Seit dem 6. Dezember 2018 (Nikolaustag) fragen wir wieder bis zum 6. Januar 2019 (Heilige Drei Könige) in der Buchbranche herum: „Wie war Ihr Jahr?“ Heute beantwortet Verleger Daniel Kampa unseren „anderen“ Fragebogen:
Welcher Tag war Ihr schönster in diesem Jahr?
Als meine Tochter ihre ersten Schritte gemacht hat.
Worüber haben Sie sich 2018 am meisten geärgert?
Über mein schlechtes Gedächtnis.
Was war 2018 Ihr schönster Erfolg?
Der erste Spiegel-Bestseller des Verlags: der Kanada-Krimi Hinter den drei Kiefern von Louise Penny. Im Februar 2019 gibt es für alle Fans Nachschub.
Und Ihr traurigster Misserfolg war …?
Ferdinand von Saars Meisternovelle Leutnant Burda, die Wiederentdeckung eines österreichischen Klassikers, den leider niemand wiederentdecken will. Lausige 626 Exemplare wurden verkauft! Doppelt traurig, denn die Novelle rührt einen wirklich zu Tränen. Die Lektorin floh im Verlag ins Badezimmer, weil sie beim Lesen ihre Tränen nicht zurückhalten konnte. Solch eine Wirkung entfaltet diese Novelle noch nach über 130 Jahren!
Ihre schönste Buchhandlung/Ihr liebster Verlag in diesem Jahr?
Meine Vertriebschefin Anica Jonas ruft mir gerade lachend zu: „Die Frage darfst Du nicht beantworten, bist Du wahnsinnig!“ Also: Eine der weltweit schönsten Buchhandlungen ist … die Livraria Lello in Porto, die durch Joanne K. Rowling und Harry Potter bekannt geworden ist. Heute muss man fünf Euro zahlen, um überhaupt hineinzukommen, und drinnen gibt es stapelweise die immer gleichen Bücher für die Touristenmassen – die Buchhandlung hat ihre Seele verloren. Was nur beweist: Das Sortiment einer Buchhandlung und das Engagement der Buchhändlerinnen und Buchhändler machen die wahre Schönheit einer Buchhandlung aus, nicht ihr Mobiliar.
Von welchem Thema wollen Sie (warum) im neuen Jahr nichts mehr lesen?
6 Millionen weniger Leserinnen und Leser.
Und über welches Thema wollen Sie mehr lesen?
7 Millionen neue Leserinnen und Leser.
Welchen Fehler aus diesem Jahr möchten Sie im kommenden Jahr vermeiden?
Es sind so viele, dass ich einige zum Glück vergesse, bevor ich sie noch einmal mache.
Und welchen Fehler werden Sie trotzdem wiederholen?
Leider zu oft vergessen, was mir Birgit Schmitz bei meiner Verlagsgründung über meine zwei ersten Mitarbeiterinnen mit auf den Weg gegeben hat, frei nach Robert Gernhardt: „Lieber Daniel, nimm es hin / dass die beiden was Besonderes sind / Und gib ruhig einmal zu / dass sie klüger sind als Du / Preise künftig ihre Namen / denn sonst setzt es etwas / Amen.« Gilt natürlich auch für alle Mitarbeiter, die später zum Verlag dazugestoßen sind und den Laden am Laufen halten.
Welches Buch hat Ihnen in diesem Jahr besonders viel Freude gemacht?
Ferdinand von Saars Leutnant Burda. Ein gutes Buch, das sich schlecht verkauft, bleibt ein gutes Buch und somit eine Freude.
Welches wird Ihr wichtigstes Buch im neuen Jahr?
Siehe unsere Frühjahrvorschau Seite 1 bis 99. Und da wir die Backlist pflegen und hegen wollen: siehe unsere 2018er Herbstvorschau Seite 1 bis 84.
Von wem würden Sie auch gern mal die Antworten auf diesen Fragebogen lesen?
Von meiner Vertriebschefin Anica Jonas, besonders die auf Frage Nummer 5.
Und welche Frage, die wir nicht gestellt haben, hätten Sie gern beantwortet?
Haben Sie eigentlich alle 192 Romane von Simenon gelesen?
Hier können Sie die auch beantworten:
Ja – zwei Mal. Einmal einfach so zum Spaß, ein zweites Mal mit dem Bleistift in der Hand. (Die Antwort stimmt zwar nicht und ist auch nicht von mir, sondern von dem Simenon-Biographen Pierre Assouline, aber ich lese weiter Simenon, damit ich eines Tages genau so antworten kann – natürlich mit einer kleinen Pause zwischen dem „Ja“ und dem „zwei Mal“.)
Gestern antwortete Klaus Humann morgen Wolfgang Hölker