Kaffeehaussitzers Netzrückblick Fundstücke aus den Literaturblogs – November 2017

Kalkowski
Der Kaffeehaussitzer in seiner natürlichen Umgebung Foto: © Vera Prinz

Herbst. November. Lesezeit. Und wieder einmal ein Monat mit zahlreichen interessanten und lesenswerten Beiträgen aus der vielfältigen Welt der Buchblogs.

Fest im November etabliert ist seit einigen Jahren die Woche unabhängiger Buchhandlungen, die ein wichtiges Kommunikationsinstrument für die zahlreichen inhabergeführten und engagierten Buchhandlungen geworden ist, die unsere Bücherwelt so bereichern. Im Blog intellectures gibt es anlässlich dieser Woche Interviews mit Berliner Buchhändlerinnen und Buchhändlern, genauer gesagt mit Edgar Rai von Uslar&Rai, mit Maria-Christina Piwowarski von ocelot, not just another bookstore, mit Sarah Schaper von der Buchkantine und mit Christian Koch von der Hammett-Krimibuchhandlung.

Nadine Henning bricht in ihrem Blog Tausend Leben mit dem leidenschaftlichen Beitrag „Buy local und rettet den Buchhandel“ eine Lanze für den Bücherkauf vor Ort. Überhaupt wird in zahlreichen Buchblogs dafür plädiert, unabhängigen Buchhandel zu unterstützen. Gleichzeitig ist die Zusammenarbeit von Buchhandlungen und Literaturblogs noch ein sehr zartes Pflänzchen, was ich sehr schade finde. Hier wäre auf jeden Fall viel Luft nach oben und ein Menge Potenzial, das darauf wartet, aktiviert zu werden. Vielleicht ein Vorsatz für das neue Jahr?

Anfang November wurde der Bayerische Buchpreis vergeben und das gesamte Procedere erstmals von Literaturblogs begleitet. Sehr lebendig bloggten und kommentierten Birgit Böllinger von Sätze & Schätze, Katharina Herrmann von 54Books und Marius Müller von Buch-Haltung. Es kam dabei eine Menge Lesenswertes zusammen, das alles aufzuführen hier den Rahmen sprengen würde. Stellvertretend dafür und quasi als Einstieg sei auf das #BayBuch-Fazit auf Sätze & Schätze hingewiesen.

Und noch ein Preis: Zum 25. Mal wurde die Auszeichnung „Wissensbuch des Jahres“ vergeben. Im Blog Elementares Lesen gibt es eine wunderbare Übersicht über die Gewinner des Jahres in den verschiedenen Kategorien. Bloggerin Petra Wiemann betreibt mit Elementares Lesen einen der profundesten Sachbuch-Blogs und war auch dieses Jahr wieder Mitglied der Jury von „Wissensbuch des Jahres.“

Der Blog Das Debüt vergibt erneut die Auszeichnung für das beste deutschsprachige Debüt. Nach der Vorauswahlphase steht nun die spannende Shortlist fest.

Für manche unvorstellbar, für andere Gewohnheit: Wie es ist, zwei oder mehrere Bücher gleichzeitig zu lesen, thematisiert ein Beitrag im Blog Perspektiven und Blickwinkel.

„Die wichtigsten Bücher meines Lebens sind jene, die mir die Knochen gebrochen haben. Ich erinnere mich an sie wie an Erlebnisse, die mich verändert haben.“ Mareike Fallwickl beschäftigt sich in ihrem Blog Bücherwurmloch mit der Frage, ob ein Buch auch die falschen Gefühle auslösen kann. Ihr ganz klares Fazit: Nein. Sehr lesenwerter Text!

„Ich lese mich rund um die Welt – Bücher für mehr Weltoffenheit“ ist der Titel eines Beitrag im Blog Bleisatz. Bloggerin Bettina Schnerr hat sich in den letzten Monaten gezielt Lektüren abseits ihrer üblichen Leseschemata gesucht und berichtet darüber. Nachahmenswert.

„Links“ gegen „Rechts“ – die Debattenkultur hat sich im Laufe dieses Jahres mehr und mehr aufgeheizt. Lars Hartmann startet auf seinem Blog AISTHESIS nun eine lose Beitragsreihe über Bücher und Texte zu dieser Thematik.

Vor dem Hintergrund von #MeToo beschäftigt sich die Bücherkrähe mit der Frage, ob man Künstler und Werk trennen kann oder soll. Sie bringt das gewohnt lesenswert auf den Punkt, auch wenn es letztendlich jeder für sich selbst entscheiden muss.

„Game of Thrones vs. Herr der Ringe“ – zwei bahnbrechende Epen werden im Blog wortmax miteinander verglichen; vor allem unter dem Gesichtspunkt der gesesellschaftlichen und politischen Zusammenhänge.

Im Blog buchrevier habe ich eine Besprechung des Buches „Die Farbe von Milch“ von Nell Leyshon gelesen. Warum ich ausgerechnet diese Buchvorstellung erwähne? Weil sie ein ausgezeichnetes Beispiel dafür ist, wie leidenschaftlich geschriebene Blogbeiträge jemand dazu bringen können, sich für ein Buch zu interessieren, das ansonsten an einem vorbeigegangen wäre. Mir ging das jedenfalls so.

Bei Manesse ist im Herbst eine Neuübersetzung von Homers „Ilias“ erschienen. Im Blog Bonaventura gibt es eine Würdigung dieser übersetzerischen und herausgeberischen Glanzleistung. Und für seinen Blog lustauflesen.de hat Jochen Kienbaum den Übersetzer Kurt Steinmann interviewt.

Im Blog A Million Pages finden wir einen interessanten Beitrag über Gerda Taro und das bewegte Leben der ersten Kriegsfotografin, die im Spanischen Bürgerkrieg ums Leben kam. Grundlage und Anlass für den Text ist der Roman „Warten auf Robert Capa“ von Susana Fortes.

Marion Rave stellt in ihrem Blog schiefgelesen die neue Literaturzeitschrift Fünf.Zwei.Vier.Neun. vor, die gegründet wurde, um vergessenen Texte aus der Zeit der Weimarer Republik neues Leben einzuhauchen. Eine sehr unterstützenswerte Idee.

Und zum Abschluss gibt es von Isabella Caldart im Blog novellieren einen Blick hinter die Kulissen des weissbooks.w-Verlags, der zum einen zeigt, wie viel Mut und Engagement nötig ist, um einen kleinen, unabhängigen Verlag am Laufen zu halten. Und der zum anderen deutlich macht, wie wichtig genau solche Verlage für die Vielfalt unserer Literatur sind.

Das war es wieder einmal. Ich hoffe, dass ich ein paar interessante Leseanregungen geben konnte und wünsche uns allen eine schöne Advents- und Weihnachtszeit.

Uwe Kalkowski ist seit vielen Jahren in der Buchbranche tätig und kennt sie aus unterschiedlichen Perspektiven: Als Buchhändler in großen und winzigen Buchhandlungen, als Absolvent des Studiengangs Verlagswirtschaft in Leipzig und als Marketingmensch in verschiedenen Fachverlagen; seit 2009 ist er Marketingleiter des RWS Verlags in Köln. Als Kaffeehaussitzer bloggt er über Bücher, Literatur und Leseerlebnisse. In der Kolumne Kaffeehaussitzers Netzrückblick gibt er hier auf buchmarkt.de regelmäßig eine Übersicht über lesenswerte Fundstücke aus den Literaturblogs. „Vollkommen subjektiv, handverlesen und rein persönlich ausgewählt ohne Anspruch auf Vollständigkeit, denn eine solche kann es in einer so vielschichtigen Szene gar nicht geben“, wie er sagt.

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