Innolibro-Geschäftsführer Gregor Pchalek über Appbooks als "drittes Format" „Nutzen Sie noch ein älteres Mobiltelefon?“

Mit Innolibro macht sich ein Start-up auf den Weg, das digitale Lesen zu verändern. Wie „Appbooks“ als das neue „dritte Format“ das Leseerlebnis bereichern und wie der Buchhandel davon profitieren kann, das erläutert Innolibro-Gründer und Geschäftsführer Gregor Pchalek im Sonntagsgespräch.

BuchMarkt: Herr Pchalek, starten wir doch einfach mit dem berühmten „Elevator Pitch“: Erklären Sie uns bitte in wenigen Sätzen, was Innolibro macht und warum Ihre Appbooks das „digitale Lesen der nächsten Generation“ mitprägen werden?

Gregor Pchalek: „Wir möchten Buchhandlungen als Partner gewinnen, beim Netzwerken unterstützen und sie auf ganz bequeme Weise an der Vermarktung der ‚physischen Variante dieses digitalen Mediums‘ teilhaben lassen.“

Gregor Pchalek (lacht): Als Start-up, das gerade eine Finanzierungsrunde erfolgreich bestritten hat, sollte ich das hinbekommen. Lassen Sie mich mit einem Vergleich einsteigen: Appbooks verhalten sich zu E-Books wie Smartphones zu den ersten Mobiltelefonen. Der Funktionsumfang von Mobiltelefonen war sehr eingeschränkt, so wie auch der Funktionsumfang von E-Books im Grunde immer noch sehr eingeschränkt ist. So wie Smartphones unsere Kommunikationsmöglichkeiten enorm bereichert haben, so machen Appbooks aus dem Lesen ein multifunktionales Erlebnis, das weit über die Lektüre „linearer Texte“ hinausgeht. Appbooks bieten u. a. multimediale Inhalte, integrierte Dialog- und Kommentarfunktionen, und das Wichtigste: Appbooks lassen sich permanent aktualisieren, auch wenn sie von Leser*innen bereits gekauft bzw. abonniert wurden.

Wie entsteht denn so ein „Appbook“?

Gregor Pchalek: Über unsere Innolibro-Plattform. Sie bietet Verlagen und Autor*innen Produktion und Vermarktung von Appbooks als einen durchgängigen Prozess. Sprich: Unsere Publishingpartner laden ihre Inhalte, z. B. in Form von PDFs oder EPUBs, in unser Redaktionssystem, bereiten die Inhalte dort bei Bedarf auf und publizieren ihr Appbook in unserem Innolibro-Shop. Und dann entscheiden sie auch selbst, welche Erlösmodelle zu ihnen passen.

Welche Möglichkeiten gibt es hier?

Gregor Pchalek: Erst einmal den Verkauf – hier bieten wir einzelne Nutzungen, aber auch Abomodelle an. Appbooks zu abonnieren kann sehr attraktiv sein, etwa bei Sach- oder Fachbüchern, die fortlaufend aktualisiert werden können. Zu unseren ersten Appbooks gehört aber auch eine Fantasy-Saga, die der Autor, Alfred Bekker, immer wieder um neue Kapitel ergänzen wird. Außerdem können Publishingpartner intelligente Werbeformate in ihren Appbooks vermarkten: z. B. „smart Ads“, d. h. Werbung, die als Service, als Zusatzinformationen wahrgenommen wird und die Leser*innen im Grunde erst gar nicht sehen müssen, sondern bewusst aktivieren können.

Aber wenn ich als Leser*in all das gar nicht will? Wenn es mir auch bei digitaler Literatur reicht, einen „schwarzen Text auf weißem Grund“ zu lesen?

Gregor Pchalek: Ich erlaube mir die Gegenfrage: Nutzen Sie noch ein älteres Mobiltelefon?

Nein, ein Smartphone.

Gregor Pchalek: Und damit können Sie auch telefonieren – aber eben noch eine Menge mehr. Genauso könnten Sie theoretisch auch ein Appbook wie ein E-Book nutzen, indem Sie einfach nur seinen Text durchlesen – niemand wird gezwungen, die vielen Funktionen in Appbooks zu verwenden –, doch die Option besteht zumindest! Ähnlich ist es doch im digitalen Raum: Dort erleben wir ständig multimediale Inhalte und die Möglichkeiten der Interaktion – ob wir diese nutzen oder nicht. Sie sind für uns längst zu Standards geworden, deren Abwesenheit uns eher auffällt als ihr Vorhandensein.

Wie verbessert sich dadurch mein Leseerlebnis konkret?

Gregor Pchalek: Nehmen wir z. B. einen Stadt-Reiseführer. Als Appbook enthält er vielleicht Architekturvideos zu wichtigen Gebäuden. Zudem bietet die Autorin mit jeder Aktualisierung neue Restauranttipps. Über das integrierte Chatmodul können Sie sich mit anderen Leser*innen über ihre Kulturerlebnisse austauschen, oder die „Innolibro-Semantik“ fasst für Sie auf Knopfdruck wichtige Inhalte zusammen – alles in ein und demselben Medium!

Bedeutet das nicht u.a. das Ende von Nachauflagen?

Gregor Pchalek: Mit Blick auf nachhaltiges Wirtschaften möchten wir für diese Möglichkeit zumindest sensibilisieren. Denn auch wenn sich bei Themen wie Verpackungen bzw. Folien schon einiges bewegt hat – der Schutz der Ressource Holz und die Verminderung von CO2-Emissionen dürften zu ganz großen Branchenthemen der nächsten Jahre werden. Das Appbook löst hier sicher nicht alle Probleme, aber es ist ein Baustein für mehr Nachhaltigkeit. Bleiben wir bei Reiseführern: Warum sollte ein Verlag 2.000 Exemplare à 300 Seiten mit entsprechendem Holzverbrauch als Nachauflage drucken, wenn sich gegenüber der Vorauflage nur 15 Seiten substanziell verändert haben? Noch dazu stehen Käufer*innen im Zeitraum zwischen zwei Auflagen immer wieder z. B. vor einem mittlerweile geschlossenen Museum, das laut Führer geöffnet sein sollte – etwas, das mit einem fortlaufend aktualisierten Appbook so nicht passieren könnte. Das herkömmliche Modell der Nachauflagen ist aus dieser Perspektive weder wirtschaftlich noch ökologisch nachhaltig – und damit auf Dauer weder vermittelbar noch bezahlbar.

Stichwort Zukunftsthemen – spielt denn Barrierefreiheit für Sie auch eine Rolle?

Gregor Pchalek: Unbedingt! Das ist sicher einer der wichtigsten Parameter für das digitale Lesen der Zukunft. Es geht uns hier nicht nur darum, die EU-Standards einzuhalten, die ab 2025 verbindlich sein werden. Wir betrachten den leichten Zugang zum „Leseerlebnis Appbook“ als Qualitätsmerkmal, als Service – und nicht als etwas, das wir „einhalten müssen“.

Kann denn auch der Buchhandel von Appbooks profitieren?

Gregor Pchalek: Klar – das war von Anfang an Teil unseres Konzepts! Wir möchten Buchhandlungen als Partner gewinnen, beim Netzwerken unterstützen und sie auf ganz bequeme Weise an der Vermarktung der „physischen Variante dieses digitalen Mediums“ teilhaben lassen.

Wie funktioniert das?

Gregor Pchalek: Zunächst einmal ganz klassisch: über ein Aufstelldisplay. In diesem stecken Booklets, die mit Cover und Rückseite echter, als Appbooks publizierter Bücher befüllt sind – ergänzt um den individuellen QR-Code des jeweiligen Buchhandlungspartners. Wir nennen dieses Format: „Appbook-to-go“. Interessenten müssen diese Booklets nicht kaufen, sie nehmen sie einfach mit. Nach dem Scannen des QR-Codes öffnet sich die Leseprobe zum Buch, die nach den ersten Kapiteln zum Kauf auffordert. Kauft ein Kunde dann den Titel, erhält die Buchhandlung eine Provision. Mit welchen Appbooks ihre Displays befüllt werden, das bestimmt die Buchhandlung selbst.

Appbooks-Aufsteller: „Interessenten müssen diese Booklets nicht kaufen, sie nehmen sie einfach mit.“

Bietet sich hier nicht die Auswahl einiger weniger Appbooks an, die das analoge Sortiment ergänzen oder akzentuieren?

Gregor Pchalek: Ganz genau – und dies gleich aus zwei Gründen. Den einen Punkt haben Sie bereits angesprochen: der besondere Akzent. Sie haben viele Fantasy-Kunden? Zeigen Sie ihnen mit Appbooks aus diesem Genre, dass Sie sie wertschätzen und ihnen etwas Besonderes bieten möchten! In Ihrer Region sind viele Touristen unterwegs? Bieten Sie ihnen einen Reiseführer, der in jeden noch so vollen Koffer passt – als digitaler Inhalt auf dem Smartphone! Das ist dann auch ein gutes Beispiel für den zweiten Punkt: das Netzwerken. Platzieren Sie Displays auch in den Hotels und Cafés Ihrer Stadt (mit Reiseführern und Belletristik), im Fitnessstudio (mit Appbooks zu Ernährung und Gesundheit) etc. So punkten Ihre Partner mit attraktiven Inhalten in einem innovativen Format – und Sie erzielen Umsätze.

Und wenn ich solche Partnerschaften noch nicht bzw. nicht in den passenden Bereichen habe?

Gregor Pchalek: Dann bieten Ihnen unsere Appbooks einen wunderbaren Aufhänger für neue Kontakte. Wir sind nach den aktuellen Erfahrungen mehr denn je davon überzeugt, dass unsere Innenstädte starke Netzwerke von Gewerbetreibenden brauchen. Und wenn das Gespräch über ein Appbook den Kontakt zum Hotel, zum Café, zum Fitness-Studio, zur Yoga-Schule oder zur Arztpraxis um die Ecke zu intensivieren hilft – dann freuen wir uns gleich doppelt!

Noch ist das Angebot an Appbook-Titeln aber noch nicht breit genug, um jedes Interesse zu bedienen …

Gregor Pchalek: Da haben Sie völlig Recht! Unser Shop ist ja erst im April 2021 an den Start gegangen. Aktuell setzen wir gemeinsam mit Verlagen und Autor*innen „Leuchtturmprojekte“ in unterschiedlichen Genres um, und die Zahl der Leuchttürme wächst stetig. Zum Ende des Jahres werden wir schon deutlich mehr Programmsegmente bedienen können. Aber wer als Buchhandlung schon jetzt Interesse an einer Kooperation signalisiert, ist herzlich willkommen, Innolibo-Pilotpartner zu werden.

Über Innolibro

Die INNOLIBRO GmbH wurde 2019 von Bastian Schütz und Gregor Pchalek gegründet und hat sich zum Ziel gesetzt, das digitale Lesen zu revolutionieren und mit APPBOOKs ein neues Medienformat und Literaturerlebnis zu schaffen.

Verlage und Autor*innen bieten ihren Lesenden dank des INNOLIBRO-Publishingsystems die Möglichkeit, digitale Bücher stets aktuell zu halten und sie multimedialer, individueller und interaktiver zu nutzen. Hierbei verfolgt INNOLIBRO einen konsequent nachhaltigen Ansatz und versucht, Leser*innen für die Mehrwerte rund um digitales Lesen zu begeistern, sodass weniger Printpublikationen notwendig werden. Als Start-up konnte INNOLIBRO alleine in 2020 fast EUR 700.000 Investitionen aus Crowdkampagnen, von Business Angels wie auch von einem Leadinvestor einsammeln, wodurch die Plattformentwicklung und der Markteintritt von APPBOOKs in 2021 sichergestellt werden konnten.

Ein Erklärvideo zu den APPBOOKs gibt es hier: Youtube.com

Zum Unternehmen: innolibro.com

Zum Shop mit den ersten APPBOOKs: shop.innolibro.com

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