Danach fragen Kunden Umgeblättert heute: „Eine Übung in religiöser Musikalität für alle“

Jeden Morgen blättern wir für Sie durch die Feuilletons der führenden Tageszeitungen – damit Sie schnell einen Überblick haben, wenn Kunden ein bestimmtes Buch suchen oder Sie nach einer Idee für einen aktuellen Büchertisch:

 

„Höhepunkte der Sittenschilderung“: Zurück nach Wien: Die „Josefine Mutzenbacher“ präsentiert sich in einer neuen Ausgabe. „Was leistet also die neue Edition? Sie bringt einen Text, der nicht oder nur unwesentlich von der Ausgabe Wieners (und wohl auch von anderen) abweicht. Dafür versieht sie ihn in der Marginalspalte, in Schmuckfarbenrot, mit Anmerkungen, die neben Erklärungen wienerischer Wendungen etwa solche Erläuterungen geben: ‚Hier haben deutlich die Männer die Verfügungsgewalt, in anderen Sexszenen beharrt Pepi auf ihrer (subversiven) Handlungsmacht.'“
Josefine Mutzenbacher. Die Geschichte einer Wienerischen Dirne von ihr selbst erzählt. Wiener Ausgabe. (hrsg. v. C. Ruthner, M. Strasser und M. Schmidt; SonderzahlVerlag)

„Das finale Lachen am Abgrund“: Erinnern, eine leere Hülle? Yasmina Rezas Roman Serge. „Yasmina Rezas Buch begleitet die verbliebenen Angehörigen über ein Stück ihres Lebens, auch auf ihrer Reise nach Auschwitz-Birkenau. (…) Dieser großartige Roman öffnet die Tür einen Spalt breit, eine Trauer könnte beginnen, vielleicht sogar ein Gedenken.“
Yasmina Reza, Serge. Roman (aus dem Französischen von Frank Heibert und Hinrich Schmidt-Henkel; Hanser Verlag)

„Großes Staunen in Amerika“: Von Wien in die Welt: Ein Band sammelt Reisereportagen von Alice Schalek, der Karl Kraus zu prekärer Bekanntheit verhalf. „Die vorliegende Ausgabe kommt mit ganzen neun Abbildungen für einundvierzig Texte aus, obwohl die sechs aufgenommenen illustrierten Reportagen allein bis zu sechs Bilder enthielten und der Ausstellungskatalog bereits zahlreiche Fotos mit Texten aus den vielen bilderlos abgedruckten Artikeln verknüpft hatte.“
Alice Schalek, Reportagen von den Rändern der Moderne. Reiseberichte aus Afrika, Indien sowie Nord- und Südamerika in den 1920er und 1930er Jahren (Promedia Verlag)

„Gott ist größer“: Und wir Menschen können immer nur Götzen anbeten: Navid Kermanis Islamkunde ist eine Übung in religiöser Musikalität für alle. „Navid Kermani, der politische Redner, der weitgereiste Reporter und Erzähler, der schriftgelehrte Kenner seiner eigenen Religion, der Freund des Christentums, das er sich über die bildende Kunst erschloss, hat es für seine zwölfjährige Tochter geschrieben. (…) Wir lauschen einem intimen, familiären Religionsunterricht für ein ganz modernes Mädchen, das alterstypisch ungebärdig, verquasselt und neugierig ist, dabei erst einmal ungläubig-kritisch gegen alles, was ein Vater ihr vorsetzt.“
Navid Kermani, Jeder soll von da, wo er ist, einen Schritt näher kommen. Fragen nach Gott (Hanser)

„And I’m feeling good“: Ein Buch wie ein Lied von Nina Simone: David Chariandy erzählt in seinem Roman Francis vom Katzentisch des Lebens und von denen, die nur dort einen Platz abbekommen haben. „Kunstvoll wechselt David Chariandy wie ein DJ zwischen der Erzählgegenwart Anfang der 90er und den frühen 80er-Jahren hin und her, mixt die beiden Zeitebenen ineinander. Seine Sätze sind von poetischer Beiläufigkeit und von Dezenz, vieles bleibt unausgesprochen, in Gesten oder in der Stille geborgen.“
David Chariandy, Francis. Roman (aus dem Englischen von Thomas Brovot; Claassen)

„Verpflichtung zur Großherzigkeit“: Robert Brandom besteht darauf, dass wir nur durch systematische Philosophie zu besseren Menschen werden. „Brandom seinerseits ist ausdrücklich ‚erbaulich‘ und behandelt Philosophie entgegen allen Transparenzversicherungen als ‚esoterisches Besitzthum einiger Einzelnen‘. All das nicht zum Schaden möglicher Leser, aber man sollte eben wissen, worauf man sich einlässt. (…) Eine Würdigung von „Im Geiste des Vertrauens“ muss die beiden Übersetzer unbedingt einschließen. Sebastian Koth und Aaron Shoichet haben die Begriffs- und Argumentationswelt Brandoms konsequent und kohärent in ein elastisches Deutsch umgegossen.“
Robert B. Brandom, Im Geiste des Vertrauens. Eine Lektüre der „Phänomenologie des Geistes“ (aus dem Amerikanischen von Sebastian Koth und Aaron Shoichet; Suhrkamp)

„Disziplin der Hände“: Was die chinesische Schrift über Kultur und Macht verrät. „Auf seinen kaum mehr als 100 Seiten richtet Ledderose unseren Blick auf zentrale Aspekte der chinesischen Kultur, die im Alltagsgeschäft der Nachrichten keinen Platz finden können. Erhellend, bereichernd, Neugier erweckend. Man wünscht es auf vielen Schreibtischen von Entscheidungsträgern.“
Lothar Ledderose, China Schreibt Anders (Alfred Kröner Verlag)

 

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