Clarissa Corrêa da Silva über ihr Buch "Mein wunderbares Ich" (cbj) „Die Reise mit unserem ‚Ich‘ ist eine, die wir unser Leben lang machen“

Clarissa (Clari) Corrêa da Silva moderiert seit 2016 Formate wie Wissen macht Ah und Die Sendung mit der Maus, in denen sie die brennendsten Fragen rund um die Welt beantwortet. In Mein wunderbares Ich , das am 15. März 2023 im cbj Verlag erscheint, begibt sich Clari auf die Suche nach all dem, was unser „Ich“ formt. Anlass für Fragen:

Clarissa Corrêa da Silva: „Ein Kindersachbuch zu einem sehr komplexen Thema ist vor allem gut, um das sehr komplexe Thema in seine Einzelteile runter zu brechen und sich auf Kernerkenntnisse und elementare Gedanken und Ansätze zu fokussieren“

Epigenetik für Kinder – ist das nicht ein Widerspruch in sich? Das Forschungsfeld stellt selbst die Wissenschaft vor echte Herausforderungen …

Clarissa Corrêa da Silva: Klar ist das Forschungsfeld der Epigenetik hoch komplex und daher auch sehr herausfordernd. Viele Dinge und Aspekte sind auch noch unerforscht und die Erkenntnisse sind jung und in Entwicklung. Doch ein Widerspruch ergibt sich deshalb für mich zwischen Epigenetik und der jungen Zielgruppe ganz und gar nicht. Eher im Gegenteil. Genau das sehe ich als Chance: Je früher wir wissen, dass es diesen gestaltbaren Bereich unseres „Ichs“ in uns gibt, desto besser können wir ihn selbst formen, oder nicht? Als junger Mensch entwickeln und entdecken wir unsere Identität noch am stärksten und lernen uns selbst am intensivsten kennen. Klarer Höhepunkt dafür ist die Pubertät. Danach ist schon vieles in uns gefestigt und schwerer zu verändern. Je früher wir also wissen, dass es Epigenetik gibt, desto besser können wir sie für uns nutzen.

Sie selbst haben eine sehr internationale Familie. Hat das Ihre Themenwahl beeinflusst?

Absolut! „Wer bin ich eigentlich und warum bin ich so wie ich bin?“ und auch „Was steckt eigentlich alles in mir drin?“ sind Fragen, die ich mir schon mein ganzes Leben lang stelle. Meine Familie ist sehr divers und bunt. Über drei Kontinente verteilt, mit unterschiedlichen Kulturen, Religionen und Sprachen. Noch dazu kommen bedeutende Einflüsse auf mein „Ich“ von mir wichtigen Menschen, mit denen ich keine DNA teile. Dennoch machen sie einen großen Teil der Person aus, die ich heute bin.

Wenn Sie die wichtigsten Erkenntnisse, die in Ihrem Buch verhandelt werden, in wenigen kurzen Sätzen erklären müssten …

Mein wunderbares Ich hilft bei der Suche nach all dem, was unser „Ich“ formt. Die Reise mit unserem „Ich“ ist eine, die wir unser Leben lang machen. Das Buch zeigt, dass wir viel mehr Einfluss auf unseren genetischen Bauplan haben, als man bisher dachte. Es beleuchtet, wie Gene und äußere Einflüsse zusammenspielen und am Ende unsere Identität formen. Die Epigenetik zeigt, dass es viele verschiedene Einflüsse gibt, die uns prägen und die sich sogar direkt auf unser Erbgut auswirken können. Je besser wir all diese Zusammenhänge verstehen, umso mehr können wir viele davon ganz bewusst steuern und so eigenverantwortlich unsere Identität gestalten.

Und wenn Sie jetzt in den Spiegel schauen, hat sich durch die Beschäftigung mit diesem Thema etwas für Sie verändert?

Ja, ich habe beschlossen, meine ganz eigenen Superkräfte zu entwickeln. Indem ich neue Dinge entdecke, durch die ich mich eventuell komplett von meiner Heimatfamilie unterscheide. So kann ich meinem „Ich“ eine extra Prise von mir geben und, wer weiß, das zukünftig meinen Kindern oder Enkelkindern weitergeben. Das wäre doch eine nette Vorstellung.

Wissenschaft zeichnet sich ja auch dadurch aus, dass sie ständig widerlegt wird. Gibt es Erkenntnisse, die auf jeden Fall ihre Gültigkeit behalten werden?

Egal, wie sich Erkenntnisse in der Forschung weiterentwickeln, bringt jede Phase ja neue Blickwinkel mit sich. Die Genetik und auch Epigenetik zeigt auf jeden Fall ein für allemal, dass jede und jeder von uns ein Mix aus vielen unterschiedlichen Einflüssen ist. Sowohl unserer Biologie als auch unserer Umwelt. Im Grunde sind wir alle so einzigartig, dass uns das wieder vereint. Denn wenn wir alle aus so vielen verschiedenen Einflüssen bestehen, gibt es eigentlich kaum noch etwas, was uns fremd erscheinen muss. Diese Sicht ist meines Erachtens auf jeden Fall etwas, was bleiben sollte.

Ist das der Grund, weshalb Sie sich entschlossen haben, ein Kinderbuch daraus zu machen?

Auch. Ein Kindersachbuch zu einem sehr komplexen Thema ist vor allem gut, um das sehr komplexe Thema in seine Einzelteile runter zu brechen und sich auf Kernerkenntnisse und elementare Gedanken und Ansätze zu fokussieren. Ehrlicherweise finde ich, ist das etwas, was bei vielen Themen nicht nur für Kinder sinnvoll ist, sondern eigentlich für jeden Menschen – egal wie jung oder alt.

Was kann die Beschäftigung mit dem Thema jungen Menschen bringen – vom reinen Wissen abgesehen?

Gerade als junge Menschen sind wir besonders stark auf der Suche nach uns selbst. „Wer bin ich?“, „Wer kann ich sein?“ und „Wer will ich eigentlich sein?“ sind Fragen, die uns vor allem als junge Menschen durchweg beschäftigen. Deswegen können die Gedankenanstöße zur Epigenetik und die Möglichkeiten zur Gestaltung unserer Identität besonders jungen Menschen dabei helfen, diese bestmöglich für sich zu nutzen.

Dann können wir also auch selbst Einfluss auf unsere Epigenetik nehmen?

Absolut. Jeden Tag. Immer wieder, so viel wir wollen, oder auch nicht wollen. Das liegt ganz an unserem eigenen wunderbaren „Ich“.

 

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