In der rumänischen Botschaft in Berlin wurde gestern das Kulturprogramm des Schwerpunktlandes der Leipziger Buchmesse 2018 vorgestellt. Mit dem Gastlandauftritt wolle man ein lebendiges Bild der zeitgenössischen Kulturszene Rumäniens vermitteln und Türen öffnen zur rumänischen Literatur unterschiedlicher Genres, heißt es in einer Pressemitteilung der Veranstalter.
Insgesamt werden rund 40 vom Rumänischen Kulturinstitut geförderte Neuübersetzungen auf der Leipziger Buchmesse präsentiert. Ioana Gruenwald, Projektleiterin des Gastlandauftritts, freut sich über die seit dem ersten Buchmesse-Auftritt Rumäniens vor zwanzig Jahren stattlich gewachsene Zahl an deutschen Neuübersetzungen: „Zu diesem beachtlichen Portfolio haben auch unsere Partner wie Traduki in großzügiger Weise beigetragen“, sagte sie.
In Leipzig erwartet werden unter anderem der Schriftsteller und Leipziger Buchpreisträger Mircea Cǎrtǎrescu, der in den Vereinigten Staaten lebende rumänische Schriftsteller Norman Manea und Andrei Pleşu, ehemaliger Außenminister Rumäniens, Schriftsteller und Philosoph. Als ein weiterer Höhepunkt ist die literarisch-musikalische Begegnung zwischen Nobelpreistragerin Herta Müller und der Musikerin Ada Milea angekündigt.
Der Schriftsteller Ernest Wichner, ein Kenner der rumänischen Literatur, Herausgeber und renommierter Übersetzer aus dem Rumänischen, gab einen Überblick über die Vielfalt der deutschsprachigen Neuerscheinungen, die zur Leipziger Buchmesse 2018 publiziert werden. Zu Beginn erinnerte er an den preisgekrönten Schriftsteller Gellu Naum, einen der bedeutendsten rumänischen Schriftsteller und Surrealisten: „Gellu Naum, der große rumänische Dichter, den ich zu Beginn der neunziger Jahre persönlich kennengelernt habe, hat mich mit seinem sicheren Gespür für Qualität, mit seiner moralischen Unbestechlichkeit und seiner Freundschaft zurückgeholt in die rumänische Kultur und Literatur; ihm verdanke ich mein Leben in und mit zwei Kulturen. Wie Oskar Pastior war er mir Freund, Vater und Bruder zugleich“, betonte Wichner.
Zu den neu übersetzten rumänischen Büchern gehören rund zehn Romane, darunter Das Treffen der preisgekrönten Schriftstellerin und Journalistin Gabriela Adameșteanu (Wieser Verlag), die eine Persiflage auf die repressive und abstumpfende Realität des totalitären kommunistischen Regimes und seiner Securitate-Agenten entwirft. Einen bildmächtigen Roman über eine wundersame, imaginierte Welt zu Beginn des 19. Jahrhunderts, legt der in Rumänien gefeierte, zur Leipziger Messe erstmals ins Deutsche übersetze Ștefan Agopian vor. In seinem Handbuch der Ereignisse (AT, Verbrecher Verlag) überführt er die Seltsamkeiten einer Diktatur in eine phantastische Vergangenheit. Lavinia Braniște, Lyrikerin und Prosaistin, kommt mit ihrem Band Null Komma Irgendwas (Mikrotext) nach Leipzig. Sie beschreibt seelische Irrungen und Wirrungen von Menschen im rumänischen Alltag und ihrer Suche nach dem Glück. Rodica Drăghincescu imaginiert in ihrem Roman Die Fee der Teufel. Das Tagebuch, das seine Leser tötet (Klak Verlag) einen Dialog mit Friedrich Schiller im Stuttgarter Schloss Solitude und belebt dessen Welt in einem gegenwärtigen Kontext neu. Der Roman Oxenberg & Bernstein von Catalin Mihuleac (Zsolnay Verlag) ist dessen erster Roman auf Deutsch und handelt von der Ermordung tausender Juden durch rumänische Regierungstruppen in Iași 1941. Ioana Nicolaie schrieb mit Der Himmel im Bauch (Pop Verlag) einen Roman, der anhand einer Schwangerschaft einen Exorzismus negativer Gefühle beschreibt.
Außerdem werden rund zwölf neu übersetzte Gedichtbände erscheinen. Im Pop Verlag sind dies u.a. Gedichte des Lyrikers Daniel Banulescu, dem der Preis der Stadt Münster für Europäische Poesie verliehen worden ist. Denisa Comănescu, Verlegerin des rumänischen Humanitas Verlags, ist mit dem Band Rückehr aus dem Exil dabei. Von Emil Hurezeanu, dem rumänischen Botschafter in Deutschland wird Anatomielektion übersetzt und von Robert Serban, Feintod sowie Unter der Linie. Im Verlag Brueterich Press erscheinen von Iulian Tǎnase die Prosa-Gedichte Abgrunde.
Auch rumänische Klassiker werden in Leipzig mit Neuübersetzungen vertreten sein, darunter Ion Luca Caragiale (1852-1912) mit Humbug und Variationen (Guggolz Verlag).
Zudem erscheinen sieben Sachbücher, alle im Verlag new academic press. Vier Anthologien versammeln Autoren vornehmlich der jüngeren Generation, deren Texte aus Anlass der Leipziger Buchmesse das erste Mal ins Deutsche übersetzt werden. Zwei Gedichtanthologien sind darunter: 111 Dichter aus Rumänien, (Pop Verlag) und Schwerpunktheft zur zeitgenössischen rumänischen Lyrik (Sprache im Technischen Zeitalter, LCB). Außerdem zwei Prosaanthologien: Das Leben wie ein Tortenboden. Neue rumänische Prosa (Transit Buchverlag) und Die Entführung aus dem Serail. Rumänische Erzählungen aus dem letzten Jahrzehnt (die horen 269, Wallstein Verlag).