Danach fragen Kunden Umgeblättert heute: „Ein neuer Archetyp des Abenteurers“

Jeden Morgen blättern wir für Sie durch die Feuilletons der führenden Tageszeitungen – damit Sie schnell einen Überblick haben, wenn Kunden ein bestimmtes Buch suchen oder Sie nach einer Idee für einen aktuellen Büchertisch:

  • „Eine Rüstung für die Konkubine“: Vom Austausch zur Kontrolle: Thomas Höllmann zeigt, dass die alte Seidenstraße mit ihrer Beschwörung im heutigen China nicht viel zu tun hat. „Höllmann richtet den Blick auf diesen Knotenpunkt und damit auf einen Höhepunkt der chinesischen Geschichte. Nicht historisch, sondern nach Sachgebieten geordnet, liest sich das Buch fast wie eine Enzyklopädie der Seidenstraße. Sachkundig und detailreich beschreibt Höllmann die Routen und Regionen, Menschen und Tiere, die Religionen und Waren, Sprachen und Gebräuche der Seidenstraße.“
    Thomas O. Höllmann, China und die Seidenstraße. Kultur und Geschichte von der frühen Kaiserzeit bis zur Gegenwart. Historische Bibliothek der Gerda Henkel Stiftung; C. H. Beck Verlag
  • „Verliebt in die kleine Kanone“: Unerwünschte Aktualität aus einer Zeit von vor mehr als achtzig Jahren. So bereitete sich der junge Kanonier Max Frisch auf einen Krieg vor. „650 Diensttage hat Max Frisch in Uniform zugebracht und keine einzige Klage aufkommen lassen. ‚Wir sind eine Insel, und man sagt, Europa braucht eine Insel‘ – es ist die Schweizer Bestimmung, an die auch der junge Frisch glauben möchte. Für sein frühes Werk fand er dann mit Atlantis einen verständnisvollen Verlag. Jetzt hat dort Tobias Amslinger, der Leiter des Max-Frisch-Archivs in Zürich, die schon einmal, 1990 bei Suhrkamp, veröffentlichten Blätter aus dem Brotsack neu gesammelt und mit einem lesenswerten Nachwort ergänzt: Sie stehen am ‚Anfang von Max Frischs Weg zum Weltautor‘, so Amslinger.“
    Max Frisch, Blätter aus dem Brotsack (Nachwort von Tobias Amslinger; Atlantis Verlag)
  • „In einem Niemandsland zu unserer Zeit“: Ádám Bodor erzählt in seiem Roman Die Vögel von Verhovina von einer ländlichen Besserungsanstalt. „Was sich hier im namenlosen und stummen Wald abspielt – denn alle Vögel sind längst ausgeflogen –, ist ein bizarres Treffen von verstockten, durchtriebenen, besoffenen, stummen, tauben, widerborstigen jungen Leuten, die alle unter dem Befehl des Brigadiers stehen.“
    Ádám Bodor, Die Vögel von Verhovina. Variationen über letzte Tage (aus dem Ungarischen von Timea Tankó, Nachwort von János Szegö; Secession Verlag)
  • „Die Uhren gaben nicht den Ausschlag“: Christian Kiening spürt literarischen Zeiterfahrungen im Übergang vom Spätmittelalter zur Frühen Neuzeit nach. „Christian Kiening, Ordinarius für Ältere Deutsche Literatur an der Universität Zürich, geht es nicht darum, darzustellen, wie es im siebzehnten Jahrhundert zu einer Vorstellung absoluter Zeit, der Zeit der Physik, gekommen ist. Es geht ihm auch nicht darum, den Technologien und der Praxis der Zeitmessung zwischen 1300 und 1600 im Einzelnen nachzugehen. Vielmehr handelt der Text von der Selbstverständigung über das Phänomen Zeit, von der vielschichtigen Erfahrung der Zeit, wie sie den handschriftlichen und gedruckten literarischen Texten jener Epoche zu entnehmen ist.“
    Christian Kiening, Erfahrung der Zeit. 1350 –1600 (Wallstein Verlag)

  • „Kristalline Klarheit“: Geradlinig, komplex und auf ganz eigene Art intim: Nicole Krauss’ brillanter Erzählungsband Ein Mann sein. „Bei aller Geradlinigkeit sind die Geschichten komplex und auf ganz eigene Art intim. Die enge Bindung zwischen Personen ist häufig das Schwungrad der Handlung. Und diese Bindungen entstehen wie aus dem Nichts oder ergeben sich aus beinahe absurden Konstellationen.“

    Nicole Krauss, Ein Mann sein. Storys (aus dem Englischen von Grete Osterwald; Rowohlt Verlag)

  • „Verführer und Verführter“: Starzeichner Bastien Vivès macht in Schwarzer Ozean aus dem Comic-Piraten Corto Maltese ein Kind des 21. Jahrhunderts. „Das ist ein neuer Archetyp des Abenteurers, geboren aus Gegenkultur und Revolte, sagt Benoît Mouchart, Graphic-Novel-Chef beim französischen Verlag Casterman, wo Corto Maltese im Original erscheint, im Nachwort zu dem Band – das erste Abenteuer von Hugo Pratt wurde 1967 veröffentlicht.“

    Martin Quenehen, Bastien Vivès; Corto Maltese. Schwarzer Ozean (aus dem Französischen von Resel Rebiersch; Schreiber & Leser)

 

  • „‚Man könnte meinen, Diversity war ein kurzlebiger Trend'“: Die Schriftstellerin Sharon Dodua Otoo über ihr Schwarzes Literaturfestival „Resonanzen“ bei den Ruhrfestpielen in Recklinghausen. „Schwarze deutschsprachige Belletristik hat eine lange Tradition in Deutschland. Doch hat der etablierte Literaturbetrieb davon bisher wenig Kenntnis genommen. Die Schriftstellerin Sharon Dodua Otoo möchte das ändern und hat während der Ruhrfestspiele Recklinghausen das Literaturfestival ‚Resonanzen‘ kuratiert. Ein Gespräch über ein Um-, Neu- und Weiterdenken von Perspektiven.“
  • „Die Erde war nie für den Menschen gemacht“: Unbedingt lesenswert: In seinem aktuellen Buch entwirft der indische Historiker Dipesh Chakrabarty ein neues Menschen- und Weltbild. „Der von Christine Pries elegant ins Deutsche übersetzte Suhrkamp-Band versammelt Zeitschriftenaufsätze von 2009 bis 2019, eingerahmt durch einen persönlich gehaltenen Rückblick auf das Vordringen des ‚planetarischen‘ Ansatzes und ein Gespräch mit dem kongenialen französischen Wissenschaftssoziologen Bruno Latour aus dem Jahr 2020. Redundanzen sind da nicht zu vermeiden, doch sind die Etappen und Windungen von Chakrabartys intellektueller Konversion gut nachvollziehbar.“
    Dipesh Chakrabarty, Das Klima der Geschichte im planetarischen Zeitalter (Suhrkamp)
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