"Er lässt uns das sehen, wofür wir bisher noch keine Begriffe hatten. Genau das soll Literatur, weil nur Literatur das kann.“ Der Mörike-Preis 2021 geht an Leif Randt

Leif Randt (c) Zuzanna Kaluzna

„Als Privileg“ bezeichnete Ijoma Mangold seine Aufgabe, den nächsten Mörikepreisträger der Stadt Fellbach aussuchen zu dürfen. Der renommierte Literaturkritiker hat sich für den in Berlin lebenden Autor Leif Randt entschieden. Mangold als Vertrauensperson hat damit zusammen mit den Co-Jurorinnen, den Professorinnen Sandra Richter, Direktorin des Deutschen Literaturarchivs Marbach, und Simone Winko von der Georg-August-Universität Göttingen, den bisher jüngsten Preisträger gekürt. Der Mörike-Preis ist mit 15. 000 Euro dotiert und wird voraussichtlich am 21. April 2021 von Fellbachs Oberbürgermeisterin Gabriele Zull verliehen.

 

Olivia Wenzel (c) Juliane Werner

Den Förderpreis in Höhe von 3.000 Euro hat Leif Randt der Autorin und Performerin Olivia Wenzel zuerkannt. Die Preisträger wurden am Donnerstag, 10. Dezember, in einem digitalen Pressegespräch bekannt gegeben.

Ijoma Mangold begründet seine Entscheidung wie folgt: „Leif Randt ist für mich einer der faszinierendsten Schriftsteller der deutschsprachigen Literatur, weil seine Romane eine Gegenwart beschreiben, die uns auf unheimliche Art vertraut vorkommt, für die wir aber ohne Leif Randts Erzählstil, seinen Tonfall, seinen Blick, blind geblieben wären. Er lässt uns das sehen, wofür wir bisher noch keine Begriffe hatten. Genau das soll Literatur, weil nur Literatur das kann.“

Der Mörike-Preis wird 2021 zum elften Mal vergeben – „und stets haben Vertrauensperson und Jury ein Gespür für das literarische Geschehen bewiesen“, wie Oberbürgermeisterin Gabriele Zull feststellte. Seit 1991 wurden Wolf Biermann, Sigrid Damm, W. G. Sebald, Robert Schindel, Brigitte Kronauer, Michael Krüger, Ernst Augustin, Jan Peter Bremer, Jan Wagner und Elke Erb ausgezeichnet: Die beiden letzteren erhielten ebenso wie Wolf Biermann und Brigitte Kronauer später auch den Georg-Büchner-Preis, der als renommierteste Auszeichnung für deutschsprachige Literatur gilt. Ijoma Mangold rechnet allerdings damit, dass Leif Randt noch eine Weile warten müsse, um auch in den Genuss dieser Auszeichnung zu kommen, wie er ironisch feststellte. Der von ihm als „charismatisch“ und „stilbildend“ charakterisierte Randt sei momentan noch zu jung.

Leif Randt, geboren 1983 in Frankfurt am Main, ist der bisher mit Abstand jüngste Mörike-Preisträger. Seine präzise beobachtenden, ebenso intelligent wie konsequent konstruierten und dabei leichtfüßigen Romane erfahren seit der Veröffentlichung seines Debüts Leuchtspielhaus 2009 in der Literaturkritik hohe Beachtung und wurden mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u. a. dem Nicolas-Born-Debütpreis des Landes Niedersachsen (2010), dem Düsseldorfer Literaturpreis (2012) und dem Erich Fried Preis (2016). Sein viertes Buch Allegro Pastell erschien im März 2020, war nominiert für den Leipziger Buchpreis und stand auf der Longlist des Deutschen Buchpreises. Der Science-Fiction-Roman Planet Magnon (2015) wurde vom Spiegel in die Liste „50 Bücher unserer Zeit“ aufgenommen. Für einen Auszug aus Schimmernder Dunst über CobyCounty, das 2011 erschien und von der Frankfurter Allgemeine Zeitung als „fast epochaler Generationenroman“ gelobt wurde, erhielt er im selben Jahr den Ernst-Willner-Preis beim Klagenfurter Wettbewerb um den Ingeborg-Bachmann-Preis. Leif Randt hat Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus an der Universität Hildesheim studiert und lebt in Berlin.

Zum Mörike-Preis gehört ein Förderpreis, über den der Preisträger entscheidet. Er ist mit 3 000 Euro dotiert. Leif Randt hat den Mörike-Förderpreis 2021 der in Berlin lebenden Autorin und Performerin Olivia Wenzel zuerkannt. Geboren 1985 in Weimar, studierte sie Kulturwissenschaften und ästhetische Praxis an der Universität Hildesheim. Ihr erster Roman 1000 Serpentinen Angst, hochgelobt vom deutschen Feuilleton, stand 2020 auf der Longlist des Deutschen Buchpreises und wurde mit dem Literaturpreis der Stadt Fulda ausgezeichnet. Neben Prosa schreibt sie Theatertexte, die u. a. in den Münchner Kammerspielen und dem Deutschen Theater Berlin zur Aufführung kommen, und tritt als Musikerin und Performerin auf. In ihren Texten setzt sie sich häufig mit den diversen Rollen der Menschen in der Gesellschaft und der Vereinzelung und Entfremdung des Subjekts auseinander und reflektiert über Identität, Diskriminierung, Kapitalismus und moderne Technologien.

„Zum Mörike-Preis gehören immer auch Literaturtage“, wie Maja Heidenreich feststellte. Unzweifelhaft werden aber die feierliche Preisverleihung mit der Mörike-Rede von Leif Randt und der Laudatio von Ijoma Mangold „das Herzstück der Literaturtage 2021 bilden“, so die Kulturamtsleiterin. Lesungen der Preisträger und der Vertrauensperson, Konzerte, eine Ausstellung des Filmemachers und Bildenden Künstlers Adam Kaplan in der Galerie – auf Vorschlag des Preisträgers – sowie Theaterstücke und Lesungen für Kinder und Jugendliche runden das Programm ab, das im Februar vorgestellt wird.

 

Falls die Literaturtage im April coronabedingt nicht stattfinden können, „werden wir die Preisverleihung verschieben“, führten OB Zull und die Kulturamtsleiterin aus, schließlich freuten sich alle Beteiligten auf den Live-Auftritt von Leif Randt, Olivia Wenzel sowie Ijoma Mangold.

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