Nach mehreren Romanen und Drehbüchern hat die schwedische Autorin Louise Boije af Gennäs mit der Widerstandstrilogie ihr „bislang größtes Projekt“ geschaffen: eine gesellschaftskritische Verschwörungstrilogie, die „in Erinnerung bleiben soll.“ Der erste Band Blutblume erscheint jetzt im Europa Verlag. Anlass für Fragen an die Autorin:
BuchMarkt: Wie sind Sie auf die Idee zur Widerstandstrilogie gekommen?
Louise Boije af Gennäs: Ich habe mich schon immer für Politik interessiert. Wir lebe heute in einer Zeit, in der es zunehmend wichtiger wird, über das, was vorgeht, informiert zu sein, damit wir unseren staatsbürgerlichen Einfluss nicht verlieren. Wenn man sich Trump anschaut, den Brexit oder die wachsende Neonazi-Bewegung in Europa, versteht man, warum es so wichtig ist, die moderne Geschichte des eigenen Landes zu kennen. Wie überall auf der Welt haben auch wir Schweden eine Reihe von unerfreulichen Ereignissen unter den Teppich gekehrt, anstatt ihnen ins Auge zu blicken. Das führt dazu, dass die Menschen den Glauben an die Demokratie verlieren. Ich wollte daher einen Thriller schreiben, der nicht nur spannend und unterhaltsam ist, sondern sich zugleich mit den unterschwelligen Problemen unserer Gesellschaft befasst.
Wie würden Sie die Widerstandstrilogie beschreiben?
Sie handelt von der 25-jährigen Sara, die nach dem Tod ihres Vaters vom Sommerhaus der Familie in Örebro nach Stockholm zieht. Der Leser weiß von Anfang an, dass ihr Vater zu Tode gefoltert worden ist, und Sara wird bald in ein Netz aus unerklärlichen Ereignissen verstrickt. Sie fängt an, sich für verrückt zu halten — wie sonst lassen sich die merkwürdigen Dinge um sie herum erklären? Oder ist hier vielleicht doch etwas Böses im Gange?
Wie war der Schreibprozess für Sie?
Das Schreiben macht mir immer viel Freude. Ich tauche gern in meine eigene Welt ein, lerne dort die Figuren kennen und verbringe Zeit mit ihnen. Diesmal war es so aufregend und beängstigend zugleich, dass mir manchmal sogar übel wurde. Ich habe eine sehr lebhafte Fantasie und kann Horrorfilme nicht ertragen. Aber genau deshalb weiß ich auch, welche Knöpfe ich bei meinen Lesern drücken muss. Leider bedeutet das manchmal auch, dass ich nach dem Schreiben nicht einschlafen kann …
Wie viel Wahres, vielleicht sogar Biografisches, steckt in dieser Trilogie?
Sich als kleines Rädchen in einem übermächtigen System zu fühlen ist etwas, das die meisten von uns schon einmal erlebt haben. Seit meiner Kindheit hatte ich immer das Bedürfnis, mich zu wehren und entschieden gegen Dinge anzukämpfen, die ich für falsch halte. Aber so eine Menge an unangenehmen Erfahrungen, wie meine Hauptfigur sie machen muss, habe ich selbst natürlich nicht erlebt.
Ich schätze das Konzept des „zivilen Widerstands“ — es zu wagen, sich gegen offensichtliches Unrecht zu wehren. Darum heißt die Trilogie auch so, wie sie heißt. Ich hoffe, sie wird den Leser dazu inspirieren, Stellung zu beziehen und keine Angst davor zu haben, die Mängel unseres etablierten Systems — welche auch immer es sein mögen — zu entlarven und aufzuzeigen.
Welche Leser werden die Widerstandstrilogie Ihrer Meinung nach lesen?
Alle, die gerne die Entwicklung, die Reise, einer ganz normalen Protagonistin verfolgen wollen; aus der verschlafenen Kleinstadt in die Großstadt, von der absoluten Ratlosigkeit zu der Erkenntnis, im Zentrum einer großen Verschwörung zu stehen, von Angst und Unsicherheit zu wachsendem Selbstbewusstsein und dem Mut, auch persönlich Stellung zu beziehen.
Mit welchem Argument kann der Buchhändler vor seinen Kunden punkten?
Wer einen besonderen Thriller sucht, den man einfach nicht mehr aus der Hand legen kann, für den ist die Widerstandstrilogie genau das Richtige. Alle, die die Filme von Alfred Hitchcock lieben – die Geschichte eines einfachen Menschen im Kampf gegen die Großen und Mächtigen – oder Bücher voller Spannung und Tragik, aber auch Freude, Freundschaft, Liebe und Sex, sollten die Trilogie lesen. Sie werden lachen und weinen, sich gruseln und zu Tode erschrecken – und sie werden definitiv weniger Schlaf abbekommen, da sie einfach wissen MÜSSEN, was als nächstes passiert. Sicherlich wird sie die Trilogie über den Zustand unserer Gesellschaft grübeln lassen, aber sie wird sie vielleicht auch dazu bringen, aufzustehen und etwas zu unternehmen. So mancher moderne Thriller ist wie der Genuss eines Hamburgers – leicht zu kauen und zu schlucken, aber am Ende doch wenig befriedigend. Diese Trilogie ist wie ein Drei-Gänge-Menü: Sie werden satt und zufrieden sein – und eine ganze Weile brauchen, um die Geschichte zu verdauen.
Welche drei Wörter beschreiben die Trilogie optimal?
Aufregend – originell – gut geschrieben.
Und privat, was lesen Sie da gerne?
Ich liebe vor allem zwei Genres: die großen Klassiker wie Tolstoys Anna Karenina, Evelyn Waughs Wiedersehen mit Brideshead oder die Bücher von Jane Austen. Viele dieser großen Werke habe ich über zwanzigmal gelesen – es macht Spaß und ist vertraut wie bei einem Treffen mit alten Freunden, die man nach langer Zeit mal wiedersieht. Aber natürlich mag ich auch aktuelle Romane und Thriller: Für mich sind sie eine willkommene Abwechslung. Zwar hinterlassen nur die wenigsten einen bleibenden Eindruck, aber es ist schön, ihnen begegnet zu sein. Hin und wieder stolpere ich dann aber doch über eine besondere Perle, die zu einem lebenslangen Begleiter wird, zum Beispiel Im Boot von Nam Le – das Buch ist großartig.