Die Arbeitsgemeinschaft von Jugendbuchverlagen (avj) e. V. hat heute einen offenen Brief veröffentlicht, mit dem sich am 27. Februar zahlreiche russische Kinderbuchschaffende an den russischen Präsidenten Putin gewandt haben. „Mit Erschrecken und großer Anteilnahme verfolgen wir den Krieg in der Ukraine“, so die avj. „Unsere Gedanken sind bei den Ukrainern und allen Opfern dieses Krieges.“
In dem offenen Brief werde das Geschehen als das benannt, was es ist, als Krieg, und Putin und seine Regierung aufgefordert, die Kampfhandlungen sofort einzustellen und die russischen Truppen aus der Ukraine abzuziehen. „Damit beweisen unsere russischen VerlagskollegInnen, AutorInnen, IllustratorInnen und ÜbersetzerInnen großen Mut, ist doch allein schon das Wort ‚Krieg‘ für Putins Feldzug in der Ukraine von oberster Instanz verboten worden und in zahlreichen Medien zu sehen, wie brutal die russische Regierung gegen Demonstrierende vorgeht, die gegen den Krieg in der Ukraine protestieren“, so der Vorstand der avj, der sich mit den Unterzeichnenden solidarisiert.
Der offene Brief im Wortlaut (Übersetzung aus dem Russischen: Thomas Weiler):
Herr Präsident, Parlamentsmitglieder, Minister, Senatoren,
wir wenden uns an Sie, weil Sie verantwortlich sind für diesen Krieg.
Am 24. Februar 2022 sind russische Streitkräfte in das Gebiet der Ukraine eingedrungen. Das ist keine Mission zur Sicherung des Friedens, wie Sie es nennen, es ist Krieg.
Wir, Bürger der Russischen Föderation, Kinderbuchautoren, Verleger, Übersetzer, Illustratoren, Kritiker, Bibliothekare, Dozenten fordern: Stoppt diese Militäroperation, diesen Krieg gegen die Ukraine.
Wir arbeiten für Kinder, und Dichter und Schriftsteller wissen, wie man erzählt und wie man über den Krieg, über seine Schrecken und das Leid schreibt. Aber wir wollen und werden nicht wie Sie von einem Sondereinsatz sprechen, denn dies ist Krieg.
Kinderliteratur spricht mit Kindern über die Zukunft, bereitet sie auf ein anständiges Erwachsenenleben vor. Wir können und wollen mit den Kindern nicht über das Leben sprechen, das Sie ihnen nun bieten. Wenn Sie Russland in diesen Krieg hineinziehen, rauben Sie den Kindern die Zukunft ihres eigenen Landes. Wir fordern den sofortigen Abzug unserer Truppen aus dem Gebiet der Ukraine.
Alexej Olejnikow, Kinderbuchautor, Dichter, Schriftsteller, Literaturdozent
Olga Drobot, Übersetzerin
Nina Daschewskaja, Schriftstellerin
Maria Botewa, Schriftstellerin
Witali Sjusko, Verleger
Asja Krawtschenko, Schriftstellerin
Natalia Wolkowa, Kinderbuchautorin, Übersetzerin, Lehrerin
Natalia Sawuschkina, Schriftstellerin, Literaturkritikerin,
Marina Kadetowa, Lektorin
Alexej Kopejkin, Kritiker, Bibliothekar, Herausgeber
Irina Balachonowa, Verlegerin
Tamara Michejewa, Kinderbuchautorin
Anna Ignatowa, Kinderbuchautorin, Lehrerin
Olga Kolpakowa, Schriftstellerin, Journalistin
Dmitri Gasin, Dichter
Xenija Kowalenko, Verlegerin
Aja En (Aja Krestjewa), Kinderbuchautorin, Herausgeberin
Tim Jarshombek, Illustrator
Olga Warschawer, Übersetzerin, Dramatikerin
Xenija Timentschik, Übersetzerin, Dozentin
Maria Ljudkowskaja, Übersetzerin
Marina Borodizkaja, Kinderbuchautorin, Dichterin, Übersetzerin
Natalia Tumaschkowa, Psychologin und Kinderbuchautorin
Olga Gurewitsch, Übersetzerin
Anna Krassilstschik, Schriftstellerin
Jelena Lejenson, Übersetzerin
Natalia Mawlewitsch, Übersetzerin
Jelena Bajbikowa, Übersetzerin
Olga Buchina, Übersetzerin, Kinderliteraturexpertin
Nadeshda Krutschenitskaja, Verlegerin
Anna Schur, Buchpodcasterin „Expecto Patronus“
Anna Sidorowa, Übersetzerin
Irina Bogatyrewa, Schriftstellerin, Folkloristin
Natalia Jaskina, Illustratorin
Irina Lukjanowa, Journalistin, Lehrerin, Schriftstellerin
Natalia Kljutscharewa, Schriftstellerin
Jelena Litwjak (Semerikowa), Kinderbuchautorin, Historikerin
Nikolai Ponomarjow, Schriftsteller
Einige russische VerlegerInnen, AutorInnen und IllustratorInnen haben sich vorgestern in einem offenen Brief, veröffentlicht auf Echo Moskau, dem einzigen noch unabhängigen Rundfunksender, an die russische Regierung gewandt.
Dieser Brief erreichte uns gestern und ist inzwischen viral in den sozialen Medien. Wir bewundern den Mut unserer russischen VerlagskollegInnen und ihrer KünstlerInnen.
Ihnen gilt wie unseren ukrainischen VerlagskollegInnen und ihren KünstlerInnen unsere Solidarität. Unsere Verlagsbranche ist international. Die Arbeit an Büchern verbindet! In unserem Programm finden sich großartige Titel ukrainischer und russischer KünstlerInnen.
Die Entscheidung der Bologna Book Fair und der Frankfurter Buchmesse, Russland von der Teilnahme auszuschließen, halte ich diesem Zusammenhang für falsch.
Lassen Sie uns Brücken erhalten und nicht einreißen!