Peter Henning im Autorengespräch über sein erzählerisches Falterbuch "Mein Schmetterlingsjahr" „Das Buch ist auch eine Hommage an meinen verstorbenen Ziehvater, ohne den ich nie Schriftsteller und auch kein Schmetterlingsnarr geworden wäre“

In seinem neuen Buch Mein Schmetterlingsjahr (Theiss) will er vor allem eines:  Seine Leser mitnehmen auf eine Reise in eine faszinierende verborgene Welt, die als Suche beginnt und als Abenteuer endet.

Peter Henning (c) Marie Rauch

Peter Henning, 59, lebt als Schriftsteller in Köln. Er veröffentlicht Romane und Erzählungen, zuletzt Leichtes Beben (atb/2011), Ein deutscher Sommer (btb) im Jahr 2013 über das Gladbecker Geiseldrama von 1988 sowie Die Chronik des verpassten Glücks 2015 im Luchterhand Literaturverlag.

Mein Schmetterlingsjahr will eine Liebeserklärung an die flüchtigen Wesen sein, die „zum Schönsten und Geheimnisvollsten zählen, was die Natur zu bieten hat“ –  Anlass für Fragen an den Autor:

BuchMarkt: Herr Henning, Ihr Buch ist also eine Art Reisebericht?

Peter Henning: Richtig. Eine Reiseerzählung, ein literarisches Schmetterlingsbuch und darüberhinaus eine Hommage an meinen 1980 verstorbenen polnischen Ziehvater zugleich, ohne den ich nie Schriftsteller und auch kein Schmetterlingsnarr geworden wäre. Es ist also gewissermaßen eine Art Bastard, ein Hybrid. Und so gesehen in seiner Art wohl etwas ganz Eigenes. Und, ja,  vielleicht sogar Einzigartiges auf dem aktuellen deutschen Buchmarkt.

Wie entstand die Idee dazu?

Durch Klick aufs Cover geht’s zum Buch

Ich habe schon lange abseits der Produktion meiner Romane, in denen Schmetterlinge zu erzählerischen Grundausstattung gehören, mit der Idee gespielt, eines Tages ein solches Buch zu schreiben. Es aber immer aufgeschoben. Doch als die WBG vor zwei Jahren auf mich zukam, nachdem die dort zuständige Lektorin einen Artikel über Maria Sibylla Merian gelesen hatte, den ich für die FAS geschrieben habe, und fragte, ob ich Lust hätte, für sie ein etwas anderes, nämlich ein erzählerisches Falterbuch zu schreiben, sagte ich sofort zu.

 

Welche Leserschaft wollen Sie ansprechen?

Leser, die das Staunen nicht verlernt haben, und nicht achtlos vorübergehen, wenn ein Schmetterling sich am Wegesrand niederlässt, um sie mit seiner Schönheit zu beglücken und zu bezaubern. Und natürlich all jene, die Lust haben, mit mir einmal quer durch Europa zu reisen auf der Suche nach seltenen, atemberaubend schönen Faltern.

Mit welchem Argument kann der Buchhändler das Buch am besten verkaufen?

Indem er es als das anpreist, was es ist: Eine Liebeserklärung an eine hochgradig vom Aussterben bedrohte Spezies, deren Vertreter zum Schönsten und zugleich Flüchtigsten dessen zählen, was die Natur uns zu bieten hat. Und indem er hinzufügt: Denn so haben Sie das noch nie gelesen!

In welchem literarischen Umfeld sollte der Buchhändler das Buch im Laden am besten platzieren?

Es ist neben den Büchern eines W.G. Sebald ebenso gut aufgehoben wie im Umfeld der feinen „Naturkunden“-Reihe des Matthes&Seitz-Verlages oder bei den Romanen und Erzählungen von Vladimir Nabokov.

Und privat? Was lesen Sie da?

Gerade habe ich meine seit geraumer Zeit alljährlich stattfindenden Philip Roth-Lessons glücklich beendet, als wiederkehrende Einübung in schriftstellerischer Demut angesichts der Größe und Könnerschaft des Autors.  Was mich zuletzt aber ähnlich, wenn auch auf ganz andere Weise, beeindruckt hat, das ist die Story-Sammlung „Alle meine Freunde haben wen umgebracht“ (Suhrkamp) des zu einer lebenslangen Gefängnisstrafe verurteilten Amerikaners Curtis Dawkins.

Welche Frage, die wir nicht gestellt haben, hätten Sie dennoch gerne beantwortet?

Sämtliche Figuren in Ihrem Romanen und Erzählungen sind Suchende im Transit- und machen Grenzerfahrungen. Welche Rolle spielt in Ihren Arbeiten das Risiko?

Hier können Sie dies nun tun:

Alles im Leben kann jede Sekunde schiefgehen. Genau wie im Leben eines Schmetterlings, der morgens aufsteigt und – Rumms – an der Windschutzscheibe eines heran rasenden Wagens endet. Ich flattere ebenso herum im Dickicht des Lebens. Was mich antreibt, ist die Durchleuchtung des Dramas unserer Existenz auf ihre ungenutzten Möglichkeiten hin. Schriftsteller sein heißt für mich, dabei ganz bis zum Rand zu gehen. Was ich mache, ist ein beständiger Balanceakt an der Absturzkante.

„Das Leben ist zu gewinnen oder zu verlieren“ heißt es in dem wunderbaren Roman Das Jahr der Liebe von Paul Nizon. Das sehe ich genauso.

 

 

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