Runde Geburtstage Bernhard Schmid (60)

Heute wird der Karl-May-Verleger Bernhard Schmid 60 Jahre alt. Albrecht Götz von Olenhusen und Jürgen Seul gratulieren zum runden Geburtstag:

 

Abenteurer im Geiste: Bernhard Schmid

 

„Ein kulturhistorisch bedeutsames, wenn auch kein leichtes Erbe ist ihm als Verleger in die Wiege gelegt, und von ihm – erfolgreich – angetreten worden.

Sein Großvater, der Jurist Euchar Albrecht Schmid, mit Karl May schon vor 1912 befreundet, gründet mit dessen Witwe Klara und dem Freiburger Karl-May-Verleger Friedrich Ernst Fehsenfeld 1913 den Karl-May-Verlag und bringt ihn als Mitgesellschafter und Geschäftsführer zu ungeahnter Blüte. Nach dem Ausscheiden von Fehsenfeld 1921 aus dem Verlag und dem Tod von Klara May 1944 liegt das Schicksal des Verlags alleine in den Händen des Großvaters. Es sind äußerst schwierige Zeiten, durch die der Großvater das Verlagsschiff nach dem Krieg lavieren muss. Die Karl-May-Stiftung als Erbin des Verlagsanteils von Klara May ist in dieser Hinsicht – aus politischen Gründen zu jener Zeit – wenig hilfreich.

Da sich der Verlagssitz in Radebeul bei Dresden befindet, die DDR-Kulturwächter Karl May jedoch als eine Art Klassenfeind empfinden, werden zwar gerne Tantiemen durch den Verkauf der Bücher in den Buchhandlungen des Klassenfeindes eingenommen, doch ansonsten jede verlegerische Tätigkeit auf dem Gebiet der DDR boykottiert. Es sind nach seinem Tod 1951 neben seiner Witwe Katharina die drei Söhne von Euchar Albrecht Schmid – Joachim, Roland und der Vater des Jubilars Lothar Schmid – die den Verlag durch die schwierigen 1950er Jahren bis zu seiner Übersiedelung 1959 nach Bamberg führen müssen.

Viele Jahre führen die Söhne des Firmenmitbegründers – unterstützt von ihrer Mutter – den Verlag gemeinsam. Nach dem Tod Katharina Schmids, später dem von Roland und dem Ausscheiden von Joachim, werden die Geschicke einige Jahre alleine von Lothar Schmid geleitet. Bernhard Schmid tritt 1993 an die Seite seines Vaters in den Verlag ein. Er hat nach einem erfolgreichen Studium der deutschen Literatur und der Neueren Geschichte, nach Ausbildung und Tätigkeiten in verschiedenen Verlagen die Geschicke des Karl-May-Verlages seit nunmehr fast 20 Jahren als geschäftsführender Gesellschafter in der dritten Generation entscheidend bestimmt. Der Karl-May-Verlag war immer Teil seines Lebens und seines einmaligen Lebenswerks.

„Abenteuer und Abenteurer im Geiste“ – mit dieser etwas plakativen Überschrift lässt es sich womöglich am treffendsten charakterisieren. Wenn die in hunderte von Millionen reichende Zahl der Werke und Ausgaben des Autors Karl May, Jahrzehnte lang der einzige Autor des Verlages, kaum noch als überschaubar erscheint, so erreicht auch die von Lothar Schmid und heute von Bernhard Schmid allein zu verantwortende Zahl der Publikationen von und über Karl May eine enorme Höhe. Es müssen, wenn wir uns nicht verzählt haben, mindestens 264 Titel in seiner eigenen Bibliografie als Autor und Herausgeber zu Buche schlagen.

In seine Ära fällt neben den Editionen und Neu-Editionen der berühmten, erfolgsverwöhnten erzählerischen „Gesammelten Werke“, der auf mehr als 100 konzipierten „Historisch-Kritischen Ausgabe Mays, auch die Vielfalt der wissenschaftlichen Editionen etwa von Biografien, von Briefwechseln und Texten. Es gereicht vor allem Bernhard Schmid – wie zuvor seinem Vater Lothar – zur besonderen Ehre, dass die lange ungehobenen Schätze
des Bamberger Verlagsarchivs der Forschung ungehindert und bereitwilligst geöffnet und zur Verfügung gestellt worden sind.

Bedenkt man, dass inzwischen keine Karl-May-Filmwelle wie in den 1960er Jahren den Absatz von Karl-May-Büchern mehr mitträgt, dass junge und junggebliebene Leser heutzutage ein vielfältiges Unterhaltungsangebot zur Verfügung steht, ist es umso beachtlicher, dass sich Bernhard Schmid schon so lange erfolgreich den verlegerischen Herausforderungen stellt.

In diesem Zusammenhang betont er sicherlich zu recht, dass Karl May vom Buchhandel wenig Unterstützung erfährt. Aber es sind die vielfältigen Ideen des Verlegers, seine Offenheit für neue Pfade ( z.B. die Reihe „Karl Mays Magischer Orient“), die Fähigkeit zu Kooperationen, die dem Verlag zugutekommen.

Wenn auch sein Vater Lothar Schmid leider im Jahr 2013, kurz vor dem 100jährigen Verlagsjubiläum, verstorben,  seither als kompetenter Berater fehlt, kann sich Bernhard Schmid jedoch auf ein zuverlässiges Mitarbeiterteam um seine Frau Martina Wehner und Cheflektor Roderich Haug verlassen.

Neben den Radebeuler Institutionen wie des Museums und der Stiftung, der international wirkenden Karl-May-Gesellschaft, dem Karl-May-Haus in Hohenstein-Ernstthal den zahllosen vielfarbigen Ausstellungs-, Aufführungs- und Tagungsstätten gehört der Karl-May-Verlag damit nach wie vor zu den wichtigsten Zentren für und um Karl May. Das ist das unbestreitbare Verdienst des kommunikationsfreudigen, höchst engagierten, mit Lust an nicht nur Karl-May-Lektüren wirkenden Verlegers, der trotz der Konzentrationstendenzen im Medien-, Verlags- und Buchwesen mit ungebrochener Haltung, mit hartnäckiger Standhaftigkeit und mit untrüglichen Sinn für den Erfolg von Diversifikation gradlinig allen Unbilden trotzt, die heute vor allem kleineren Familienunternehmungen drohen.

Dass ein mit den erwähnten Traditionen und Fähigkeiten begnadeter Verleger sogar naheliegenden Hobbies wie Westernreiten, dem Schachspiel oder der Re-Lektüre des berühmten May’schen Orientzyklus („Durch die Wüste“ bis „Der Schut“) Karl Mays frönt, verwundert nicht.

Wenn zwei seiner Autoren an dieser Stelle als herzliche Gratulanten die Objektivität aufbringen, Bernhard Schmid auch aus eigener Anschauung als ungemein begabten, sachkundigen Betreuer vorstellen,  derunermüdlich für die in seinem Verlag erscheinenden si  Produkte unterschiedlichster Provenienz sich aufopfert, dann geschieht
das mit Freude, Überzeugung und Dankbarkeit. Bernhard Schmid ist eben neben seiner fachlichen Kompetenz ein verlässlicher und  guter persönlicher Freund, auch insoweit  als Verleger eine solitäre Erscheinung.

Ein bedeutendes Familienunternehmen, zwischen den von einem unvergleichlich fantasiereichen Verfasser erdachter Reiseerzählungen, seinen unnachahmlichen Traumwelten, Weltreisen im Geiste und Fluchträumen, zwischen einer Biografie wie ein Roman und einer
heutigen Renaissance als Objekt zwischen Print, E-Book, Internet, Comic, Radio, Film und Fernsehen bis hin zur Wissenschaft, vermag in der Person dieses Verlegers nicht nur die besten Traditionen zu bewahren, sondern auch sich in einer gegenüber dem Beginn vor nunmehr fast 110 Jahren völlig verwandelten Medienwelt zu bewähren.

Es lässt sich festhalten: Karl May war ein Phänomen, der Karl-May-Verlag ist es allerdings auch – nicht zuletzt dank Bernhard Schmid.“

Herzliche Gratulation, lieber Bernhard, und last but not least: ad multos annos!

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