Was macht eigentlich ... Vito von Eichborn: „Ich suche Aufträge, ich möchte lektorieren“

„Ich suche Aufträge, ich möchte lektorieren“ – dieses Inserat auf buchmarkt.de war Anlass, bei dem Gründer des Eichborn Verlages nachzufragen: Hat Vito von Eichborn es mit 78 Jahren wirklich noch nötig, Arbeit zu suchen? 
Vito von Eichborn: „Ich habe als Geschäftsführer und bis heute freischaffend alles Mögliche gemacht – aber nun reicht die Rente nicht“

 

Vito, der von Dir 1980 gegründete „Verlag mit der Fliege“ hat auch heute noch Deine DNA im Programm. 

Vito von Eichborn: Die DNA war die Lust am Extrem. Davon ist nicht mehr viel zu spüren.
Und wie fühlt es sich an, wenn Du trotzdem auf „Deinen“ Verlag angesprochen wirst und Du hast seit vielen Jahren ja nichts mehr damit zu tun?
Dazu habe ich längst Abstand, ohne Wehmut.
Du hast den Verlag damals erfolgreich verkauft. Warum ist nicht genug übrig geblieben, um davon sorgenfrei leben zu können? 
Aus privaten Gründen hatte ich Schulden, als ich mit 50 meine Verlagshälfte verkaufte. Darin – und in den Steuern – verschwand der Erlös. Weil mein Partner mich reinlegte, blieb nix übrig. Dann habe ich als Geschäftsführer und bis heute freischaffend alles Mögliche gemacht – aber nun reicht die Rente nicht.
Screenshot der Anzeige von Vito von Eichborn: „Ich braucher schlicht Aufträge – als Gutachter, Lektor, Herausgeber“

Du hast noch deinen Verlag Vitolibro …

… ja, aber das ist ein echter Kleinverlag ohne Kapital, fast nur noch mit Regionalia.
Dass Deine Rente nicht reicht, das dürfte nicht allen in unserer Branche klar sein. 
Es war natürlich Blödheit, ich hab mich halt nie um Geld oder Vorsorge gekümmert.
 
Aber andere haben an Deiner Arbeit verdient.
Zuerst natürlich Walter Moers und Hans Magnus Enzensberger viele Millionen. Weil beide auf ihren Feldern die Größten sind. Im Verlag waren aber alle skeptisch, als ich das durchsetzte: Niemand wollte zum Beispiel Das kleine Arschloch.
Ich erinnere mich, bei Walter Moers gab es massive Widerstände auch aus dem Handel.
Ja, Buchhändler sagten mir: „Das kann ich in meinem Laden nicht zeigen“. Aber  auch kaum einer bei uns im Verlag wollte auch die Die Andere Bibliothek.
Es ging ja um eine erhebliche Investition.
Die war es wert. Für die AB – Bestände, Rechte und Goodwill zahlte ich anderthalb Millionen. Dazu eine Anekdote: „Ich sah in seinen Augen Gier und Geiz“, berichtete Enzensberger vom Gespräch mit Unseld, zusammen mit Greno. Es war ja auch ein heftiges Risiko.
Seither giltst Du als beratungsresistent…
Nein, ich habe keinen Grund zu lamentieren, bin ja schließlich selbst an allem schuld. Ich brauche aber schlicht Aufträge – als Gutachter, Lektor, Herausgeber. Und ich verspreche rundherum gute Arbeit, halt online von Malente aus, ich kann aus privaten Gründen nicht lange verreisen.
Warum bietest Du Dich als freien Außenlektor an? 
Erstens: Weil ich das kann. 
Zweitens: Weil Sprache mein Beruf ist und ich das gerne mache. 
Drittens: Weil ich es gelernt – und Lust drauf – habe, mit Autoren umzugehen. 
Viertens: Weil ich neugierig auf alle erdenklichen Formen und Inhalte bin. 
Fünftens: Weil ich – nach dem morgendlichen Schwimmen im See vor meiner Tür – Zeit habe. 
Sechstens: Weil die Rente dürftig ist. 
Siebtens last but not least: Weil ich überzeugt bin, dass die Verlage für die üblichen Seitenhonorare verdammt gute Arbeit bekommen. 
Die Fragen stellte Christian von Zittwitz
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