Donnerstag: Tag der 16 Überschriften, diese hier nicht mitgezählt
Liebe Freunde,
heute war Donnerstag oder, wie wir in Fachkreisen auch dazu sagen, der „schwarze Meridian der Buchmesse“: Wir haben genau die Hälfte geschafft, und genau die Hälfte liegt noch vor uns, und wir fühlen uns alle jetzt schon wie eine aufgeschnittene Pampelmusenhälfte, noch dazu senkrecht, das macht doch kein Mensch.
Da lobe ich mir doch das Vermeersche-Reinruprechtsche Stilleben mit vordergründiger Schokolade und verschwommenen Äpfeln.
Der Donnerstag wird der Tag der vielen Überschriften, weil ich so viel Schönes gesehen und erlebt habe, dass jedes seinen eigenen Absatz verdient. (Von 3. bis 6. stimmte in der Nacht die Zeilenformatierung nicht mehr, aber ich weiß nicht, ob das nur auf meinem Computer so war oder auf allen Computern der Welt.)
1. Dankbares Nachreichen:
Vielen Dank an Bernhard Schäfer von der eBuch und an Maren Ongsiek vom Messe-Mayer-Spät-und-Außen-Büro, die mich mit Bildern von den Graffs versorgten und mit der Schlagzeile:
Hädecke wird 100 und gewinnt den Deutschen Verlagspreis!
Und ich war nicht dabei. Aber andererseits hätte keines meiner Fotos so schön werden können wie dieses hier: Regen, Weingläser und Freude in der Dämmerung.
Susanna Wengeler aus meiner eigenen Redaktion versorgte mich mit diesem schönen Glücksfallfoto von Nobelpreisträgerin Olga Tokarczuk, denn wir sind ja Standnachbarn von Kampa, dem glücklichsten Verlag auf der Messe.
Vielleicht finde ich ja noch Gelegenheit, ein wenig Kampa für meinen Buchladen hier einzukaufen!
2. Bester Leserbrief des Tages:
„Lieber Herr Mayer,
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5. Die drei lustigsten Cartoons
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6. Ein Trend, der noch in den Startlöchern sitzt:
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So, und jetzt habe ich mir aber ein PeppaWutz-Buch verdient.
7. Zwei Wiedersehen:
Bei Random House habe ich in Stefan Breuer einen treuen Fan, der mir immer Zugang zur Bar und zur unterirdischen Random-House-Flüsterkneipe verschafft.
Buchbloggerin Lea Kaib, Liebling der Jugendbuchverlage und literarisches Nerdmaskottchen, sozusagen der weibliche Snapper Carr:
Ohne uns jemals zu verabreden, schaffen wir es aber seit ein paar Jahren, uns auf jeder Messe einmal im Flur zu begegnen – kreischend, kopfwackelnd und mit wedelnden Armen hüpfend.
8. Zwei neue Bekanntschaften
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9. Signierstunde bei 360 Grad Verlag
Harald Kiesels Kinder- und Jugendbuchverlag hat ein wundervolles Herbstprogramm vorgelegt, und ein besonderer Coup ist das Buch Regenland Trockenland, ein Wendebuch, das sich in der Mitte trifft. Ein Autor, zwei Zeichenstile.
Jan Birck und Joëlle Tourlonias zeichnen sich aus entgegengesetzten Richtungen durch das Buch, Michael Engler ist der Autor. Und Harald Kiesel ist der Schinder, der es schafft, dass alle drei auf engstem Raum ihre Synchronsignatur perfektionieren.
10. Was ist digitaler Antagonismus?
Das ist das, was Wibke Ladwig und mich innigst verbindet.
Ich geriere mich als technikferner Old-School-Analogist, der mit Netzwerken und Smartphones nichts anfangen kann, der gespreizt seinen Nokia-Bauklotz zum Telefonieren benutzt und sich ungeschickt gibt im Umgang mit den Erfordernissen der Zeit, ganz wie eine Art Anti-Lobo.
Und Wibke Ladwig durchschaut, dass das nur Pose ist. Denn das ist ihr Beruf: Typen wie mich zu enttarnen und zu verhindern.
Sie moderiert die Veranstaltung zur Woche unabhängiger Buchhandlungen.
Huch, ich selber bin ja auch eine unabhängige Buchhandlung!
Der wahre Grund aber, warum ich ein Wibke-Ladwig-Fan bin, ist:
11. Wichtigste Aktion des Tages
Freiheit für Gui Minhai: Der chinesische Publizist wurde vor vier Jahren verhaftet, und heute weiß keiner, wo er ist. Als Zeichen des Protests wurden heute auf der Agora die Regenschirme aufgespannt, initiert vom PEN-Club, von Amnesty International und dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels, als Aufgreifen der Regenschirmbewegung von 2014.
…aber ich wollte der Aktion von unten beiwohnen, wollte gerne mittendrin sein. Und ich muss leider zugeben: Wenn eine YouTuberin signiert, kommen mehr Leute.
Lustigerweise war auch unten für ausreichend Oben gesorgt. Die zweitwichtigste Requisite neben dem Regenschirm war nämlich:
Aber irgendwann waren alle Fotos im Kasten, und Börsenvereinsgeschäftsführer Alexander Skipis eröffnete den Redeteil.
Aber das habe ich mir nicht mehr angehört. Ich war nur hier, weil ich den folgenden Satz unter das folgende Foto schreiben will:
Sie verzeihen mir meinen Spott an dieser Stelle nicht nur, sondern Sie blicken tief in mein Herz und wissen, dass Spott mein Grund ist, selber ein glühender Verfechter der freien Rede zu sein:
Freie Rede ist wichtig, weil ich nicht ins Gefängnis kommen will, nur weil ich Späße schreibe.
#freethewords
12. Jon Klassen und Mac Barnett
sind ein Gespann aus Texter und Zeichner, und vor allen Dingen sind sie sehr witzig. Wenn Sie aus ihren schrägen, simplen Büchern vorlesen, dann atmet das Comedy. Und nicht nur die Chemie zwischen Geschichte und Figuren stimmt, sondern vor allem die der beiden Künstler.
Bei einem Auftritt im Lesezelt lasen die beiden zwei ihrer Kinderbücher vor, und ich habe die ganze Zeit Tränen gelacht.
Dreieck (und andere Titel) gibt es aktuell bei NordSüd.
Und nicht nur gelesen, geplänkelt und gefrotzelt wurde live, sondern auch gezeichnet.
NordSüd: Diese beiden einzuladen war ein großer Coup.
Danke an Susanna Wengeler, dass Du mich darauf angesetzt hast. Das wäre mir sonst entgangen.
13. Ich habe es in den Zweitausendeins-Katalog geschafft!
Nostalgiekultverlag Zweitausendeins hat immer noch seinen Katalog, aber nicht mehr in der klassischen, eierschalenfarbenen Dünndruckversion, sondern hübsch und ansehnlich.
Er ist nicht mehr so dick und dafür etwas größer, aber das gereicht ihm zum Vorteil: Zweitausendeins ist keine Schnäppchenhalde mehr, sondern ein erlesener kultureller Vorteilsmarkt.
Selbst die scheinbar erfundene Katalogtante Frau Susemihl gibt es noch, denn sie hat Peter und der Wolf für Zweitausendeins aufgesprochen. Inzwischen ist sie verstorben, aber der Punkt ist doch: Frau Susemihl war nicht erfunden.
Bei Zweitausendeins gibt es auch den erotischen Heinz-Strunk-Kalender.
Jedenfalls hatte ich eine spaßige und informative Zeit am unzufriedenstellenden Systemstand von Zweitausend eins.
Peggy Sasse wird plötzlich bleich und sagt: Da kommt mein Vater. Und tatsächlich: Es ist die dunkle Seite der Spendensammlung.
Aber ich schweife ab. Weswegen war das noch alles gleich wichtig? Ach ja:
Ich stehe im Zweitausendeinskatalog!
Wie ließ Lampedusa in Der Leopard sagen: Wenn wir wollen, daß alles so bleibt, wie es ist, dann ist es nötig, daß sich alles verändert.
14. Ralf Kramp: Ich liebe diesen Mann
Ralf Kramp ist Krimiverleger bei KBV, aber auch Autor und Kleinkrimineller, je nach Konjunkturlage. Sein krimienthusiastischer Herzblutverlag KBV feiert dreißigjähriges Jubiläum! Und es gibt keinen Spaß, den er nicht mit mir machen würde, also muss ich da jetzt unbedingt hin.
Ich überrasche ihn – und auch mich selbst! – mit der Kongruenz, die sein ganzes Wesen mit meinem aktuell zu lesendem Buch hat.
Also gehe ich sofort zum Angriff über.
Indes zeigt Ralph Kramp, dass er mir in Sachen Guerillamedienselbstdarstellung weit voraus ist, als ich später nämlich das hier auf Facebook entdecke:
15. Standparty beim Börsenverein
Am Abend lande ich noch auf der Standparty des Börsenvereins. Ich will das nicht, aber mein Weg zum Torhaus führt durch Halle 4.1
Die Party ist bereits im vollen Gange, also mache ich, was ich auf jeder Party mache: Ich setze mich zu den Strebern.
(Denn Frau Ongsiek wird mich hier gleich loseisen und zum Schnaps führen.)
Börsenvereinsjustiziar Dr. Christian Sprang sagt, dass es eine gute Idee ist, diese leckeren Orangenkekse zum „Branchenkeks“ zu definieren, schon allein weil sich „Orange“ und „Branche“ ähnlich anhört. Ob ich wohl derselben Meinung sei?
Und das, lieber Dr. Sprang, ist der Grund, warum Marketing eine eigene Abteilung ist.
Aus irgendeinem Grund wird ein Foto mit echten Buchhändlern benötigt, und bei sowas frage ich ja auch gar nicht nach dem Grund, sondern polke mich gleich mit meinen besten Posen und Gesichtern ein:
DJ, Schnittchen, Schnaps und Menschenmengen: Die Standparty des Börsenvereins kann sich auch dieses Jahr sehen lassen.
Aber Zeit genug für den Alkohol des Abends hatte ich noch: Der MVB lässt sich zur Hochprozentualisierung nämlich auch immer echt was einfallen. Und so auch dieses Jahr:
Na? Habe ich zuviel versprochen? Dem unwürdigen Gepule entging ich, indem ich diese kleinen Biester souverän schälte, und ebenso glitt der Pudding hernach wie eine Auster in meine Kehle.
16. Zum Geleit
Beim Nachhauseweg fotografiere ich die wunderschöne Halle 3 durch ein verregnetes Fenster hindurch. Das Foto kann sich nicht entscheiden, ob es eine sehr atmosphärische Momentaufnahme oder einfach nur ein schlechtes Foto ist.
Vom Magellan-Verlag bekomme ich einen Wal geschenkt, ein Spritztier, und ich darf die Farbe aussuchen.
Ich wünsche Ihnen einen guten Freitag, bevor am Wochenende die Büchse der Pandora geöffnet und wieder normales Volk hier eingelassen wird.
Herzlichst,
Ihr und Euer
Matthias Mayer
Norwegens beste Edvards, 3 von 6
🤣
Ei, die Mama!
😘😘😘
Lieber Herr Mayer, falls es Sie zum Picus Verlag verschlagen sollte – die haben Mozartkugeln. So wurde es mir jedenfalls gesagt. Ob das nur ein Buchmessenmythos ist? Aber irgendwie müssen sich die Österreicher ja entspannen, bei dem Handke-Hin-und-Her. Da bleibt nur Schokolade mit Marzipan und Pistazie. In Kugelform.
Herzlich,
Susanne Falk
Danke für den Tipp! Ich kann das bestätigen.
Peppa Pig! Du Sack!