Barbara Scheuer-Arlt über gestiegene Druckkosten, deren Auswirkung auf die Buchproduktion und die Bedeutung von Nachhaltigkeit bei der Auswahl von Partnern und Materialien „Sowohl aus ökologischen wie aus ökonomischen Gründen werden wir unser Augenmerk noch genauer auf bedarfsgerechte Beschaffung und Produktion richten“

Barbara Scheuer-Arlt: „Sowohl aus ökologischen wie aus ökonomischen Gründen werden wir unser Augenmerk noch genauer auf bedarfsgerechte Beschaffung und Produktion richten“ © Nicolas Olonetzky

„Wenn wir mittel- und langfristig hochwertige, gut gestaltete und gedruckte Bücher haben wollen – und das steht für uns außer Frage – müssen wir weiterhin sehr eng und partnerschaftlich mit unseren Lieferanten und Druckereien zusammenarbeiten“, sagt Barbara Scheuer-Arlt, Gesamtherstellungsleiterin und Umweltbeauftragte der Penguin Random House Verlagsgruppe, mit der wir für unser „Aktuelles Interview“ (ET Juli-BuchMarkt) über gestiegene Druckkosten, deren Auswirkung auf die Buchproduktion und die Bedeutung von Nachhaltigkeit bei der Auswahl von Partnern und Materialien, gesprochen haben:

Wir lesen und hören aktuell überall von steigenden Zellstoff- bzw. Papierpreisen und also erhöhten Druckkosten. Bekommen Sie das bei der Penguin Random House Verlagsgruppe bereits zu spüren?

Barbara Scheuer-Arlt: Generell haben wir diese Entwicklungen natürlich sehr genau auf dem Radar. Auch wir sind von Preiserhöhungen betroffen, die sich übrigens nicht nur auf den Zellstoff, sondern auf alle möglichen in der Produktion notwendigen Stoffe und Zusatzstoffe beziehen. Engpässe gibt es bei der Graupappe für Buchdecken ebenso wie bei Europaletten aus Holz, die nicht mehr verfügbar sind, aber auch bei Klebstoffen, Druckfarben und so weiter. Hauptgrund ist die mehr oder weniger zum Erliegen gekommene globale Logistik, gepaart mit Corona, das in manchen Ländern, aus denen diese Materialien teilweise kommen, massiv zugeschlagen hat. Betroffen ist der gesamte Markt und damit auch die Penguin Random House Verlagsgruppe, obwohl wir fast ausschließlich in Deutschland und in benachbarten Staaten produzieren.

Wie ist ein Unternehmen wie die Penguin Random House Verlagsgruppe diesbezüglich abgesichert?

Mit unseren Hauptlieferanten und wichtigsten Produktionspartnern arbeiten wir seit vielen Jahren sehr eng zusammen. Geschäftsbeziehungen, die auf Langfristigkeit angelegt sind, helfen natürlich in unsicheren Zeiten.

Ich habe gehört, dass solche langfristigen Vereinbarungen teilweise gerade wegen „höherer Gewalt“ aufgekündigt werden. Was tut man dann? Ins billigere Ausland ziehen?

Unser Prinzip, möglichst lokal einzukaufen und zu produzieren, fußt auf strategischen Überlegungen. Wir produzieren fast ausschließlich in Deutschland und den benachbarten EU-Staaten, daran wollen wir nichts ändern. Sowohl aus ökologischen wie aus ökonomischen Gründen werden wir unser Augenmerk noch genauer auf bedarfsgerechte Beschaffung und Produktion richten. Wir wollen noch genauer fragen: Wie viele Exemplare brauchen wir wirklich und mit welcher Ausstattung? Mit dem Digitaldruck haben wir die Möglichkeit, selektiv in hoher Qualität bedarfsgerecht zu produzieren und damit auf lange Sicht Material und gleichzeitig Kosten und Emissionen zu sparen.

Wie „normal“ sind solche Preissteigerungen?

Preissteigerungen gab und gibt es immer wieder. Gerade das Thema Zellstoff holt uns alle paar Jahre wieder ein und beruhigt sich dann wieder. Die Druckpreise waren jetzt mehrere Jahre lang sehr stabil. Wenn wir mittel- und langfristig hochwertige, gut gestaltete und gedruckte Bücher haben wollen – und das steht für uns außer Frage – müssen wir weiterhin sehr eng und partnerschaftlich mit unseren Lieferanten und Druckereien zusammenarbeiten.

Können Sie erklären, warum die Pandemie für solche Preissteigerungen sorgt?

Ganz grundsätzlich kann man sagen, dass die Unsicherheiten und damit die mangelnde Planbarkeit in den unterschiedlichsten Bereichen ein wichtiger Faktor ist, der sich stark auf Preise auswirkt. Immer wieder waren Buchhandlungen ganz oder teilweise geschlossen, häufig mit ganz unterschiedlichen Regelungen in verschiedenen Bundesländern und Regionen. Damit ging ein verändertes Kaufverhalten der Leser*innen einher. Eine realistische Auflagenplanung, kurzfristige Lieferbarkeit und Flexibilität waren da schwer möglich. Dazu kamen dann noch die bereits angesprochenen Lieferengpässe einzelner Materialien und die Schwierigkeiten in der Logistik.

Das Zusammenwirken von sorgfältiger Wahl der Materialien und Produktionsstätten, dem verantwortungsvollen Umgang mit Buchausstattung und bedarfsgerechter Auflagenplanung bleibt der Schlüssel zu ökologischer und ökonomischer Nachhaltigkeit. 

Inwieweit sind „Nachhaltigkeitsfaktoren“ in den letzten Jahren verstärkt in Ihre Kalkulationen eingeflossen?

Nachhaltig und umweltverträglich zu produzieren ist schon lange Teil unserer Unternehmensstrategie und gewinnt weiter an Bedeutung. Wir haben hier klare Ziele formuliert, an denen wir festhalten. Mit der Unterzeichnung der Healthy Printing Charta Ende 2020 haben wir uns dazu klar positioniert. Inzwischen haben wir einen großen Teil unserer Produktion klimaneutral gestellt und setzen das fort. Ganz Bertelsmann will spätestens 2030 klimaneutral arbeiten, dazu tragen wir durch unterschiedliche Maßnahmen unseren Teil bei. Inzwischen kennen wir zu jedem von uns verwendeten Papier aller unserer Druckpartner die genauen Emissions- und Energiewerte. Diese können durchaus ein Kriterium bei der Entscheidung für oder gegen ein Material oder einen Partner sein. Vermeiden – Reduzieren – Kompensieren, das ist unser Prinzip.

Inwiefern ist die Buchproduktion, gerade in Stückzahlen von Penguin Random House-Dimensionen, überhaupt (noch) ökologisch vertretbar?

Jedes einzelne Buch, das wirklich gelesen wird, ist ein nachhaltiges Produkt. Häufig wird es ja auch nicht nur einmal gelesen, sondern geht durch viele Hände. Werden zu viele Exemplare eines Buches produziert und am Ende nicht verkauft, ist das ganz sicher nicht nachhaltig – egal wie und mit welchen Materialien sie hergestellt wurden. Deshalb ist und bleibt das Zusammenwirken von sorgfältiger Wahl der Materialien und Produktionsstätten, dem verantwortungsvollen Umgang mit Buchausstattung und bedarfsgerechter Auflagenplanung der Schlüssel zu ökologischer und ökonomischer Nachhaltigkeit.

Durch Corona hat die Bedeutung von digitalen Alternativen in fast allen Bereichen (vor allem der Kommunikation) noch einmal enorm zugelegt. Ist der Marktanteil von E-Books eigentlich auch entsprechend gestiegen?

Die Umsätze über digitale Vertriebswege sind insgesamt gestiegen. Besonders zugelegt haben hier aber nicht die E-Books, sondern der Online-Vertrieb physischer Bücher. Bei den digitalen Produkten konnte vor allem das Hörbuch von den Rahmenbedingungen profitieren. Wir freuen uns sehr, dass Bücher und das Lesen während der Pandemie an Bedeutung gewonnen haben und insbesondere der stationäre Handel über die eigenen Online-Shops profitieren konnte. Als Verlage werden wir auch in Zukunft eng mit dem stationären Buchhandel zusammenarbeiten. Buchhandlungen sind und bleiben unverzichtbare Orte der Begegnung, der Entdeckung und Inspiration für unsere Leser*innen.

Die Fragen stellte Jörn Meyer

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