weiß ich ja, was ich in der vierten Auflage verbessern muss!

 

Judith Holofernes sagte, nach diesem langen Tag falle Ihr das Lächeln schon wegen dieser Öhrchen leicht.

 

 

Zum Geleit

 

So war dieser Samstag also wirklich gut besucht! Spürbar gut, aber auch spürbar unterscheidbar zu Messen vor der Pandemie. Bei diesem grandiosen Sonnentag war auf der Agora mehr Betrieb als in den Gängen. Vorsichtshalber draußen bleiben.

Die Positionierung der beiden Big Player mit den größten Signierschlangen war durchdacht: Droemer Knaur und Lübbe beide im Erdgeschoss und in Ausgangsnähe, so dass man die typischen Riesenwarteschlangen für die Gänge vermeiden und ins Freie legen konnte.

Ebenfalls eine Spätfolge der Pandemie ist das Ausbleiben von CosPlayern, auch das prägt leider das Bild. Es ist eine fröhliche Publikumsschar, doch kaum Verkleidete.

Und Waldo / Wally / Walter zählt ja sicher nicht. Der hat ganz andere Probleme.

 

Herrgott, dann zieh halt auch mal diesen bescheuerten Pullover aus, wenn Du dich unbedingt verstecken willst.

 

Aber zum Thema CosPlay mehr im morgigen Sonntagsbericht.

Auf den ich mich sehr fr – SCHON WIEDER VORBEI, DIESE MESSE?

Ein paar Rechnungen habe ich noch offen, und wir haben noch einen Tag.

 

Ihr und Euer

Matthias Mayer

 

Helden der spanischen Literatur, 5 von 6

Dulcinea und Rosinante

 

 

herrmayer@hotmail.com

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