Eine poetische Poetry-Slam-Hymne an den Trecker Möööp, möööp! Wrummm – Das schelmische Kinderbuch für alle „Dieselrossreiter und Hinterachsenkuschler“

Immer freitags hier ein Autorengespräch: Heute mit Finn-Ole Heinrich und Dita Zipfel zu ihrem Kinderbuch „Trecker kommt mit!“ (mairisch) 

Finn-Ole Heinrich, 1982 bei Hamburg geboren, studierte Film und bildende Kunst in Hannover. Er lebt und arbeitet seit 2009 als freier Autor in Hamburg und regelmäßig auch im Zug. Nach seinen erfolgreichen Titeln Frerk, du Zwerg und der Trilogie Die erstaunlichen Abenteuer der Maulina Schmitt hat er jetzt erstmals zusammen mit Dita Zipfel ein Kinderbuch herausgebracht, das kleine und großer Trecker-Fans begeistern dürfte: wie immer anarchisch, wild, unerschrocken und mutig.

Trecker kommt mit! titelt sein Kinderbuch bei mairisch und auch als erwachsener Stadtbewohner fragt man sich plötzlich, wie man eigentlich bisher ohne Trecker ausgekommen ist.  Für die Geschichte hat die Leipziger Illustratorin Halina Kirschner mit ihrer Siebdruckoptik und ihren leuchtenden Farben starke Bilder gefunden. Doch wie ist es dazu gekommen mit der Partnerin ein Buch zu schreiben, wo stecken hier die Herausforderungen und wie – um Himmels willen –  kommt man auf sowas?

Wir haben nachgefragt:

BuchMarkt: Worum geht es in Ihrem Buch?

Finn-Ole Heinrich und Dita Zipfel

 

Dita Zipfel: Ich habe nach jahrelanger Recherchearbeit mit Finns Hilfe meine Biographie geschrieben. Bevor ich von meinen Adoptiveltern im Knick (Begrenzung zwischen zwei Feldern, Anmerk. d. Red.) gefunden wurde, wurde ich von Rollbert, einem gutmütigen Fendt aufgezogen. Ich habe lange gebraucht, um mit dieser Geschichte an die Öffentlichkeit zu gehen, aber ich glaube, es ist ein wichtiger Schritt, damit andere, die mein Schicksal teilen, sich auch trauen und die Gesellschaft sich endlich für diejenigen öffnet, die bei landwirtschaftlichen Geräten aufgewachsen sind.

Finn-Ole Heinrich: Sorry, aber wir müssen hier auch ein bisschen aufs Marketing achten. Also, es geht schon auch um Diesel. Und Öl. Tut mir leid, dass ich da jetzt so reingrätsche, aber Diesel sells einfach.

Wie ist die Idee dazu entstanden?

Dita: Ich verarbeite in meiner Biographie vor allem das Trauma der Trennung. Mehr kann und will ich dazu nicht sagen. Finn? Kannst du bitte.

Finn: Dita hat ihre Traumata vor mir lange Zeit versteckt gehalten, ein schambesetztes Thema. Ich hatte schon lange so eine vage Ahnung, weil ich sie auf Tankstellen öfter am Dieselzapfhahn habe schnuppern sehen, weil sie in unser Bett – angeblich aus ergonomischen Gründen – einen alten Treckerreifen als Nackenstütze platziert hat und noch heute im Traum ausladende Lenkbewegungen macht und Motorengeräusche imitiert –

Dita: …Ich unterhalte mich!

Finn: Ja, aber für Außenstehende… Wie auch immer, als ich für unseren Garten einen Sitzrasenmäher gekauft habe, ist die alte Wunde aufgebrochen. Dita hatte sich hinter meinem Rücken schon eine ganze Weile mit alleinstehenden Treckern getroffen, hatte diese Pin-Up-Treckerkalender in ihrem Schlafzimmer aufgehängt und eines Morgens komme ich aus der Haustür und erwische sie dabei, wie sie meinem Sitzrasenmäher 15Zoll-Reifen aufzieht. Als ich sie fragte, was eigentlich mit ihr los sei, brach sie in Tränen aus. Sie hat Öl und Diesel geheult. Dann – und das war ein wirklich intensiver Moment in unserer Beziehung – hat sie mir die ganze Geschichte erzählt. Ich habe sofort gespürt, dass wir ein psychologisch-biographisches Bilderbuch zum Thema schreiben müssen. Auf diese Gelegenheit hatte ich seit meiner Ausbildung zum Bilderbuchautor an der VHS Wanne-Eickel gewartet. Mit dieser Geschichte, diesem Projekt wollten wir uns und unsere Beziehung heilen – und natürlich die Gesellschaft! Wir haben sie von einem ihrer letzten Tabus befreit.

Welche Leserschaft möchten Sie ansprechen?

Dita: Dieses Buch ist für alle, die das Gefühl kennen, zwischen Heck- und Frontantrieb festzustecken. Es ist für alle Treckerlover, Schlepperdigger, Zugmaschinenhuldiger, Dieselrossreiter, Hinterachsenkuschler. Und es ist für alle, die sich nicht mehr wegen ihrer Herkunft verstecken wollen.

Finn: Therapeuten, Psychologen, Hobbyschrauber und Objektophilisten.

Mit welchem Argument kann der Buchhändler das Buch am besten verkaufen?

Dita: Möööp, möööp! Wrummm-

Durch Klick aufs Foto geht’s zum Buch

Finn: Äh, ja. Und vielleicht ergänzend: Es handelt sich um eine sehr gut recherchierte, psychologisch feinsinnige, bewegende Lebensgeschichte eines von der modernen Gesellschaft vernachlässigten Schutzbedürftigen. Ein moderner Kaspar Hauser. Eine Tragödie mit existenzieller Wucht, die von der unwahrscheinlichen Liebe zwischen einem Menschen und einem wilden Trecker mit großem Herzen erzählt.

Wie lief die Zusammenarbeit mit den beiden weiblichen Autorinnen?

Dita: Rollbert war es wichtig, dass ein vertrauensvolles Verhältnis zu Halina bestand. Erst dann konnte er sich ganz entspannt und natürlich vor ihrer Kamera bewegen. Er kennt es nicht, im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen und ist ein eher schüchterner Einachser.

Finn: Für uns alle war es wichtig, ein Geschlechtergleichgewicht zu schaffen. Dita und Halina auf der einen Seite, Rollbert und ich auf der anderen. Wir wollten unbedingt ein Buch machen, das auch Männer anspricht. Trecker sind, klar, ein Frauenthema, wie man an den vielen Frauenzeitschriften sehen kann: Brigitte-Wheels, Instyle-Schlepper, Traktopolitan und Landmaschinenlust. Aber nein, Trecker, das ist auch ein Emanzipationsthema. Wir Männer müssen raus aus der Treckerphobiefalle. Aber zurück zur Frage, konkret war die Arbeitsteilung so: Dita wurde in Treckertrance versetzt, hat halbhalluzinierend aus ihrer Kindheit berichtet, Rollbert hat das Erzählte in modernen Tanzposen performt, Halina hat Fotos gemacht und ich habe alle mit Keksen und Öl versorgt. Am Ende haben wir aus Bindfäden Worte gelegt. Der mairisch Verlag hat dann am Ende einen zu vernachlässigenden Text geschrieben und Halinas Fotos (für meine Begriffe zu stark) in Photoshop bearbeitet.

Worauf muss man achten, wenn man ein Projekt gemeinsam angeht?

Finn: Dass man nicht alleine ist.

Was lesen Sie persönlich gerne/aktuell?

Dita: Den Katalog von Treckerteile-Meier. Demnächst steht die Rente an bei meinem Ziehtrecker, da möchte ich nicht unvorbereitet sein.

Finn: The Trecker-Files. Das hat mit dem Thema jetzt nichts zu tun. Ich brauchte nach der langen Arbeit an diesem bewegenden Buch einfach mal was anderes. Ist ein recht raffinierter Pageturner von dem amerikanisch-ugandischen Autoren T. Raktor. Eine Art Film-Noir-Whodunnit im Milieu der nordskandinavischen Landmaschinenmafia

 

 

 

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