Thomas Emig -lassen sich Bücher nur noch im Museum verkaufen?

Freitags um fünf: Was bewegt jetzt die Branche? Michael Lemsters Frage(n) der Woche, heute an Thomas Emig.

Das hatten wir gestern gemeldet: Am 12.5.2011 wird die Buchhandlung Wasmuth ihren dann achten Museumsshop in Berlin eröffnen und damit ihre Strategie des „organischen Wachstums im Bereich der Museumsshops“ fortsetzen [mehr…]. Heute fragen wir deshalb Wasmuth-Prokurist Thomas Emig:

Thomas Emig

Lassen sich Bücher nur noch im Museum verkaufen?

Thomas Emig: Hoffentlich nicht! Für unser Unternehmen stimmt dies sicherlich nicht, auch wenn wir in den Museumsshops einen je nach Thema schwankenden Anteil von Büchern anbieten bzw. verkaufen (zwischen 40 und 70%). Im Filmmuseum ist der Anteil naturgemäss geringer als in der Gemäldegalerie – wir gewichten hier eigentlich nicht selbst, sondern richten uns nach der Kundennachfrage.
Das gilt zum Beispiel auch für unsere Internetplattform wwww. wasmuth-museumsshops.de. Da ist der Buchanteil mit ca. 10% sehr gering, während wir über unsere wissenschaftliche Versandbuchhandlung fast ausschliesslich Literatur in gedruckter Form vertreiben; und der Anteil an E-Content ist hier sogar noch relativ klein.

Wie kam es eigentlich zu Ihrem Konzept?
Thomas Emig: Wir betreiben seit mehr als 15 Jahren Museumsshops in Berlin – beginnend mit dem Pergamon- und dem Ägyptischen Museum – und bewerben uns auf Ausschreibungen in diesem Bereich.Auch werden wir von Museen ganz gezielt angesprochen, die unsere Shops besichtigt haben und von unserem Konzept überzeugt sind. Als Drittes gehen wir auch selbst aktiv auf Museen zu, bei denen wir Potential für einen professional betriebenen Shop sehen und die in unser Portfolio passen könnten.

Sind solche Shops Selbstläufer?
Thomas Emig: Ein Selbstläufer ist ein Museumsshop nicht. Man muss schon Einiges an Knowhow und viel Erfahrung mitbringen, um die schwierige Balance zwischen Anforderungen der Kunden, Wünschen des Museums und wirtschaftlichen Möglichkeiten zu halten.

Worauf muss man sich als Betreiber einlassen?
Thomas Emig: Etwa auf erhebliche Personalkosten durch die langen Öffnungszeiten auch an den Wochenenden. Auch die Pachtvorstellungen der einzelnen Museen sind mitunter beträchtlich. Zudem entstehen meist erhebliche Vorfinanzierungskosten durch einen evtl. erforderlichen Ladenbau sowie den Warenbestand, der bei einem hohen Anteil an Nonbooks und Geschenkartikeln nicht durch ein langes Zahlungsziel gegenfinanziert werden kann.

Sie produzieren Nonbook- und Geschenkartikel auch selbst?
Thomas Emig: Ja, sogar sehr viel, damit wir selbst für das einzelne Museum eine Produktpalette anbieten können, die es eben nur an diesem Standort (und über unseren Internetshop) gibt.

Was ist das dann etwa?
Thomas Emig: Das sind in besonderem Maße Papeterie-Artikel sowie Schmuck und Replika. Aber auch hier hängt sehr viel von der Zusammensetzung der Besucherklientel des jeweiligen Museums ab und ob es eine interessante eigene Sammlung gibt oder im Wesentlichen Sonderausstellungen zu verschiedenen Themen veranstaltet werden. Alles das beeinflusst Shopkonzept und -betrieb in erheblichem Umfang.

Wo liegen die Tücken des Geschäfts? Oder kann das jeder andere Wettbewerber auch?
Thomas Emig: Es gibt durchaus Mitbewerber in diesem Bereich, die sehr erfolgreich Ihre Museumsshops betreiben, denken Sie hier an die Buchhandlung Walther König im Kunstbereich oder an CEDON. Jeder Anbieter hat seine Konzeption, die bei dem einen oder anderen Museum eben überzeugt. Das hängt unter anderem von der angepeilten Besucher- und Käuferklientel in den Museen ab, aber auch von der thematischen Ausrichtung des Museums, vom Pachtangebot oder auch vom Shopkonzept des Betreibers. Zudem brauchen Sie erfahrene MitarbeiterInnen, auf die Sie bei Neueröffnung eines Shops zurückgreifen können – bisher war uns dies immer möglich und hat die vorbereitenden Planungen und Gespräche mit den Museen selbst stark erleichtert.

Sehen Sie noch Expansionsmöglichkeiten?
Thomas Emig: Darüber sprechen wir generell nicht. Aber Sie könnten sich die Frage selber beantworten: In jedem Fall muss sich ein Museumsshop für das Museum und auch für uns rechnen. Einen Shop zu betreiben, nur um Geld zu wechseln oder um Standortsicherung zu betreiben, kann sich heute kein Anbieter in diesem Marktsegment leisten. Wir verfolgen eine Strategie des gesunden Wachstums und entwickeln auch spezielle Dienstleistungen im Museumsbereich. So haben wir schon Museen bei der Konzeption eines eigenen Museumsshops und des zugehörigen Sortiments unterstützt oder beraten Buchhandlungen, die ein Nonbooksortiment aufbauen wollen und die uns um Support gebeten haben.
Der Standort Berlin bietet sicher vielseitige Möglichkeiten für wirtschaftliche Aktivitäten im Museumsumfeld, aber natürlich werden wir auch von Museen aus anderen Städten angesprochen, ob wir nicht Interesse am Betrieb eines solchen Shops haben. Dies wird von Fall zu Fall entschieden und hängt in erster Hinsicht von einer Wirtschaftlichkeitsberechnung ab.

Michael Lemster, als langjähriger Programmleiter von buecher.de ein „Urgestein“ des elektronischen Buchhandels, berät Verlage, Buchhändler, Dienstleister und E-Commerce-Unternehmen bei Geschäftsentwicklung, Programm und Datenprozessen. Katalogdaten sind sein Spezialgebiet. Daneben veröffentlicht er Reportagen und Interviews.

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