Beckmann kommtiert Der „gefühlte Skandal“ ist doch ein richtiger Skandal und ärger als vermutet. Eine Antwort auf Wolfgang Hertlings Kritik an der vorausgegangenen Kolumne

Dank an Wolfgang Hertling vom Darmstädter pala-Verlag, für seinen Einwurf [mehr…] zu meinem Kommentar Unruhe unter Verlegern: Führen Titeleinträge im VLB zu einer Zwangsteilnahme bei VTO? Mit dem Zwangsentgelt einer doppelt so hohen VLB-Titelgebühr? [mehr…]

Der von mir zitierte Kleinverleger hatte zum Schluss seiner Ausführungen über die Erhöhung der VLB-Gebühr ratlos gefragt: „Was soll ich machen?“ Wolfgang Hertling gibt ihm den Rat: „Richtig lesen und richtig rechnen“, und ergänzt später: „Der kleine Kleinverleger sollte nicht nur wissen, ‚was ein Wort bedeutet und wann’s falsch eingesetzt wird – wie beispielweise in einem Krimi, um die Leser zunächst einmal irrezuführen’, sondern auch ‚höchst penibel’ rechnen, den Unterschied von Netto und Brutto kennen, da auch hier die Gefahr besteht, dass der Leser irregeführt wird.“

Wolfgang Hertling stellt folgende Gegenrechnung auf:

„Die aktuellen VLB-Gebühren liegen bei 1,30 Euro pro Titel zuzüglich 0,95 Euro für die Verschlagwortung. Macht zusammen also 2,25 Euro. Die Erhöhung auf 3 Euro (inklusive Verschlagwortung) ist also eine Erhöhung um 33%, was für den Verleger, der bei VTO nicht mitmacht, immer noch unerfreulich ist, aber den ‚gefühlten Skandal’ doch deutlich reduziert.“

Nur: Wolfgang Hertlings Berechnungen mögen für seinen pala-Verlag stimmen. Auf meinen Kleinverleger treffen sie leider keineswegs zu.

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Auf dessen Rechnung beläuft die VLB-Gebühr sich (inklusive Mehrwertsteuer) nun einmal auf 1,55 Euro. Er hat seine Titel nämlich nicht verschlagworten lassen, weil er dazu keinen Anlass sah. Folglich hatte er zur VLB-Gebühr von 1,30 Euro (ohne Mehrwertsteuer) auch keineswegs „zuzüglich 0,95 Euro für die Verschlagwortung“ zu zahlen.

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Nun schreibt Wolfgang Hertling aber auch, „die Erhöhung auf 3 Euro“ verstehe sich „inklusive Verschlagwortung“. Für diesen Hinweis besonderen Dank. Den Punkt hatten mein Kleinverleger und ich leider übersehen.

Er macht die ganze Sache allerdings noch einen Deut ärger; denn er bedeutet: Künftig hat ein Verleger auch hier keine Wahl mehr. Ganz gleich, ob er seine dem VLB gemeldeten Titel verschlagworten lassen will oder nicht: Er muss für die Verschlagwortung blechen – neben der Zwangszahlung für VTO also eine weitere Zwangsbeglückung. Cui bono?

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Dank an Wolfgang Hertling auch für einen weiteren übersehenen Aspekt: Die von meinem Kleinverleger entrichtete alte VLB-Gebühr von 1, 55 Euro inkludierte die Mehrwertsteuer, aber „der gegenübergestellte neue Betrag von 3 Euro ist ein Nettobetrag ohne Mehrwertsteuer“. Und das bedeutet schlicht: Weil diesen 3 Euro noch die 19prozentige Mehrwertsteuer, also 0,57 Euro hinzu addiert werden muss, sind künftig insgesamt 3,57 Euro pro VLB-Eintrag zu entrichten.

Ergo: Die Erhöhung der VLB-Titelgebühr macht für meinen Kleinverleger nicht, wie in meinem vorausgegangenen Kommentar behauptet, nahezu 100, sondern sogar fast 130 Prozent aus.

Darum ein letztes Mal: Dank an Wolfgang Hertling, weil er meinen Kleinverleger – und natürlich auch mich – aufgefordert hat, „richtig zu lesen und richtig zu rechnen.“ Schade nur, dass sein guter Rat seinem ratlosen bayerischen Kollegen so gar nicht als hilfreiche Antwort auf die Frage dienen kann: „Was soll ich machen?“

Schade auch, dass er keinesfalls dazu dienen kann, den „gefühlten Skandal“ deutlich zu reduzieren, sondern das Gegenteil bewirkt.

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Ich habe lediglich dargestellt, wie ein bestimmter Verlag von der neuen Gebührenfixierung betroffen ist. Es handelt sich offenbar um einen kleinen Verlag der Art, die es besonders hart trifft. Bei anderen kleinen Firmen, die hauptsächlich wissenschaftliche Titel verlegen und nicht ins VTO wollen, mag die Steigerung „nur“ 33% oder – wohl eher – „nur“ 50 Prozent ausmachen. Immerhin. Für nichts und wieder nichts.

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Das VLB ist seit einiger Zeit ohnehin im Gerede, die Unzufriedenheit größer geworden. Um eins klarzustellen: Dieser wie der vorherige Kommentar sind nicht in der Absicht geschrieben worden, neuerlich eine Gelegenheit zu nutzen, um gegen die MVB zu stänkern. Wohl aber, um die Damen und Herren der MVB zu mahnen, vor Neuerungen erst einmal gründlich die Interessen der breiten Mitglieder im Börsenverein bedenken.

Denn das VLB ist für viele Verlage und Sortimenter nach wie vor ein wichtiges Fundament ihres Geschäfts. Darum sollte die MVB Wege finden, seine Nutzung zu optimieren, statt sie weiter zu untergraben – was geschehen würde, wenn , was zu befürchten steht, viele Verlage aus Kostengründen und Verärgerung ab 2008 auf die Meldung ihrer Titel im VLB verzichten würden.

Die MVB sollte ihr neues VLB/VTO-Gebührenmodell einschließlich einer zwangsweisen Zahlung für die Verschlagwortung von Titeln schleunigst im Hirschgraben versenken und sich ein anderes ausdenken: etwas, das der Zukunft des VLB wie ihrer eigenen Zukunft dienlich ist – indem sie nicht auf kurzfristige eigene Managementziele oder Interessen einiger großer Verlage, sondern mehr auf die Bedürfnisse der vielen kleinen Verlage und des Buchhandels setzt.

Gerhard Beckmann freut sich über Antworten an GHA-Beckmann@t-online.de

Weitere Beiträge der Kolumne „Beckmann kommentiert“ finden Sie im Archiv unter dem Stichwort: „beckkomm“.

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