Erste Veranstaltung des neuen Jahres im Düsseldorfer Heine Haus: Peter Waterhouse und Nanne Meyer präsentierten ihr bei starfruit erschienenes Buch Die Auswandernden, das auch für den Österreichischen Buchpreis nominiert war.
Das Buch ist ein in vielerlei Hinsicht ungewöhnliches Werk. Natürlich zuerst wegen des Textes, der das Thema Auswanderung abseits aller heute gängigen Klischees und ideologischer Debatten zurückführt auf den Menschen. Waterhouse gelingt das mit Sprache, die mäandert, in verschiedene Richtungen fließt. Er schmeckt die Bedeutung der Wörter ab, prüft ihre Temperatur. Was zum Beispiel ist ein „Wicht“? Waterhouse assoziiert so lange mit Klang und Stamm des Wortes herum, bis er unversehens bei „Wichtigkeit“ landet…
Das Buch sei ein großes Experiment gewesen, erklärt Verleger Manfred Rothenberger, der in seinem kleinen „piratenhaften“ Verlag nur genau die Bücher macht, die ihn interessieren: die üblichen Halbjahresprogramme und den Novitätendruck ignoriert der Leiter des Instituts für moderne Kunst Nürnberg. Ergebnis: Jedes Buch in seinem kleinen Programm ist eine Besonderheit, die man sich genau ansehen sollte.
So auch die Auswandernden. Die Intention des Verlegers: Zwei autonome Künste aufeinandertreffen zu lassen. So wechseln sich Textblöcke auch mit Bildstrecken von Nanne Meyer (insgesamt 55 Doppelseiten) ab.
Wie genau das Projekt begonnen hat, weiß keiner der Beteiligten mehr so ganz genau. „Sympathisch war, daß es eine Arbeit ganz ohne An(trag)stellerei war“, erinnert sich Meyer. Eines Tages bekam sie den ersten Textblock und zeichnete ihre erste Bildstrecke. Schnitt Wörter aus dem Text, fügte sie in die Bilder ein (oder: ließ sie auswandern) – schickte das Ergebnis an Waterhouse. Der seinerseits in seinem neuen Text auf die Bilder reagierte: „Nanne Meyer wurde im Laufe der Zeit zur Reiseführerin.“
Herausgekommen ist ein Buch, dessen Text die Bilder nicht erklärt und dessen Bilder den Text nicht erläutern wollen: Die Zeichnerin als Autorin. „Im Text spielt Verlust eine große Rolle. Aber wie zeichnet man, was gar nicht da ist“ – so, wie man es jetzt im Buch sehen kann, ist man versucht zu sagen.
Wird es denn auch ein Buch über die Gründe der Auswandernden geben, sozusagen die zweite Seite der Medaille. „Wenn es geht, gibt es einen zweiten Band“, gibt sich Waterhouse zurückhaltend: Wir sind gespannt und warten ab. Und hoffen darauf.