Detlef Knut fordert Buchhändler auf, endlich die moderenen Branchen-Angebote zu nutzen „Der Buchhandel hat die Entwicklung im globalen Onlinehandel verschlafen“

Worauf Buchhändler achten können, wenn sie nicht weiterhin den Markt verschlafen wollen. Wir sprachen mit Detlef Knut, der als Inhaber eines kleinen Verlags (Edition Oberkassel) begeistert ist, welche Möglichkeiten etwa Branchen-Angebote wie vlbTIX oder Edelweiss bieten. Und der glaubt, dass der Buchhandel nicht alle Chancen nutzt, die sich ihm bieten:

BuchMarkt: Herr Knut, Sie gehören zu einem Kreis von Verlegern, die enttäuscht darüber sind, dass der Buchhandel zu wenig die Möglichkeiten und Chancen nutzt, die neue Online-Werkzeuge wie vlbTIX oder Edelweiss bieten.

Detlef Knut: „Der Verzicht auf die gedruckten Vorschauen hat uns nicht geschadet“

Detlef Knut: Ja, denn alte Zöpfe gehören abgeschnitten. Insofern sind meine Gedanken ein Aufruf an jene, die nicht der Vergangenheit anhaften. Selbst der Börsenverein bietet mittlerweile moderne Möglichkeiten, die weit über das Procedere der Vergangenheit hinausgehen und Fortschritt bringen.

Sie meinen vlbTIX .

Der Umgang mit dem vlbTIX in meinem Verlag ist ein Beispiel, was aus einem mächtigen Werkzeug werden kann.

Was machen Sie  damit?

Zunächst möchte ich erwähnen, dass die Edition Oberkassel mit dem Einsatz von vlbTIX sofort auf die gedruckten Vorschauen, die ursprünglich zwingend im A4-Format des besseren Abheftens wegen sein mussten, verzichtet. Ihr BuchMarkt-Magazin hatte seinerzeit von unserem Vorschau-Postkarten berichtet. Damals wurde dies mit Skepsis beäugt. Ich konnte mir keinen Umsatzrückgang vorstellen. Gab es auch nicht. Zweistellige Zuwachsraten im Print- wie im digitalen Bereich. Ich möchte es mir nun aber nicht leicht machen und sagen: der Zuwachs gelang auf Grundlage des Verzichts auf den gedruckte Vorschau. Das würde sicherlich nicht stimmen, schließlich gibt es auch andere Möglichkeiten für Umsatzsteigerungen. Aber der Verzicht hat uns offenbar nicht geschadet.

Und der Buchhandel zieht nicht gut genug mit?

Nicht pauschal „DER Buchhandel“. Aber ein Teil davon, teils in Vereinen organisiert, steht Neuerungen gegenüber nicht sehr aufgeschlossen gegenüber.

Ich würde so gar behaupten,

der Buchhandel hat die Entwicklung im globalen Onlinehandel verschlafen.

Zwar wurde seit dem großen Erwachen vor wenigen Jahren nachgeholt, aber zu einer Spitzenposition reicht es nicht.

Muss die denn erreicht werden?

Nein, Muss es auch nicht. Der stationäre Buchhandel hat eigene Vorzüge gegenüber dem Onlinehandel, die er nur richtig ausspielen muss.

Viele Buchhändlerinnen und Buchhändler sind auf dem richtigen Weg. Mit ihnen macht die Zusammenarbeit als kleiner Verlag Spaß.

Dennoch gibt es jenseits von Betriebswirtschaft einige Kanten, die ich als aufgeschlossener Mensch nicht nachvollziehen kann.

Und das wäre?

Da wäre als solche Kante beispielsweise die Initiative „buy local“, die offenbar nur als Einbahnstraße gedacht ist. Da denkt der Verleger: typisch Buchhandel. Warum muss sich ein kleiner Verlag von einem Buchhändler beschimpfen lassen, wenn er daran erinnert, dass der Händler ja auch mal an die regional ansässigen Verlage in seiner Umgebung denken kann?

Sie haben aber noch mehr Punkte, die Sie am Buchhandel stören…

Ja, Eine andere Kante, die von vielen Buchhandlungen nicht erkannt wird, ist der digitale Katalog bzw. die digitale Vorschau. Seit Anbeginn sind wir Premierteilnehmer bei vlbTIX, dem Vorschausystem des Börsenvereins. Es hat in den vergangenen Jahren noch nie eine Software vom MVB gegeben, die so passgenau für die gesamte Branche gemacht wurde.

Was an der engen Zusammenarbeit der Handelspartner liegt?

Ja. Die Entwicklung dieses Tools erfolgt nach wie vor in enger Zusammenarbeit zwischen den Sparten (Buchhandel, Verlag) des Börsenvereins. Anfangs fanden die gemeinsamen Treffen im 14-tägigen Rhythmus statt, mittlerweile immer noch im monatlichen Rhythmus.

Und Sie waren von Beginn an aktiv dabei?

Ja, ich verfolge diese Treffen regelmäßig und erfahre so natürlich auch, wo den großen Verlagen der Schuh drückt und welche Wünsche von denen eingebracht werden. Aber natürlich gibt es auch Wünsche von den Buchhändlern, die in das System integriert werden.

Welche Vorteile sehen Sie denn für Buchhändler mit vlbTIX?

Ich kenne nicht alles davon, da ich als Verleger teilnehme, höre aber in den gemeinsamen Besprechungen von vielen Funktionen, die realisiert wurden oder in Arbeit sind. Details dazu kann der Handel viel besser bei den Roadshows und Workshops des Börsenvereins und des MVB zu diesem Thema erfahren.

Was finden Sie denn am Spannendsten bei dieser Entwicklung?

Wesentliche Funktionen im vlbTIX sind die persönlichen Merkerfunktionen. Der Buchhändler kann sich die Verlage favorisieren, deren Vorschauen er in erster Linie sehen möchte. Jeden einzelnen Titel kann er sich auf eine Merkliste setzen und außerdem kann er ihn kommentieren. Diese Kommentare sind ggf. für Kollegen derselben Buchhandlung ebenfalls einsehbar. Merklisten und einzelne Titel können darüber hinaus bestellt werden. Immer mehr Warenwirtschaftssysteme werden an das System angeschlossen. So muss der einzelne Buchhändler gegebenenfalls keine eigene Technik anpassen. Der Internetbrowser genügt. Filialhändler können ihre Filialen registrieren, damit diese selbstständig bestellen können. In den letzten Monaten sind auch spezielle Funktionen und Arbeitsschritte für die Vertreter hinzugekommen, sodass das Durchgehen der Vorschauen während des Vertreterbesuch wesentlich schneller und einfacher geht. Und immerhin stehen den etwa 1000 registrierten Verlagsfirmen auch schon 1.400 registrierte Buchhändler-Firmen gegenüber.

Wie viele Schritte sind notwendig, um aus einer gedruckten Vorschau eine Bestellung zu machen?

Diese Frage kann ich nicht exakt beantworten, da ich als Verleger dort keine Bücher bestelle. Im Wesentlichen ist es aber nicht anders als bei einem Online-Shop. Es gibt den Knopf für den Warenkorb, wo die Titel und deren Anzahl zunächst in einer Dispoliste hineingelegt werden, ggf. auch mit Kommentaren zur internen Besprechung. Doch anstelle der üblichen Kasse erfolgt dann eine Übergabe der Dispoliste an den Warenkorb und von dort in ein Warenwirtschaftssystem.

War das jetzt alles?

Eine dritte Kante, der ich nur mit Kopfschütteln begegnen kann, ist die Verweigerung von Novitäten-Ankündigungen per E-Mail. Als Argument hört man dann etwas von E-Mail-Flut. Aber warum? Die E-Mail-Systeme verfügen über Filtersysteme, mit denen man sich die E-Mails automatisch sortieren lassen kann. Was von einem weniger interessanten Absender kommt, lässt man in einen besonderen Ordner sortieren, um dessen Mails dann z. B. nach drei Monaten automatisch zu löschen. Es muss wahrlich nicht jede Mail gelesen werden, jeder hat seine eigenen Kriterien und Prioritäten. Aber als Buchhändler grundsätzlich auf solche Mails als Informationsquelle zu verzichten, heißt, kein Interesse für sein Sortiment zu haben und nicht mit der Zeit zu gehen.

Im Vorgespräch waren Sie deutlicher

In Gesprächen neigt man auch stärker zu Pauschalierungen, nur um einige Worte zu sparen.

Aber für das Vorwärtskommen unseres kleinen Verlages sind rückwärtsgewandte Buchhändler tatsächlich nicht hilfreich.

Deshalb hat uns der Verzicht auf die gedruckten Vorschauen nicht geschadet. Uns bleibt mehr Kraft für die guten Beziehungen zu den auf Zukunft orientierten Buchhandlungen.

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