Veranstaltungen Darum ging es auf der 200. Jahreshauptversammlung des Börsenvereins

Rein digital fand die 200. Jahreshauptversammlung des Börsenvereins, dem ältesten Wirtschaftsverbands Deutschlands, in diesem Jahr statt und war in vier Stunden dicht mit Themen gepackt.

Nach der Begrüßung durch die Vorsteherin Karin Schmidt-Friderichs und einer Schweigeminute für die in diesem Jahr verstorbenen Mitglieder führte sie die zahlreichen Themen im „Ping Pong“ mit dem Hauptgeschäftsführer Peter Kraus vom Cleff auf, die teilweise auch schon in den drei Fachausschuss-Sitzungen diskutiert wurden, unter anderem:

  • Gesamtgesellschaftlich beobachte man die Zunahme autokratischer Tendenzen kritisch. Wirtschaftlich halte der Kostendruck an, das Konsumklima sei schwach.
  • Gefreut wurde sich über die vorläufige Einigung im E-Lending-Streit mit den Bibliotheken. Mehr hier.
  • Die Verschiebung der Entwaldungsverordnung wurde als Etappenziel begrüßt, nun ginge es um ein schnelles Ergebnis und Sicherheit für die Unternehmen.
  • Positiv sei außerdem, dass die Buchbranche von der Late Payment Regulation ausgenommen worden sei, die ein verpflichtendes 30-tägiges Zahlungsziel vorsieht.
  • Wie es mit der vorgesehenen Verlagsförderung und dem Kulturpass weiterginge, sei angesichts der gescheiterten Regierung noch unklar.
  • Appeliert wurde weiterhin an notwendige Regeln für den Einsatz von KI. Außerdem brauche es einen Abbau unnötiger Bürokratie und eine MwSt-Entlastung für Bücher auf möglichst 0 Prozent bleibt einer der Wünsche.
  • Der Bedarf an digitalem Know-how steige weiter, die Angebote des Börsenvereins hierzu würden intensiv genutzt.
  • Das wirtschaftliche Auskommen der Branche bleibe ein zentrales Thema, eine gerade durchgeführte Analyse der Backlist stehe etwa im Mitgliederbereich zum Abruf und soll weiteren Aufschluss in dieser Hinsicht bieten.
  • In Webinaren, Leitfäden und den IGs ginge es weiterhin um die wichtigen Themen Nachhaltigkeit und Klimaschutz sowie Barrierefreiheit, deren Anforderungen im Juni 2025 fällig werden.
  • Auch der Fachkräfte-Mangel bleibt auf der Agenda. Peter Kraus vom Cleff auf berichtete von einer Veranstaltung bei der 500 Berufsberater:innen über die Berufe der Buchbranche informiert wurden, um dieses Wissen an Interessierte weiterzutragen.
  • Für die Demokratie setze man sich weiterhin u.a. mit der Woche der Meinungsfreiheit und der Stiftung Freedom for Expression ein. Außerdem bleibe man am Thema Leseförderung dran, u.a. mit der Initiative Neustart Bildung jetzt, dem Bildungsdialog und den bekannten Maßnahmen wie der Lesetüte, den Lesekünstler:innen und der Buchkita.
  • Bedauert wurde die Einschränkung der Sendeplätze für Bücher in den Medien, die vom Börsenverein ausgerichteten Buchpreise zeigten jedoch Wirkung.

Einblicke in die Fachausschüsse

Im Anschluss fassten die drei Vorsitzenden für die Fachausschüsse Christiane Schulz-Rother für den SoA, Jo Lendle für die Verlage und Stephan Schierke für den Zwischenbuchhandel die größten Themenblöcke aus ihrer Sicht zusammen. „Wir möchten und müssen wirtschaftlich auskömmlich arbeiten“, sagte etwa Schulz-Rother für die u.a. die Buch-Preisgestaltung, Kleinstsendungen, Remmissionen und E-Rechnung wichtige Themen bleiben. Höhere Kosten in der Buchproduktion, Nachhaltigkeit, verändertes Leseverhalten, englischsprachige Bücher, New Adult, KI, EU-Verordnungen und das E-Lending stehen für die Verlage auf dem Plan und Stephan Schierke ärgerte sich u.a. über das Produktsicherheits-, das Verpackungs- oder das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz. Die Entwaldungsverordnung sei eine gute Idee, die schlecht umgesetzt worden sei.

Verwiesen sei an dieser Stelle auch nochmal auf die Berichte zu den Fachausschuss-Sitzungen.

SoA

Verlage

Zwischenbuchhandel

Wirtschaftsbericht, Nachwuchsparlament, Wirtschaftsbetriebe

Auf die auch für den Verband steigenden Kosten verwies Schatzmeister Klaus Gravemann bei der Vorstellung des Wirtschaftsbericht. Allein die Personalkosten, die die Hälfte der Kosten des Verbandes ausmachen, seien durch Tariferhöhungen zuletzt um 18 Prozent gestiegen, man wirke aktiv mit Sparmaßnahmen dagegen, eine Beitragserhöhung sei jedoch notwendig, um die Kosten zu stemmen. Sowohl der vergangene als auch der zukünftige Finanzplan wurden von den Mitgliedern in den Abstimmungen schließlich angenommen.

Die Sprecher:innen des noch mit Namen lautenden Nachwuchsparlamentes berichteten von aktuellen Projekten der Zukunfts-AG, die sicg dem Berufseinstieg, der Demokratie-Förderung und der Nachfolge widmen. Sie baten um mehr Bewebungen für das Ausbildungs-Gütesiegel auch von Buchhandlungen, an Umfrage-Teilnahmen und der Freistellung junger Kräfte für das ehrenamtliche Engagement.

Karsten Schmidt-Hern warf einen Blick auf die Wirtschaftsbetriebe des Börsenvereins. Die Frankfurter Buchmesse sei noch nicht wieder auf ihrem Vor-Corona-Stand, strategische Fehler könne der Aufsichtsrat aber nicht ausmachen. Ansonsten arbeite die MVB weiter an VLB-Tix, die Frequenzumstellung des Börsenblatts, das Einbußen zu verzeichnen hatte, auf 14-tägig sei erfolgreich gewesen, die Zukunft des Buchjournals allerdings aktuell noch unklar.

Abstimmungen

Diesen Vorschlägen stimmten die Mitglieder im Anschluss mehrheitlich zu:

  • Klaus Gravemann stellte den neuen Flextarif des Börsenvereins ausführlich vor, der von den Mitgliedern angenommen wurde und ab 2026 Anwendung finden wird.
  • Der Ausschuss des Zwischenbuchhandels beantragte auch Softwareanbieter als kooptierte Mitglieder zuzulassen. Bis zu zwei kooptierte Mitglieder wurden ermöglicht, die jedoch kein Abstimmungsrecht erhalten.
  • Das Nachwuchsparlament wird in Zukunftsparlament umbenannt.
  • Die Beiträge für Softwareanbieter bemessen sich an den buchspezifischen Netto-Jahresumsätzen.
  • Die Beitragsprüfung muss nicht mehr im fixen zweijährigen Rhythmus erfolgen, sondern kann flexibler gehandhabt werden.

Eine Nachfrage gab es am Ende noch zur Nicht-Teilnahme des Börsenvereins auf dem vergangenen Handelskongress in Berlin. Dieser sei parallel zu den Vorstandssitzungen der Fachgruppenversammlung gelaufen, man pflege aber sonst enge Kontakte, versicherte Peter Kraus vom Cleff.