Die Buchhändler Thomas und Angelika Mahr aus Langenau richten sich mit einem Brief an Monika Grütters, Bundesministerin für Kultur und Medien, um diese aufzufordern, als Vermittlerin im Insolvenzfall KNV aufzutreten, ‚um den Absturz des Deutschen Buchhandels aufzuhalten‘:
Langenau, 18. Februar 2019
Sehr geehrte Staatministerin für Kultur und Medien, sehr geehrte Frau Grütters,
der Insolvenzantrag des Buchgroßhändlers Koch, Neff & Volckmar – kurz KNV – kommt für den deutschen Buchhandel einer Katastrophe gleich. Kaum einer wird das besser verstehen als Sie. Ihr Verständnis, ja ihre Liebe und Engagement für die unabhängigen Buchhandlungen und die kleinen, selbständigen Verlage wird bei Ihnen aufgrund dieser beunruhigenden Nachricht doch alle Alarmglocken läuten lassen. Natürlich darf man die akute Bedrohung von 1800 Mitarbeitern, ihren Arbeitsplatz zu verlieren, nicht außer Acht lassen. Doch genauso schwer wiegt die Gefahr, deren Tragweite noch nicht abzuschätzen ist, dass das Scheitern des größten deutschen Buchgrossisten einen Dominoeffekt auslösen könnte. Die Leistungen des europaweit größten Buch-Logistikers sind so vielfältig, dass sie unabdingbar für den deutschen Buchhandel sind. Gerade die kleineren Verlage und die unabhängigen Buchhandlungen sind existenziell an die Dienstleistungen des Großhändlers gebunden, um in Deutschland flächendeckend Literatur an die Leser zu vermitteln.
Wir glauben jetzt ist das eine Prozent der deutschen Bevölkerung gefragt, welches zusammen mehr als 40 Prozent des Vermögens der Deutschen besitzt. Dieses eine Prozent an Vermögenden, das zum Beispiel in Osteuropa ganze Landstriche aufkauft, weil sie nicht wissen wohin mit ihrem Kapital. Es gilt diese Menschen an ihrer Ehre zu packen, dass der deutsche Buchmarkt nicht vor die Hunde geht. Ein Buchmarkt, um den uns die ganze Welt beneidet, der ein Symbol ist, für die großartigen Kulturleistungen unseres Landes. Es muss sich ein Investor finden, der für die Kontinuität im deutschen Buchhandel sorgt.
Gerade in einer Zeit, in der junge Menschen wieder beginnen in den Büchern Antwort zu suchen auf die großen Fragen der Zeit und für sich die Welt der Bücher neu entdecken, gerät der Buchhandel in eine existenzielle Krise. Gerade als mutige, junge Verleger sowohl die Moderne in ihren kleinen Verlagen mitgestalten und gleichzeitig Kulturarbeit im wahrsten Sinne des Wortes leisten, in dem sie Vergessenes und Unentdecktes ausgraben, gerät ihre ohnehin finanziell gewagte Arbeit ökonomisch in eine Schieflage.
Die Frage ist müßig, welche Rolle unternehmerische Fehlentscheidungen an dieser Insolvenz von KNV spielten oder ob sie nur Ausdruck der Krise des Buchhandels sind. Wir bitten Sie in dieser akuten Notlage als Vermittlerin zu helfen, den drohenden Konkurs des Buchgrossisten abzuwenden. Um einen vielfach höheren Betrag wurden in Deutschland marode Banken gerettet. Jetzt gilt es unserem Buchhandel zu helfen. Es scheint, als sei unsere Welt aus dem Lot geraten; nicht zuletzt, weil Lügen auf Unwissenheit treffen. Durch die Form der Kommunikation in den neuen Medien verbreiten sich Unwahrheiten in Windeseile. Bildung und die Bücher sind es, die als Gegenmittel dazu von so ungemeiner Bedeutung sind. Es geht bei der Frage um die Insolvenz von KNV nicht nur um die Rettung eines Unternehmens, sondern ob denn unser Land nur unter dem Primat der Ökonomie steht oder ob Kultur und Bildung und damit verbunden die Bücher noch einen Stellenwert haben. Retten wir diese Firma, die seit 190 Jahren eine bedeutende Rolle spielt in der Distribution von Büchern. Damit hat KNV mit Sorge getragen, dass wir – vom Ausland beneidet – den weltbesten Buchhandel flächendeckend haben. Ansonsten überlassen wir das „Geschäft“ mit den Büchern den Konzernen und einem alles verschlingenden Internetriesen.
Sehr geehrte Frau Grütters, wir bitten Sie zu helfen und als Vermittlerin aufzutreten, um den Absturz des Deutschen Buchhandels aufzuhalten.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas und Angelika Mahr
Buchhandlung Mahr
Lange Straße 8
89129 Langenau
