Für herausragende Verdienste der Kunstvermittlung Gaby und Wilhelm Schürmann erhalten den Art Cologne-Preis 2020

Die Koelnmesse und der Bundesverband Deutscher Galerien und Kunsthändler freuen sich sehr, Gaby und Wilhelm Schürmann als Träger des ART COLOGNE-Preises 2020 bekanntzugeben.

Die Verleihung des diesjährigen Preises wird am Donnerstag, den 23. April 2020 um 10 Uhr im Historischen Rathaus zu Köln stattfinden. Die Publizistin und ehemalige Generalsekretärin der Kunststiftung NRW, Regina Wyrwoll, wird die Laudatio auf Wilhelm Schürmann halten.

Gaby und Wilhelm Schürmann

Mit dem diesjährigen Art Cologne-Preis wird ein Sammlerpaar geehrt, das sich schon in den siebziger Jahren dem Medium der künstlerischen Fotografie zuwandte. Wilhelm Schürmann, als Fotograf selbst Autodidakt, ist seither vielfach als Kurator hervorgetreten. Von 1981 bis 2011 lehrte er als Professor für visuelle Kommunikation und Fotografie an der Fachhochschule Aachen. Gaby Schürmann arbeitete als Lehrerin für Chemie, Biologie und Mathematik in Herzogenrath. Mit dem Verkauf einer Kollektion tschechischer Fotografie im Jahr 1984 an das amerikanische Getty Museum konnte das Paar den finanziellen Grundstock für den Erwerb einer medienübergreifenden Kunstsammlung legen, die heute weltweit zu den bedeutendsten zählt.

Wilhelm Schürmann gründete 1974 gemeinsam mit Rudolf Kicken in Aachen die Galerie Schürmann und Kicken – eine der ersten Fotogalerien in Europa überhaupt. Die Galerie zeigte neben jungen Fotografen zahlreiche Klassiker der Fotografie mit heute legendären Vintage Prints. Schürmann schied 1978 aus der Galerie aus, weil er wieder als Fotograf im eigenen Auftrag arbeiten wollte.

In den siebziger Jahren begann der Wandel zu einer verstärkt ästhetischen Wahrnehmung der Fotografie, der man bis dahin vorwiegend technisch-dokumentarische Geltung zumaß. Wilhelm Schürmann beförderte diesen Prozess 1979 als junger Ko-Kurator einer der ersten großen Fotografie-Ausstellungen in Deutschland unter Federführung von Klaus Honnef im Rheinischen Landesmuseum Bonn. Die Ausstellung wurde zum Fanal der institutionellen Anerkennung der damals jungen Fotoszene und zeigte mit Arbeiten von Thomas Struth, Axel Hütte und Candida Höfer die heutigen Koryphäen.

Gaby und Wilhelm Schürmann bewegen sich seit über 45 Jahren inmitten der zeitgenössischen Kunstwelt und gelten als Sammler der ersten Stunde. Sie sind vor allem in Köln, Wien und Berlin, aber auch in der amerikanischen Galerienszene präsent. Weltläufigkeit und Offenheit prägen das Paar ebenso wie ihre Verbundenheit zur eigenen Herkunft in Dortmund, Bochum und in der Region um Aachen an der Grenze zu den Niederlanden.

Die Objekte der Begierde müssen reflektiert, leichtfüßig, lapidar und uneitel sein. Diese Kriterien fielen in einem Interview mit Wilhelm Schürmann, dessen eigene künstlerische Arbeit bis in die 80er-Jahre aus nüchternen Fotoporträts nordrhein-westfälischer Siedlungen, Verkehrs- und Straßenszenen bestand. Seine Fotoarbeiten – deren prosaische Erscheinung beim genauen zweiten Blick von Bild- und Sprachwitz übertroffen wird – waren zuletzt 2013 im Sprengel Museum Hannover und 2016 in der Galerie Hetzler in Berlin zu sehen.

Martin Kippenberger, der ebenso wie Wilhelm Schürmann aus Dortmund stammt, gehört zu den frühzeitig gesammelten Künstlern. Dies gilt auch für die Beschäftigung mit dem hochpolitischen Hans Haacke, für den er 1981 die Fotos zum „Pralinenmeister“ beitrug. Von Anfang an standen Künstlerinnen im Blick des Sammlerpaars: Valie Export, Joelle Tuerlinckx, Nairy Baghramian, Zoe Leonhard, Fiona Banner, Anna Oppermann, Miriam Cahn, Nina Canell, Rita McBride, Alice Creischer oder Laurie Parsons – um nur einige wenige zu nennen. Malerei, Skulptur, Zeichnung, Installationen und Fotografie: Die Sammlung hat nicht nur mediale, sondern auch intellektuelle Spannkraft und umfasst u.a. Arbeiten von Albert Oehlen, Christopher Williams, Robert Frank, Mike Kelley, Walter Swennen, Heimo Zobernig, Franz West, Heinrich Dunst, Jason Rhoades, Peter Saul und Michael E. Smith. Die Sammlung ist nie statisch, sondern bleibt in Bewegung durch Leihgaben, Ausstellungen und Neuerwerbungen.

Das Prinzip des Dialogs und der Rück-Besinnung auf die Bedeutung des Sammelns sind ein Kern der Schürmannschen Kunsterfahrung. Die Frage nach dem privaten Kunstbesitz in der öffentlichen Institution wurde 2009 mit der Ausstellung „Das Gespinst“ im Museum Abteiberg in Mönchengladbach mit der dortigen Sammlung in den Raum gestellt. Ebenso in der Ausstellung „Le Souffleur – Schürmann trifft Ludwig“ im Aachener Ludwig Forum (2016), wo rund 200 Werke aus der Sammlung Schürmann mit der Sammlung von Peter und Irene Ludwig zusammentrafen. Am Berliner Zweiwohnsitz unterhielten Gaby und Wilhelm Schürmann eine Zeitlang einen öffentlich zugänglichen Schauraum und gründeten die Schürmann Foundation. Ihre kuratorischen Aktivitäten werden weiterhin intensiv gelebt. Teile der Sammlung wurden mehrfach in diversen Institutionen ausgestellt. Beispielsweise in den Hamburger Deichtorhallen, in der Kunstsammlung NRW in Düsseldorf, im Dortmunder Museum am Ostwall („Superman in Bed“ 2011) oder jüngst im Mumok – Museum Moderner Kunst Wien („Klassentreffen“ 2018). Seit 1992 sind zudem zahlreiche Schenkungen, u.a. dem MOCA L.A., dem Museum am Ostwall, dem Ludwig Museum Köln, dem Mumok Wien oder dem Museum Abteiberg ohne Bedingungen übereignet worden. Weit über 1000 Kunstwerke wurden in den letzten 15 Jahren von dem Sammlerpaar unentgeltlich und ohne Steuervergünstigungen weltweit für Ausstellungen ausgeliehen.

Wilhelm Schürmanns Einfluss auf die jüngere Sammlergeneration wurde deutlich, als er im vergangenen Jahr die Laudatio auf den ART COLOGNE-Preisträger Christian Kaspar Schwarm hielt. Ihn hatte er dazu ermutigt, seine Kunstsammlung „radikal persönlich“ zu gestalten: „Als Sammler kann man keine Fehler machen, wenn man nicht als Investor unterwegs ist. Ist man früh dabei, hat das mit Geld erstmal nichts zu tun. Die Preise sind klein, die Entdeckerfreude groß, die Ungewissheit gewiss.“

Alle bisher ausgezeichneten Kunstsammler haben durch vielfältige Aktivitäten für die Wahrnehmung zeitgenössischer bildender Kunst neue Akzente gesetzt. Für sie ist das Kunstsammeln keine bloß private Angelegenheit, sondern sie steuern durch Sichtbarkeit, Ausstellungen und Leihgaben einen öffentlichen Diskurs und Teilhabe an. Ingvild Goetz (2001), Frieder Burda (2002), Harald Falckenberg (2009) und Julia Stoschek (2018) zählen zu diesen Sammlern, die den mit 10.000 Euro dotierten ART COLOGNE-Preis bisher erhalten haben.

 

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