Ich liebe es, bei der Recherche für diese Kolumne durch die Welt der Literaturblogs zu flanieren, mich hier festzulesen und dort ein Buch empfohlen zu bekommen, an der einen Stelle zustimmend zu nicken, an einer anderen eine gegenteilige Meinung kennenzulernen – Monat für Monat entstehen in der Literaturblogszene zahllose lesenswerte Texte und einige davon stelle ich hier vor. Diesmal der Mai 2024 also.
Hochaktuell: Im Blog Reklamekasper empfiehlt Norbert Kraas zwei Bücher zum Thema Europa und verbindet dies mit einem leidenschaftlichen Plädoyer, am 9. Juni 2024 an der EU-Wahl teilzunehmen. Es handelt sich um »Die Welt von morgen« von Robert Menasse und »Der entführte Westen« von Milan Kundera.
Katherina Herrmann bespricht in ihrem Blog Kulturgeschwätz den Roman »Die Passagierin« von Franz Friedrich und weckt große Neugier auf dieses Buch. Das übrigens im Dunkeln leuchtet.
An Atalantes Historien schätze ich nicht nur die stets in die Tiefe gehenden Buchbesprechungen, sondern auch die wohltuend minimalistische Gestaltung des Blogs, der – von kleinen Coverabbildungen der vorgestellten Bücher abgesehen – ganz ohne Bildelemente auskommt. Hier mochte ich im Mai die kritische Rezension des Romans »Kleine Probleme« von Nele Pollatschek.
Das Sachbuch »Marseille 1940« von Uwe Wittstock ist – zu Recht – momentan in aller Munde. Perfekt dazu passend empfiehlt Daniel Engel im Literaturblog Bücherherbst den Titel »Frühling 1940« von Raffael Scheck. Es klingt hochinteressant und das Buch ist sofort auf meine Wunschliste gelandet.
Es ist die Zeit der Herbstvorschauen; so ziemlich alle Verlage haben in den letzten Wochen ihr Programm für die zweite Jahreshälfte vorgestellt. Traditionell gibt es in den Blogs Buch-Haltung und LiteraturReich wieder handverlesen zusammengestellte Ausblicke auf kommende Lesehighlights. Große Vorfreude.
Im Blog Mein Kunstbuch geht es um das wichtigste Werk der letzten 75 Jahre: Unser Grundgesetz. Vorgestellt wird eine Ausgabe in graphisch schön aufbereiteter Magazinform. Gefällt mir ausgesprochen gut.
Im Blog Oceanlove(r) bin ich auf die Buchempfehlung »Europa mit dem Zug« aus dem Reisedepeschen Verlag gestoßen; ein Buch, das ich auch zu Hause habe und das unweigerlich Fernweh auslöst. Und mich an meine langen Zugfahrten quer durch Frankreich, Spanien oder Italien erinnert – nicht nur eine nachhaltigere, sondern vor allem eine viel bewusstere Art des Reisens. Und der schöne Blog ist ohnehin immer einen Besuch wert.
Die Glockenbachwelle ist der gemeinsame Podcast von Pamela Scholz, Inhaberin der Münchener Glockenbach-Buchhandlung, und von Stephanie Sack mit ihrem Literaturblog Nur Lesen ist schöner. Im Mai zu Gast war der Autor Alex Capus, der sein neues Buch »Das kleine Haus am Sonnenhang« dabei hatte. Herausgekommen ist ein so wunderbar entspanntes Gespräch, dass man beim Zuhören die Zeit vollkommen vergisst.
Ich bin großer Fan der Bücher von Ernest Hemingway und freue mich, wenn ab und zu eines seiner Werke in einem Literaturblog auftaucht. Wie etwa »In einem anderen Land« im Blog Bücherbriefe. Zu finden ist dort eine sehr lesenwerte Besprechung dieses modernen Klassikers.
Um den Roman »A wie Ada« von Dilek Güngör geht es im Blog Aufklappen. Blogger und Buchhändler Pascal Mathéus schreibt einleitend: »Hört das denn niemals auf? Wann werden aus Fremden Einheimische? Und müssen sie das überhaupt? Dilek Güngörs neuer Roman regt Fragen an. Es ist ein kleines Buch, das hier vorliegt, getragen wird es jedoch von einer tiefen Erfahrung.«
Im Blog Leseschatz stellt Blogger und Buchhändler Hauke Harder den Roman »Unter Wölfen« von John Wray vor. Nachdem mir vor einigen Jahren dessen Buch »Die rechte Hand des Schlafes« so überaus gut gefallen hat, ist das eine willkommene Empfehlung.
Ulrike Sokul bespricht in ihrem Blog Leselebenszeichen den schaurig-schönen Roman »Vom Krähenjungen« von Sonja Kettenring. Große Empfehlung. Und Marina Büttner hat sich in ihrem Blog literaturleuchtet »Demon Copperhead« von Barbara Kingsolver genauer angesehen. »David Copperfield« von Charles Dickens – auf den Kingsolver ja Bezug nimmt – lag dabei stets in Reichweite.
In meinem eigenen Blog Kaffeehaussitzer schreibe ich über »Baumgartner«, Paul Austers letzes Buch. Sein Abschiedsbuch.
Das war der Netzrückblick Mai 2024. Viel Spaß beim Lesen und Entdecken. Und bis bald.
Uwe Kalkowski ist seit über 30 Jahren in der Buchbranche tätig und kennt sie aus unterschiedlichen Perspektiven: Als Buchhändler, als Absolvent des Studiengangs Verlagswirtschaft in Leipzig und als Mitarbeiter verschiedener Verlage. Seit August 2019 arbeitet er als Produktmanager für den Eichborn Verlag in Köln. In seinem Blog Kaffeehaussitzer schreibt er über Bücher, Literatur und Leseerlebnisse und stellt in der monatlichen Kolumne »Kaffeehaussitzers Netzrückblick« auf buchmarkt.de lesenswerte Fundstücke aus den unterschiedlichsten Literaturblogs vor. »Vollkommen subjektiv, handverlesen und rein persönlich ausgewählt – ohne Anspruch auf Vollständigkeit, denn eine solche kann es in einer so vielschichtigen Szene gar nicht geben«, wie er sagt.